1386 - Die Gefangenen des Schwarzen Tods
anhob.
»Gregor Ills hat von einem Hinweis gesprochen«, sagte Suko.
»Man hat früher mal einen alten Wegweiser aufgestellt. Der müsste eigentlich gleich erscheinen.«
»Rechts oder links?«
»Keine Ahnung.«
»Okay, ich halte die Augen offen.«
Lange musste ich das nicht, denn an der linken Seite erschien der Wegweiser. Kein Pfahl mit einem Pfeil daran, sondern ein großer Felsklotz, auf dem eine helle Schrift aufleuchtete, als sie vom Licht der Scheinwerfer getroffen wurde.
Auch Suko hatte den Felsen gesehen. Der Pfeil unter der Schrift wies nach links, was bedeutete, dass wir mitten in das Gelände hineinfahren mussten, in dem es keinen Weg oder Pfad gab. Jetzt konnten wir uns dazu gratulieren, einen Geländewagen zu haben, denn der schluckte auch zahlreiche Unebenheiten.
Suko hatte die Kurve scharf nach links gezogen, und das weißbläuliche Fernlicht strahlte hinein in die Leere, die plötzlich nicht mehr so leer war, denn wir entdeckten die Steine, die sich vom Untergrund her in die Höhe stemmten und in dieser flachen Gegend fremd wirkten.
Man konnte beim ersten Hinschauen den Eindruck haben, als wären es die Reste einer großen Festung.
Würden wir hier den Weg in das neue Atlantis finden? Und würden wir dort auf den Schwarzen Tod treffen?
Ich hatte das Gefühl, als stünde eine große Entscheidungsschlacht bevor…
***
Saladin und Sir James Powell standen sich gegenüber. Zwischen ihnen herrschte für die Dauer einiger Sekunden Schweigen. Aber der Hypnotiseur reagierte trotzdem, denn in seinen Augen funkelte plötzlich die Freude.
»Sie sind es, nicht?«
»Ja.«
Sir James trat einen kleinen Schritt nach hinten, um Saladin besser betrachten zu können. Er hatte verdammt viel über ihn gehört. Er hatte ihn nie gesehen, doch das Gehörte reichte aus, um einen Schauer zu bekommen. Er wusste, wie menschenfeindlich dieser Kerl war. Er kannte keine Rücksicht, und so war der Hypnotiseur der perfekte Partner für eine Gestalt wie den Schwarzen Tod.
Dieser Mensch besaß Macht. Und zwar eine besondere Macht.
Macht über andere Menschen. Er war in der Lage, sie innerhalb eines Herzschlages zu hypnotisieren, und schon steckten sie in der Psycho-Klemme.
Und er steckte mit dem Schwarzen Tod unter einer Decke. Aber er hatte sich bisher zurückgehalten, was Sir James anging, und sich nur mit denen beschäftigt, die an der ›Front‹ standen. Das schien jetzt vorbei zu sein. Plötzlich spielte auch Sir James eine wichtige Rolle in den Plänen des Hypnotiseurs, denn dass Saladin nicht grundlos auf ihn gewartet hatte, lag auf der Hand. Sir James stellte sich darauf ein, dass auch er ein Opfer der hypnotischen Kraft dieser Gestalt wurde.
»Was wollen Sie?«, fragte er.
»Sie, Sir James.«
»Aha. Und weiter?«
»Ich werde Sie mitnehmen.«
»Wohin?«
»Das werden Sie später erfahren, wenn wir an unserem Ziel angelangt sind. Aber keine Sorge, Sie werden sicherlich auch Bekannte finden und froh darüber sein.«
Sir James fragte nicht nach den Namen der Bekannten. Er sagte nur: »Und was ist, wenn ich nicht will?«
»Keine Chance. Sie werden mit mir kommen.«
»Ich halte dagegen. Und jetzt lassen Sie mich vorbei. Ich habe noch zu tun.«
Sir James hatte es bewusst auf die Spitze getrieben. Er trat zurück, um danach einen Schritt zur Seite zu gehen, denn er wollte die Straße überqueren und zur anderen Seite gelangen.
Saladin war schneller. Seine Hand schnellte vor. Die Finger verkrallten sich in das linke Revers des Mantels, und mit einem heftigen Ruck wurde Sir James auf Saladin zugezogen.
»So nicht, Bulle!«
Der Superintendent atmete heftig. Er versteifte sich. Er drückte seinen Kopf zurück, weil er dem Blick des Hypnotiseurs ausweichen wollte.
Doch Saladin kannte kein Pardon. Eine Hand hatte er noch frei, und mit deren Fingern klaubte er Sir James die Brille mit den dicken Gläsern vom Gesicht weg.
Ohne Brille war Sir James so gut wie blind.
Er hörte das ekelhafte Lachen. Der Triumph wurde von Saladin ausgekostet.
»Da ist er nun, der große Sir James. Der Mann, der wie eine Spinne im Netz sitzt und seine Leute vorschickt. Aber aus der Spinne ist eine Mücke geworden, und zwar eine, die nicht mal stechen kann. Ein lächerliches winziges Insekt.«
»Hören Sie auf, verdammt!«
»Nein, Sir James, nein, ich werde nicht aufhören. Ich fange jetzt erst an.«
Der Griff war zu fest. Sir James würde ihn nicht lösen können, und da ihm die Sicht genommen war, kam er sich vor wie ein
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