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1388 - Kurier nach Tarkan

Titel: 1388 - Kurier nach Tarkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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war wahrscheinlich der, daß er vorn Singen absolut keine Ahnung hatte. Er traf von zehn Tönen nicht mehr als einen richtig. Wahrscheinlich befürchtete er, ausgelacht zu werden, wenn er seine Sangeskunst in Hörweite anderer praktizierte.
    Eine Tür aus Metallplastik stand halb offen. Eirene spähte am Türrahmen vorbei und blickte in einen kleinen, notdürftig beleuchteten Raum, in dem erschreckende Unordnung herrschte. Auf einem schweren, hölzernen Tisch lagen mikrotechnische Bauteile wahllos verstreut. Über dem Tisch hing, weit herabgezogen, eine altmodische Glühlampe. Der Sänger befand sich auf der anderen Seite des Tisches.
    Eirene sah nur einen kopflosen Oberkörper. Der Kopf des Mannes befand sich im Schatten oberhalb des Lampenschirms. „Komm nur rein, Eirene", sagte der Fremde, seinen Gesang unterbrechend. Eirene fuhr zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden. Woher kannte der Mann ihren Namen? Hatte er sie kommen Hören? Sie schob die Tür vollends auf und trat ein. „Hier geht's ein wenig altmodisch zu", ertönte es von oberhalb der Lampe. „Alles Handarbeit wie zu Urahns Zeiten. Aber so weiß man wenigstens, was man hat. Für jedes Modul, das hier zusammengebaut wurde, lege ich jederzeit meine Hand ins Feuer."
    Das wird ein schönes Feuer geben, dachte Eirene unwillkürlich; denn eine der Hände des Unbekannten erschien soeben im Lichtkreis der Lampe. Sie war fast so groß wie eine von Obeahs Gartenschaufeln. „Manchmal muß man zu altmodischen Methoden greifen", fuhr der Mann fort. „Im allgemeinen dann, wenn es gefährlich zugeht. Beherrschst du noch die Kunst des Betens und der Anrufung, Eirene?"
    Dem Mädchen wurde ganz merkwürdig zumute. Wer war das dort hinter dem Tisch? Warum stellte er so eigenartige Fragen? „Ich ... ich weiß nicht, wovon du sprichst", antwortete Eirene stockend. „Wer bist du überhaupt?"
    „Oh, habe ich dich erschreckt?" kam es aus der Dunkelheit. „Das wollte ich nicht."
    Es gab ein schepperndes Geräusch, und die Lampe geriet in pendelnde Bewegung, als der Mann mit dem Kopf gegen den Lampenschirm stieß. Die Lampe schwebte in die Höhe, und endlich bekam Eirene auch das Gesicht des Unbekannten zu sehen. Vor einer Sekunde hatte sie noch Unbehagen empfunden. Jetzt fiel es ihr schwer, ein Lachen zu unterdrücken. Das hagere Gesicht mit den eingefallenen Wangen, der riesigen Nase und dem breiten, schmallippigen Mund wirkte überaus komisch. Der Mann trug das Haar kurz geschnitten. Es wuchs in Büscheln, die trotz ihrer Kürze unordentlich zu Berg standen. „Ich bin Benneker Vling", sagte der Mann und streckte Eirene die große Hand entgegen, „Spezialist für Robotwartung. Ich hatte davon gehört, daß du zu uns an Bord kommen würdest, und als dann jemand den Gang entlangkam, da dachte ich mir, daß eigentlich nur du es sein könntest."
    „Ja", sagte Eirene ein wenig verlegen. „Ich bin sehr neugierig. Ich muß mich immer gleich überall umsehen."
    „Ein sehr nützlicher Charakterzug", nickte der Mann. „Neugierde ist die Mutter des Wissens."
    „Was hast du vorhin übers Beten und Anrufen gesagt?" wollte Eirene wissen. Benneker Vling verzog das Gesicht zu einem Grinsen. „Oh, das", sagte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das vergißt du am besten wieder.
    Wenn ich richtig tief in der Arbeit stecke und unterbrochen werde, dann kommen mir manchmal Dinge über die Lippen, die ich eigentlich gar nicht sagen wollte."
    „Es tut mir leid, daß ich dich unterbrochen habe", entschuldigte sich Eirene. „Ich mache mich auch sofort wieder davon."
    „Sieh dich ruhig um", sagte Benneker Vling. „Es ist niemand hier unten außer mir."
    „Ja, das ... das werde ich tun", murmelte Eirene und stand mit einem weiten Schritt wieder draußen auf dem Gang. Sie zog die Tür in die vorige, halboffene Stellung zurück. Dann wandte sie sich in Richtung des Antigravschachts. Die Lust am Sich-Umsehen war ihr vergangen. Auf dem schnellsten Weg kehrte sie in ihr Quartier zurück. Trotz seines lustigen Aussehens war ihr Benneker Vling unheimlich. Was hatte er gefragt? „Beherrschst du noch die Kunst des Betens und der Anrufung?"
    Was hatte er damit gemeint? Sie glaubte ihm nicht, daß ihm die Worte nur versehentlich herausgerutscht waren.
     
    3.
     
    Der Einbau des vektorierbaren Grigoroff-Projektors wäre am 4. Januar abgeschlossen, meinte Geoffry Waringer. Ein Testflug mit dem neuen Aggregat sei dringend zu empfehlen. „Wenn das Ding

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