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1388 - Kurier nach Tarkan

Titel: 1388 - Kurier nach Tarkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einem Becher Wein hatte er später Gelegenheit zu reflektieren, daß sein Zorn gegenüber dem Robotwartungsspezialisten zumindest in diesem Fall völlig unbegründet war. Jedes Besatzungsmitglied hatte die Möglichkeit, dem Befehlshaber der CIMAR-RON eine private Mitteilung zukommen zu lassen.
    Und Vlings Bemerkung war keineswegs frivol; sie verdiente im Gegenteil sorgfältige Beachtung.
    Man hatte Reginald Bull - in früheren Zeiten öfter als heute - einen Choleriker genannt. Ein mattes Lächeln flog über sein Gesicht, als er sich daran erinnerte, wie oft ihm von Atlan ein „nitroglyzerinoides Temperament" bescheinigt worden war. Dabei hielt er sich selbst für einen der gemütlichsten und verträglichsten Menschen. Aber er mußte, wenn er ehrlich sein wollte, zugeben, daß er in den vergangenen Tagen vielmals ohne triftigen Anlaß aus der Haut gefahren war.
    Den Grund dafür kannte er. Er ruhte in der Tiefe seiner Seele und störte deren Gleichgewicht. Reginald Bull machte sich Vorwürfe. Damals, als er sich im Innern der Strukturveränderung aufhielt, hätte er unter Umständen die Gelegenheit gehabt, Ur amm Taloq zu vernichten und die Gefahr, die von den Plänen des Hexameron ausging, zu bannen. Wenigstens vorerst zu bannen; denn man konnte sich ausrechnen, daß die Sechstagefürsten ihr Vorhaben wegen der Zerstörung einer Raumstation nicht aufgeben, sondern sofort mit dem Bau einer neuen Station beginnen würden.
    Er aber hatte den leichteren Weg gewählt. Er hatte erkannt, daß die Hauri jede weitere Beschädigung Urians vermeiden und ihm deshalb die Gelegenheit zur Flucht geben wollten. Er hatte diese Gelegenheit sofort genutzt. Hätte er statt dessen Ur amm Taloq zu zerstören versucht, dann wären die CI-MARRON, die SORONG und die MAI-KI mit Sicherheit in radioaktiven Dampf verwandelt worden. Die Hauri besaßen zwar ursprünglich nur eine schwache militärische Präsenz im Innern der Strukturverdrängung, aber sie konnten jederzeit Hilfe herbeirufen, und irgendwann wären die drei Raumschiffe der Übermacht erlegen.
    Reginald Bull hatte sich damals eingeredet, es stehe ihm nicht zu, eine Entscheidung zu treffen, die für rund zweitausend Galaktiker und etliche hunderte Kartanin den sicheren Tod bedeutete. Das Wohl intelligenter Wesen war ihm anvertraut. Er durfte dieses Vertrauen nicht enttäuschen.
    Heute sah er die Sache anders. Ur amm Taloq stellte eine tödliche Gefahr für die Galaxien der Lokalen Gruppe dar. Das Galaktikum würde mit aller Macht versuchen müssen, in die Strukturverdrängung einzubrechen und die Raumstation zu vernichten. Geoffry Waringer hatte recht: Das Hexameron würde, wenn seine haurischen Handlanger in Bedrängnis gerieten, nicht Untätig zusehen, sondern seine gesamte technische Macht bereitstellen, um die Bedrohung zurückzuweisen. Es würde zu harten Kämpfen kommen, und die Zahl der Opfer konnte mühelos bis in die Zehntausende gehen.
    So betrachtet, stellte sich die Entscheidung, die er damals getroffen hatte, heute nicht mehr als Ausdruck seines Verantwortungsbewußtseins, sondern als ein Akt der Feigheit dar. Damit hatte er zu kämpfen, und deswegen gab er sich seit einigen Tagen weniger umgänglich, als er es in Wirklichkeit war. Er ließ die innere Unsicherheit an seiner Umgebung aus, und das machte ihn - seiner Ansicht nach - zu einem noch verächtlicheren Charakter, als er es ohnehin schon war.
    Auf moralischer Basis würde sich die Entscheidung, die er im Sektor Ur amm Taloq getroffen hatte, niemals rechtfertigen lassen. Das Höchste, worauf er hoffen konnte, war eine späte strategische Rechtfertigung. Wenn wirklich ES an den Vorgängen um die Versetzung einer Galaxis von Tarkan ins Standarduniversum Anteil nahm, dann würde ES eingreifen, sobald das Hexameron den in Bedrängnis geratenen Hauri den Rücken zu stärken begann. Dann vielleicht würde der Kampf um Ur amm Taloq einen gänzlich anderen Verlauf nehmen und hoher. Blutzoll sich vermeiden lassen.
    Davon hatte er zu Waylon Javier und Geoffry Waringer gesprochen, und an diese Hoffnung klammerte er sich. „Da du schon mit der Selbstanalyse beschäftigt bist", sagte eine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien, „darf ich deine Aufmerksamkeit auch noch auf einen anderen Problemkreis richten."
    Reginald Bull war in die Höhe gefahren, als die ersten Worte erklangen. Er sah sich um. „Wer spricht da?" stieß er hervor. „Das spielt keine Rolle", kam die Antwort aus der Luft. „Ich habe dir etwas

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