1393 - Werwolf-Nacht
Worte nicht geachtet. Ihre Tochter dafür umso mehr. Sie schüttelte den Kopf, und um ihren Mund herum entstand ein ärgerlicher Zug. »Was erzählen Sie denn da? Wölfe kann ich akzeptieren, die gibt es schließlich. Aber Werwölfe…«
Der alte Verkäufer schob seine Brille nach unten und zeigte seine dunklen Augen. »Sie sind jung – im Gegensatz zu mir. Schieben Sie bitte nicht alles zur Seite. Diese Brosche hat Morgana Layton gehört, die Mensch und Werwölfin zugleich ist. Ein Phänomen, dass Sie auch als junge Frau akzeptieren sollten. Ihre Mutter wird es mir glauben. Sie ist davon gefangen…«
Werwölfe!, dachte Kiri. Die gab es nicht. Sie waren nur in gewissen Geschichten präsent. In ihrem Laden verkauften sie auch alte Bücher. Einige davon hatte sie gelesen. Alte Sagen und Legenden waren darin niedergeschrieben, und in mancher Geschichte spielten auch Wölfe oder Werwölfe eine Rolle. Diese Wesen hatten den Menschen schon immer Angst eingejagt, sie aber auch fasziniert.
»Mutter?«
»Ja.«
»Hast du dich entschieden?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Aber sie gefällt dir?«
Alice drehte das Gesicht ihrer Tochter zu. »Ja, sie gefällt mir, da bin ich ehrlich.«
»Gut.«
»Sie ist für mich wie gemacht, Kiri, aber ich weiß trotzdem nicht, ob ich sie kaufen soll.«
»Warum nicht?«, fragte der Alte.
»Ich kenne den Preis nicht.«
»Ah.« Der Verkäufer winkte ab. »Darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, wirklich nicht.«
Alice lächelte. Der Mann hatte seine Brille wieder vor die Augen gesetzt und hörte die Frage: »Was kostet Sie denn?«
»Hm… was würden Sie denn zahlen wollen?«
»Nun ja…« Alice quälte sich die nächsten Worte über die Lippen.
»Reich sind wir nicht, und wenn die Brosche ein so wertvolles Stück ist, dann ist sie bestimmt auch entsprechend teuer.«
»Ich denke nicht.«
»Sagen Sie Ihren Preis!«, forderte Kiri.
Der Mann wand sich. »Eigentlich kann ich keinen Preis nennen. Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt und werde mich auch nicht damit beschäftigen. Ich habe mir immer nur gesagt, dass irgendwann jemand kommen wird, für den die Brosche ideal ist. Wie für ihn gemacht. Als wäre sie ein Stück von ihm. Das ist nun passiert. Die Brosche hat auf Sie gewartet, Madam.«
Alice schaute hoch. »Und was bedeutet das für mich?«, flüsterte sie, als würde sie schon ahnen, was auf sie zukam.
»Dass ich Ihnen die Brosche schenke.«
»Nein!«
»Doch, ich schenke sie Ihnen.«
»Das kann ich nicht annehmen.«
»Sie müssen!«
Alice Bayonne wusste nicht, was sie sagen sollte. Die letzte Antwort hatte sie einfach zu sehr überrascht. Sie fühlte sich wie jemand, der aus den Schuhen gehauen worden war. Die kleine Welt um sie herum fing an, sich zu drehen, und sie musste sich an ihrer Tochter festhalten, wobei sie flüsterte: »Das kann ich nicht annehmen.«
Kiri hob die Schultern. »Ich denke schon, dass der Verkäufer es ernst gemeint hat.«
»O nein…« Alice sackte leicht in die Knie. »Dann soll ich … soll ich das Geschenk annehmen?«
»Es ist für dich wie gemacht. Ich an deiner Stelle würde es tun.«
»Und wie gefällt sie dir?«
»Gut.«
»Das sagst du nur so!«
Kiri schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine es ehrlich. Diese Brosche ist für mich kein normales Schmuckstück. Sie… sie … ist ein Hinweis. Sie ist etwas Besonderes, das nur dir gehören soll. Es ist, als wäre sie für dich geschaffen.« Kiri deutete darauf. »Sie hat etwas. Es kommt mir vor, als würde darin eine Botschaft stecken. Nimm sie, Mutter, bitte.«
Alice hob die Schultern. Noch sperrte sie sich, dann aber nickte sie dem Händler zu. »Ja, ich werde dieses Geschenk annehmen. Danke.«
»Bitte, bitte. Keine Ursache, Madam. Ich überlasse Ihnen dieses Schmuckstück gern. Halten Sie es in Ehren, und ich denke, dass Sie viel Freude damit haben werden. Ich betone noch mal, dass es etwas Besonderes ist, dem können Sie nicht entkommen. Die Brosche wird Ihnen für manches noch die Augen öffnen.«
»Meinen Sie?«
»Ja.«
»Für was denn?«
Der Verkäufer wiegte den Kopf. »Manchen Schmuckstücken sagt man magische Kräfte nach. Ich denke, dass es auch bei dieser Brosche so ist. Erinnern Sie sich daran, wem sie einmal gehört hat. Keiner Geringeren als Morgana Layton.«
»Die kennen wir nicht«, erklärte Kiri.
Der Verkäufer lächelte geheimnisvoll. »Das macht nichts, aber Sie werden von nun an ein anderes Leben führen, denke ich mir.«
Der
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