1394 - Die Rachehexe
zischelte: »Bring sie doch um! Töte sie, dann haben wir unsere Ruhe!«
Die Schattenhexe lachte. »Die haben wir auch so. Jane wird es sich überlegen, direkt gegen mich vorzugehen. Das schafft sie nicht. Nein, das ist unmöglich für sie. Sie weiß, dass ich sehr mächtig bin.«
Janes Hand umkrampfte den Griff der Beretta. Sie spürte in ihrem Hals ein trockenes Gefühl. Sie schluckte, sie schüttelte den Kopf, und es war auch ein leichtes Stöhnen zu hören. Schweiß stand ihr auf der Stirn. Beide Frauen vor ihr waren waffenlos, doch ein Schuss auf sie hätte auch Janes Tod bedeutet.
Assunga reagierte wie eine Mutter, als sie Cornetta in die Hand nahm. Sie zog die Frau ein Stück zur Seite, drehte sich dann mit ihr und schritt dem Ausgang entgegen. Dabei wandten beide Jane Collins den Rücken zu, aber sie traute sich nicht mal, die Waffe anzuheben. So zeigte die Mündung weiterhin zu Boden.
Wie zwei Schwestern gingen die Hexen durch die Tür und ließen eine Jane Collins zurück, der wieder mal die Grenzen aufgezeigt worden waren…
***
Ich sah Jane neben der Kasse stehen und brauchte nur einen kurzen Blick in ihr Gesicht zu werfen, um zu erkennen, was mit ihr los war.
Sie hatte eine Niederlage erlitten, an der sie jetzt noch kaute. Auch als ich auftauchte, hob sie kaum den Blick.
Alan Quint hatte ich am Rand der Treppe stehen gelassen. Dort konnte er sich erholen. Der Gang über die Treppe war für ihn nicht eben eine Erholung gewesen.
Er war wichtig, aber auch Jane war es. Und auf sie lief ich zu.
»Was ist passiert?«
»Assunga war hier!«, erklärte sie tonlos.
Im Innern spürte ich einen Stich und trat zurück. Die Schattenhexe mal wieder. Wenn sie mitmischte, musste es sich um eine große Sache handeln, sodass sich die Gänsehaut bei mir nicht von ungefähr bildete.
»Wir reden später darüber. Ich muss mich um Alan Quint kümmern. Er braucht dringendstes einen Arzt.«
»Willst du ihn hinfahren?«
»Nein, wir holen ihn her. Ich habe bereits angerufen. Er ist unterwegs. Danach kümmern wir uns um die anderen Dinge.«
»Aber vergiss Assunga nicht.«
»Bestimmt nicht.«
Alan Quint fror noch immer so ungewöhnlich stark. Kalter Schweiß bedeckte sein Gesicht. Sprechen konnte er nicht, weil seine Lippen einfach zu heftig zitterten.
»Sie werden gleich in ärztliche Behandlung kommen. Machen Sie sich darüber keine Sorgen.«
»Das muss ich auch. Und wie ist es am Abend? Ich bin einer der Organisatoren der Feier. Sie wissen, was das bedeutet. Ich muss eigentlich mit dabei sein.«
»Das wird nicht möglich sein, Mr. Quint. Freuen Sie sich lieber, dass Sie noch leben.«
»Aber meine Frau und meine…«
»Das kann alles der Arzt regeln, wenn Sie wollen.«
»Und was tun Sie?«
Ich lächelte hart. »Keine Sorge, meine Partnerin und ich werden hier in Preston bleiben.«
»Danke, das beruhigt mich. Aber ist es nicht auch für Sie zu gefährlich, wenn Sie…«
»Wir sind es gewohnt, uns Gefahren zu stellen, sonst wären wir nicht hier.«
Er räusperte ich vor dem Sprechen. »Ja, das sehe ich schon ein. Alles klar.«
Der Klang einer Sirene war zu hören, und Sekunden später stoppte der Wagen vor dem Turm.
Ich lief einem jungen Mann im weißen Kittel entgegen. Er war der Notarzt und sagte, als er mich sah: »Habe ich mit Ihnen am Telefon gesprochen?«
»Ja, ich bin John Sinclair.«
»Und Alan?«
»Kommen Sie mit.«
Der Arzt schaute kurz nach dem Eintreten zu Jane Collins hin, dann erst sah er den Verletzten, der noch immer auf der Treppe hockte und kein Wort sagte.
Man sah ihm an, was er durchlitten hatte, denn auch in seinem Gesicht zeichneten sich die Brandwunden ab.
»Das sieht nicht gut aus.« Der Arzt schaute ihm kurz ins Gesicht und leuchtete auch hinein. »Okay, Alan, wir schaffen dich jetzt ins Krankenhaus. Vorsichtig«, riet er seinen beiden Helfern, die ebenfalls den Turm betreten hatten.
Auf eine Trage legten sie ihn nicht. Das passierte erst am Wagen.
Inzwischen nahm sich der Weißkittel Zeit, mit mir zu reden, und sagte zunächst: »Ihnen ist sicherlich klar, dass ich die Polizei über diese Vorfälle informieren muss.«
Er hatte mit einem sehr bestimmenden Unterton gesprochen, der mir zunächst ein Lächeln abrang, bevor ich die Antwort gab. »Die Polizei ist bereits informiert.«
Der Arzt staunte mich an. »Oh, Sie haben bereits…«
»Nein, nein, es ist nicht so, wie Sie denken. Ich bin gewissermaßen die Polizei.«
Der Mann begriff es erst, als ich ihm meinen
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