1394 - Die Rachehexe
die Frau zurecht. In dem jungen Gesicht zeigte sich noch immer das Erschrecken.
Gezielt schlug die Detektivin zu. Sie brauchte dabei nicht mal weit auszuholen, denn sie wusste genau, wohin sie zu schlagen hatte. Die Frau schaute uns fast vorwurfsvoll an, aber ihre Augen hatten bereits einen glasigen Blick bekommen. Noch während die stand, wurde sie bewusstlos.
Jane schleifte sie zur Seite. Dort gab es eine Tür und dahinter eine Kammer, in die der Körper noch hineinpasste. Dann lächelte sie und sagte leise: »Sie war nicht besonders gut als Hexe. Wir können uns allerdings nicht darauf verlassen, dass die anderen ebenso leicht zu überraschen sind.«
»Stimmt.«
Hier unten hörten wir nichts. Jane deutete auf die Türen im Erdgeschoss. Wir zogen sie auf, schauten kurz in die Zimmer und fanden sie alle leer.
Die Wests waren Menschen, die auf Sauberkeit achteten. Die Mitte der Treppe hatten sie mit einem Teppichstreifen belegt, was uns sehr entgegenkam.
So konnten wir fast lautlos die Stufen hochgehen, erreichten die erste Etage und blieben dort kurz stehen.
Vor uns tat sich ein kurzer Gang auf. Einige schmale Möbelstücke standen an der rechten Wand. Ein großes Bild hing auch dort. Es berührte mit der Seite fast den Türrahmen des Schlafzimmers. Es musste sich um das Schlafzimmer handeln, denn aus diesem Raum vernahmen wir Stimmen.
Nur verstanden wir nicht, was sie sagten, aber klar war, dass es sich um Frauenstimmen handelte.
Ich näherte mich der Tür mit einem langen Schleichschritt und stellte fest, dass sie nicht geschlossen war. Sie stand einen winzigen Spalt offen, was auch Jane bemerkte, als ich mit dem Finger auf die Tür zeigte.
Dann fiel uns etwas auf.
Es war der Geruch, den ich schon aus dem verdammten Turm her kannte.
Benzin!
***
Verdammt, es roch nach Benzin!
Ich merkte, dass sich meine Kopfhaut zusammenzog.
Aber ich musste jetzt die Nerven bewahren. Nur nichts übereilen.
Sehr vorsichtig schob ich mich auf die Tür zu und drückte sie weiter auf. Zum Glück gab es kein Geräusch, aber meine Sicht wurde besser, und es fiel auch niemandem auf, dass ich in den Raum hineinschaute, der tatsächlich ein Schlafzimmer war.
Die Frau unten hatte nicht gelogen. Es gab nur zwei weitere Helferinnen, die schon alles vorbereitet hatten. Zunächst sah ich nur die beiden, bis ich die Tür etwas weiter aufdrückte.
Es war nicht zu fassen. Ich schrak zusammen und musste mich erst an das Bild gewöhnen.
Das Ehepaar West lag auf dem Ehebett, und man hatte die beiden auf eine raffinierte Art und Weise gefesselt.
Sie lagen aufeinander. Die Frau auf dem Mann. Beide Körper waren mit Stricken und Klebestreifen umwickelt, und keiner von ihnen besaß die Chance, sich zu befreien.
Der Anblick traf mich wie ein Stich ins Herz. Mein Blick wanderte weiter zu den beiden jungen Frauen, die sich ebenfalls im Zimmer aufhielten.
Sie wirkten blass und unscheinbar. Menschen, die man auf der Straße übersehen hätten. Eine von ihnen hielt einen mit Benzin gefüllten Kanister in der Hand. Gelassen ließ sie das Zeug aus dem Kanister gluckern und verteilte es auf dem Bett. Die zweite Hexe schaute nur zu und drehte uns den Rücken zu.
Das Ehepaar konnte in seiner Lage nicht sehen, was genau passierte. Aber sie konnten das Zeug riechen.
Die Hexe mit dem Kanister kicherte. Sie hatte graue Haare, die ihren Kopf umhingen. Ihr Gesicht war blass, doch in den Augen lag ein fiebriger Ausdruck.
»Brennen werdet ihr – brennen! Alle werden brennen! Die Feier wird zu einer Hölle werden!«
Ich gab mit der freien Hand ein Zeichen, damit Jane Bescheid wusste. Einen Atemzug später rammte ich die Tür nach innen.
Auf einmal war alles anders. Das Bild änderte sich schlagartig, denn ich hatte die beiden Helferinnen der Assunga völlig überrascht. Aber nicht nur ich war am Ball, auch Jane griff ein.
Ich schnappte mir die Frau mit dem Kanister. Sie sah mich vielleicht als Schatten, mehr aber nicht. Bevor sie etwas unternehmen konnte, hatte ich sie gepackt und schleuderte sie gegen die Wand, und als sie dagegen prallte, riss ich ihr den Kanister weg und warf ihn in eine Ecke.
Hinter mir hörte ich Jane Collins agieren. Eine Frauenstimme schrie schrill auf. Sie gehörte nicht Jane, sondern der anderen Unperson hier im Raum.
Die erste Hexe schüttelte den Kopf. Graue Haare flogen so heftig umher, als wollten sie sich lösen. Dann sprang sie mich an, und mit den Nägeln ihrer gespreizten Finger wollte sie mir das Gesicht
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