1396 - Das Blut der Sinclairs
recht nicht.«
Jane lächelte etwas verkrampft. »Das glaube ich Ihnen sogar. Aber ich muss es tun. Es geht um meinen Freund John Sinclair. Und ich will alles in Bewegung setzen, um ihm zu helfen. Ich denke, dass Sie dies auch verstehen werden.«
»Das ist klar. Nur…« Nolan wiegte den Kopf. »Man kann Sie nicht allein fahren lassen. Deshalb wäre es besser, wenn ich mit Ihnen fahre. Ich bringe Sie zur Kirche hin und mache mich wieder auf den Rückweg. Ist das okay?«
Jane lehnte sich zurück und streckte ihre Hände vor. »Bitte, Mr. Nolan, das ist ganz toll, aber das kann ich nicht annehmen. Sie gehören hierher zu Ihrer Frau. John Sinclair und die anderen sind einzig und allein mein Problem.«
»Das sollen Sie auch bleiben, Miss Collins. Ich werde einen Teufel tun und diese Kirche betreten, die für mich keine ist. Ich mache mich sofort auf den Rückweg.«
Jane nickte. »Gut, wenn das so ist. Aber was sagen Sie dazu, Mrs. Nolan?«
»Wenn mein Mann meint, dass er fahren muss, dann soll er. Wichtig ist nur, dass er nicht in die Kirche hineingeht, wenn sich die Personen dort befinden sollten.«
»Auf keinen Fall!«, versprach Edgar. »Allerdings kann es sein, dass ich in angemessener Entfernung auf Sie warten werde, Miss Collins. Sollte etwas schief gehen, dann möchte ich, dass Sie schnell flüchten können. Halten wir es so?«
Jane war einverstanden. Auch Kate Nolan nickte. Jane fühlte sich etwas beschämt darüber, dass fremde Menschen sich so für sie einsetzten. Aber die Welt war nicht nur schlecht. Es gab eben solche und solche.
Als sich Edgar Nolan erhob, stand sie auf – und erlebte sofort die Folgen ihres Falls. Sie hatte das Gefühl, dass alle Muskeln, vom Hals bis zu den Beinen, etwas mitbekommen hatten. So fiel ihr das Aufstehen nicht leicht. Die lange Pause hatte ihr nicht so gut getan, und sie ging die ersten Schritte wie eine alte Frau.
Das sahen auch die Nolans. Besonders Kate tat Jane Collins Leid.
»Wollen Sie es sich nicht doch noch mal überlegen?«
Die Detektivin schüttelte den Kopf. »Nein, Mrs. Nolan, manchmal muss man eben den beschwerlichen und harten Weg im Leben gehen, um einen Erfolg zu erreichen.«
»Ja«, flüsterte die Frau. »Das erscheint mir auch so.«
***
Ich hatte mit einem längeren Fußmarsch gerechnet, aber da irrte ich mich zum Glück. Das heißt, ob es ein Glück war, würde sich erst noch herausstellen. Jedenfalls führte unser Weg in die Dunkelheit und in die Leere des Geländes hinein, aber es verging nicht viel Zeit, bis wir das Ziel erreicht hatten.
Es war ein Auto!
Der Van stand an einer schmalen Straße und war nicht sofort zu sehen, weil er von einer kahlastigen Buschgruppe geschützt wurde und weil es zudem dunkel war.
Neben dem Fahrzeug blieben wir stehen. Lucy drehte den Kopf und nickte mir zu. »Du hast Glück, John, dass du nicht zu Fuß laufen musst.«
»Ihr doch auch.«
»Stimmt.«
Einige kleinere Blessuren hatten wir alle. Aber niemand von uns war so stark behindert, als dass er in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden wäre.
Abel fuhr. Er öffnete die Fahrertür. Für mich war ein Platz auf der Rückbank reserviert, und Lucy setzte sich neben mich. Sie lächelte mich an, aber ihr Blick blieb dabei eiskalt. Das sah ich im Licht der Innenbeleuchtung.
»Es ist besser, wenn du dich auch jetzt ruhig verhältst, John.«
»Kein Problem.«
Die Tür an der Fahrerseite wurde geschlossen. Jorge saß auf dem Nebensitz. Als er sich anschnallte, schaute er kurz zu uns rüber, sagte jedoch nichts.
»Wo fahren wir hin?«
Lucy gab die Antwort, ohne mich dabei anzuschauen. »Das wirst du früh genug sehen.«
»Okay.«
Ich hatte mich angeschnallt und ergab mich vorläufig in mein Schicksal. Etwas anderes konnte ich nicht tun. Es gab keinen Ausweg, ich hätte nicht ausbrechen können.
Zudem war ich auf eine gewisse Art und Weise natürlich neugierig, was man mit mir vorhatte. Eine zündende Idee fuhr mir nicht durch den Kopf. Ich rechnete damit, dass man mich zu einem Ziel bringen würde, das mit der Lanze in einem Zusammenhang stand und möglicherweise auch etwas mit meinem Vater zu tun hatte und seinem Leben. Aber das waren reine Spekulationen.
Der Van blieb vorerst auf der schmalen Straße, die uns ganz allein gehörte. Wir fuhren von den Gleisen weg in östliche Richtung, und ich hatte den Eindruck, in ein Land ohne Licht zu kommen, denn uns umgab die Düsternis wie ein dichter Schwamm, der auch den letzten Funken an Licht
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