1398 - Tänzer, Tod und Teufel
halbhoch angehoben auf dem Boden.
Der Weg endete dort, wo die Gruft begann und wo sich auch ihr Eingang befand. Der Platz davor war recht frei. Auf dem Boden lag noch der alte Kies, der seine helle Farbe längst verloren hatte. Wenn wir gingen, knirschte es kaum, aber darauf achteten wir nicht, denn jeder von uns sah die beiden Männer, die sich am Eingang der Gruft aufhielten und sich nicht bewegten, als hätte man zwei Leichen abkommandiert.
Sema lachte leise. »Damit habe ich gerechnet. War ja klar. Das sind Chirams Leute.«
»Was macht dich so sicher? Kennst du sie?«
»Nein, John, nicht persönlich. Aber meine Erfahrung hat mich gelehrt, wo ich sie hinzustecken habe.« Auch sie blieb bei der persönlichen Ansprache, denn wir waren mittlerweile zu einer verschworenen Gemeinschaft geworden.
Die Männer glichen sich vom Outfit her wie ein Ei dem anderen.
Beide trugen sie schwarze Lederwesten, und die Haare auf den Köpfen waren nicht mehr wie Schatten.
Sie taten nichts, schauten uns nur entgegen, aber uns war klar, dass sie keinen hinein in die Urnengruft lassen wollten. Das alles roch nach Ärger.
»Lass mich das mal machen«, sagte Sema.
»Okay.«
Wir ließen sie ziehen und warteten im Hintergrund. Suko und ich fühlten uns nicht eben wohl. Jeder ahnte, dass etwas nicht stimmte.
Es lag nicht nur an den beiden Männer, die Wache hielten, auch nicht an der Ruhe. Es war einfach unser Gefühl oder der Instinkt, der sich meldete.
Suko drehte sich um. Bestimmt lag auf seinem Rücken ebenfalls ein Kribbeln. Es war nichts zu sehen, dennoch war er nicht beruhigt, sonst hätte er seine Stirn nicht in Falten gelegt.
Sema sprach mit den Männern. Sie redete nicht laut. Auch wenn sie das getan hätte, verstanden hätten wir nichts. Es gab die Rede und die Gegenrede, die Stimmen wurden lauter, auch die von Sema Mayek.
»Die beißt auf Granit«, sagte Suko.
»Das denke ich auch.«
Sema drehte sich um. Sie hob die Schultern und schlenderte auf uns zu. »Nichts zu machen. Sie wollen den Weg nicht freigeben. Erst wenn sie wieder weg sind.«
»Und warum nicht?«
»Es geht um den Besucher.«
»Bitte?«
Sie lächelte mich an. »Ja, um den, der einem Toten die Ehre geben will. So wurde es mir gesagt. Wir würden die Totenruhe stören. Jetzt seid ihr an der Reihe.«
»Wissen sie, wer du bist?«, fragte Suko.
»Nein. Ich habe mich nicht ausgewiesen. Diese Überraschung behalte ich mir vor. Die beiden Typen riechen nach Gewalt, obwohl sie nicht mal ihre Waffen gezogen haben.«
»Okay, dann lass es uns ersuchen«, schlug ich vor.
Für uns gab es keinen Zweifel, dass sich Azer Akasa bereits in der Urnengruft befand. Und dort sollte er auch bleiben, weil wir ihn da stellen wollten.
Jetzt ärgerte ich mich schon darüber, dass wir allein gekommen waren und keine Schutztruppe im Hintergrund wussten, aber das spielte keine Rolle mehr.
Suko und ich gingen gemeinsam auf die Männer zu. Sie hatten sich in ihren Haltungen wieder entspannt. Das änderte sich, als wir direkt auf sie zuschritten.
»Sie werden uns hineinlassen müssen«, sagte ich. »Wir sind keine normalen Besucher und…«
»Lass es sein, John.«
Sema Mayek hatte gesprochen, und wir gingen keinen Schritt mehr weiter. Wir sprachen auch nicht, sondern drehten uns um.
Da waren noch zwei Typen. Unser Gefühl vorhin hatte uns nicht getrogen. Sie waren da, aber sie hatten sich in guter Deckung versteckt gehalten.
Jetzt kamen sie vor.
Aus Zwillingen waren Vierlinge geworden. Nur hielten die letzten zwei Schnellfeuerpistolen in den Händen, was die Dinge nicht leichter für uns machte…
***
Einen wie Azer Akasa konnten auch alte Türen oder Zugänge nicht aufhalten. So hatte er den Zugang zur Urnengruft mehr aufgebrochen als normal geöffnet. Danach war er abgetaucht in die Unterwelt des riesigen Friedhofs, und nicht nur Unbedarfte hätten meinen können, in die Welt der Toten zu steigen.
Alles war anders. Es gab kein Licht. Die Dunkelheit lag in dieser Welt wie ein dichter Schwamm. Vergessene Asche in alten Gefäßen, und Azer hatte den Eindruck, den Staub der Toten riechen zu können.
Es gab kein elektrisches Licht, aber es gab eine Nische neben der Treppe. Als er mit der Flamme seines Feuerzeugs dort hineinleuchtete, sah er die handliche Fackel. Er brauchte sie nur zu nehmen, das obere Ende anzustecken und dann mit ihr in die Tiefe zu gehen, um die Welt der Toten zu erhellen.
Auch hier reichte das Feuerzeug aus.
Das Pech der Fackel war nicht
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