1398 - Tänzer, Tod und Teufel
kampfunfähig schießen.
Das konnte ich vergessen.
Suko griff ein.
Er berührte seinen Stab und rief das alles entscheidende Wort.
»Topar!«
***
Fünf Sekunden – nicht mehr und nicht weniger. Fünf Sekunden lang stand die Zeit still. In dieser Spanne konnte sich niemand bewegen, der in Rufweite des Inspektors war.
Nur einer war davon nicht betroffen, der Träger des Stabs, und das eben Suko.
Er wusste genau, welch eine Verantwortung auf ihm lastete, als er loslief. Er durfte die Zeit nicht um einen Bruchteil übertreten.
Passierte das, würde alles wieder normal ablaufen, und die scharfe Klinge des Säbels würde nach unten sausen und Semas Kopf vom Körper trennen.
Es waren nur ein paar Meter, die Suko zu laufen hatte. Dabei konzentrierte er sich voll und ganz. Er ließ seine Umgebung nicht aus den Augen, nahm jedes Detail auf, konnte sich alles leisten, nur nicht stolpern und die Zeit übertreten.
Sema lag auf dem Boden. Erstarrt in ihrer leicht aufgerichteten Haltung, als wollte sie den Hals freiwillig hinhalten, damit er auch gut getroffen wurde.
Azer stand zugleich neben und über ihr. Mit beiden Händen hielt er den Griff des Säbels und die Waffe zum Schlag erhoben. Sein Gesicht sah schaurig aus. Hinzu kam der Schein des Feuers, der von zwei Seiten dafür sorgte, dass es sich in eine zuckende Maske verwandelt hatte.
Suko achtete nicht darauf.
Ein letzter Sprung. Er führte den Inspektor über die Kollegin Sema hinweg, und dann prallte er mit voller Wucht gegen die Gestalt des Türken.
Einen Schrei hörte er nicht, aber der Killer wurde zurückgewuchtet, schlug hinterrücks zu Boden, und genau in diesem Augenblick war die Zeitspanne um.
Suko hoffte darauf, Azer Akasa bewusstlos geschlagen zu haben, leider traf das nicht zu. Der Türke war ein Sohn der Götter. Er hatte sich deren Kraft geholt.
Nach dem Aufprall drehte er sich um die eigene Achse, schnellte hoch und stellte sich zum Kampf.
Suko warf sich zur Seite, um den Hieben zu entgehen.
Diesmal rollte er über den Boden hinweg, sodass der erste Schlag ins Leere ging.
Danach wunderte sich der Türke, wie schnell Suko war. Für die Frau hatte er keinen Blick mehr, dafür jedoch für den anderen Mann, der von der rechten Seite her auf ihn zukam und eine Waffe in der Hang hielt.
Der Mann war ich!
***
Jetzt hatten wir ihn in die Zange genommen. Nach meinem ›Erwachen‹ war alles so weitergelaufen wie zuvor. Nur war ich heilfroh, dass Sema Mayek noch lebte. Da war Suko wieder mal zur Hochform aufgelaufen.
Sie lag noch am Boden. Ich hörte sie schluchzen, denn jetzt bewies auch sie, dass sie Nerven hatte. Und sie griff nicht weiter an. Azer überließ sie uns.
Er wich nach hinten aus. Sein Paket hatte er vergessen. Beide Arme hatte er vom Körper abgespreizt. Den Säbel hielt er nur mehr mit einer Hand.
Wir sahen die rötliche Haut, die flackernden Augen, die durch das unterschiedliche Licht diesen Ausdruck angenommen hatten, und wir wussten, dass er nicht aufgeben würde.
Ein pfeifendes Geräusch erklang, als er seine Waffe blitzschnell durch die Luft zog. Sie wies jetzt auf mich, wurde halb in die Höhe gerissen, und dann sprang er auf mich zu.
Ich schoss.
Die Kugel erwischte ihn in der Brust. Sie stoppte ihn auch. Fast auf der Stelle brach er zusammen.
Das dachten wir zumindest, aber so war es nicht, denn auf halber Strecke kam er wieder hoch.
Sema Mayek hatte uns einiges über ihn erzählt, über seine Kraft, die ihm die Götter verliehen hatten. Ob das alles so genau stimmte oder nicht, wir konnten es nicht sagen. Jedenfalls reagierte er nicht wie ein Mensch, der angeschossen war.
Die Kraft schöpfte er aus einem tiefen Brunnen, wo immer der liegen mochte. Er präsentierte sich uns in seiner vollen Größe, und wir hatten den Eindruck, als wäre sein Körper von einem rötlichen Leuchten umgeben. Das musste an dem liegen, was ihm die Götter auf seinem Weg mitgegeben hatten.
Er holte aus.
Ich merkte, dass Suko zu mir kam. Wenn Akasa seinen Plan verwirklichen wollte, dann würde er uns zwei mit einem gewaltigen Rundschlag treffen und uns wahrscheinlich die Köpfe von den Körpern schlagen.
Suko ging und schoss!
Ich feuerte ebenfalls!
Hinter uns hörten wir Sema schreien. »Ja, verdammt, schießt das Schwein zusammen! Das ist kein Mensch mehr. Er fühlt sich als Gott. Er will über Leben und Tod bestimmen!«
Wir schossen nicht mehr, denn Azer griff nicht mehr an. Er hatte unsere Geschosse ›geschluckt‹, stand noch
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