14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote
nur einsilbige Antworten. Sie schien zuerst ,nein’ zu sagen, dann ,vielleicht’…
Wenn ich bloß ein Parabelmikro und einen Dolmetscher hätte, dachte Lennet
Wenn ich bloß ein Parabelmikro hätte! dachte Lennet. Und einen Dolmetscher. Denn ein Mikro ohne Dolmetscher…
Ray bückte sich, hob einen Stein auf, zeigte ihn Regina.
Wieder redeten sie. Dann hob Ray den Arm und warf den Stein an einen Felsen, wo er auf einer Granitspitze liegenblieb. Ray schien sehr stolz auf seine Tat zu sein.
Regina lachte, aber sie schien Angst zu haben… Was bedeutete das alles?
»Monsieur Pichenet?«
Lennet, der sich hinter einer Palme versteckt hatte, fuhr zwar nicht zusammen, dank des Trainings im FND, wurde aber wütend, als er sah, wer neben ihm kauerte.
»Gaston, Sie lassen sich lieber irgendwo ein Omelett machen!« zischte er zornig. »Aber vorher erklären Sie mir bitte, warum die beiden da vorn mit Steinen spielen.«
»Wenn es weiter nichts ist!« Der Diplomat schien nicht im mindesten gekränkt. »Dieser Felsen nennt sich Felsen der Verliebten. Die Paare kommen hierher, wünschen sich etwas und werfen Steine. Wenn der Stein auf dem Felsen liegen bleibt, geht der Wunsch in Erfüllung.«
»Sehr interessant. Warum sind Sie mir hierher gefolgt?«
»Da ich für die logistische Unterstützung verantwortlich bin…«
»Sie meinen, da Sie sich als Botschaftsattache von morgens bis abends langweilen…«
Der große junge Mann zeigte ein entwaffnendes Lächeln. »Sie haben mich durchschaut. Ich kann es nicht leugnen.«
Lennet schwieg. Lautlos zog er sich zurück und Gaston folgte ihm geräuschlos.
Schließlich sagte der Geheimagent: »Hören Sie, Sie sind ein wichtiger Mann und fünf oder sechs Jahre älter als ich.
Aber ich wurde mit diesem Fall beauftragt, und Sie sind, wie Sie selber sagten, nur auf Wunsch mit der logistischen Unterstützung betraut. Ich habe nie verstanden, warum meine Vorgesetzten Eigeninitiative nicht besonders schätzten, aber allmählich kann ich sie verstehen. Ich kann Ihnen leider keine Befehle geben. Hier steht viel auf dem Spiel, und meine Chefs haben gute Beziehungen zum Außenministerium. Wenn Sie sich in Rio langweilen, könnten Sie sich ja überlegen, was Sie vom Posten eines Vizekonsuls in der Republik Ladungo halten.«
Einen Augenblick schauten sich die beiden jungen Männer an, dann mußte Gaston lachen.
»Jetzt weiß ich genau, woran ich bin! Ich habe verstanden. Wenn ich jedoch weiter mithelfen darf, bin ich zu jeder Niederträchtigkeit bereit. Ich verspreche Ihnen, Pichenet, in Zukunft aufs Wort zu gehorchen. Und wenn Sie es wünschen, dann serviere ich Ihnen sogar das Frühstück am Bett! Verraten Sie mir, welchen Offiziersrang Sie haben?«
»Leutnant.«
»Ein Grund mehr! Ich habe während meiner Dienstzeit kein einziges Abzeichen bekommen. Zweiter Jahrgang, Pontamadour, Gaston de, zu Ihren Diensten, Herr Leutnant!« Der Botschaftsattache deutete ein komisches Strammstehen an, und beide mußten laut lachen. Das Eis war gebrochen. Alle fanden sich rechtzeitig an der Anlegestelle des Gleitboots ein. Eine Überraschung erwartete sie, übel für den Brasilianer und nicht viel angenehmer für den Franzosen. Regina legte ein völlig anderes Verhalten an den Tag. Sie ließ ihren Bräutigam völlig links liegen, setzte sich neben Julio, legte den Kopf an seine Schulter und wollte, daß er ihr ein kleines Lied ins Ohr singe.
»Damit es niemand hört!« sagte sie.
Otávio machte vergeblich drohende Bemerkungen über alles, was ungesund ist, und Julio bemühte sich vergebens, das junge Mädchen auf Distanz zu halten: Sie schien sich in den Sänger verliebt zu haben und setzte sich über alles übrige hinweg. Die anderen waren erstaunt über Reginas Verhalten, nur Ray schien es ganz normal zu finden.
Ein Dutzend Journalisten und Fotografen erwarteten Julio an der Anlegestelle. Regina legte ihren Arm um ihn, und er konnte nicht anders als das gleiche tun: In dieser Pose waren sie am nächsten Tag in den Zeitungen zu sehen.
Julio, den Reginas Verhalten zuerst eher erschreckt hatte, machte nun gute Miene zum bösen Spiel. Da er sich ohnehin mit Gina aussprechen mußte, warum sollte er dann zur Königin von Rio nicht nett sein?
Als sie in die Taxis stiegen, sagte sie kokett: »Hör zu, Julio, wir waren den ganzen Nachmittag zusammen.
Kümmere dich um deine Mädchen, sonst werden sie noch eifersüchtig.«
Ein paar junge Brasilianer gesellten sich zu der Gruppe,
Weitere Kostenlose Bücher