14 - Geheimagent Lennet und der Scheintote
und Ray lud sie alle großzügig ein. »Kommt! Eßt mit uns, Alfredo bezahlt alles.«
Julio ließ sich mit ihnen fotografieren, dies würde Ginas Aufmerksamkeit etwas von Regina ablenken. Der Abend ging sehr fröhlich zu Ende, Julio und seine Mädchen gaben Hunderte von Autogrammen. Da er am nächsten Abend wieder auftreten mußte, gingen sie früh, das heißt um Mitternacht, ins Hotel zurück.
Auf dem kleinen Tisch, hinter dem wie gewohnt die beiden Männer Dienst taten, stand ein in Zellophan eingewickelter Obstkorb. Eine Karte steckte daran.
CAROLINA IHREM LIEBLING FAK
Fak sprang vor Freude fast an die Decke.
Lennet hätte daraus gern eine Mangofrucht oder eine Mandarine gegessen, aber Fak drückte den Korb an sein Herz und rief: »Das ist ein Geschenk von Carolina, ganz allein für mich. Ihr könnt euch etwas im Restaurant unten bestellen.«
Lennet und Julio sahen sich belustigt an, während Fak eilig in seinem Zimmer verschwand. Lennet zog sich gerade aus, als er aus Paks Zimmer einen entsetzlichen Schrei hörte. Der Geheimagent stürzte hinein.
Entsetzt starrte Fak auf die gefährliche Schlange, die sich am dem Obstkorb wand
Zuerst entdeckte er das Faktotum nicht. Dann sah er ihn, er stand auf der Kommode, mit ausgebreiteten Armen, entsetztem Gesicht, die Augen auf einen Punkt auf dem Teppich gerichtet. Lennet folgte dem Blick und sah den umgefallenen Obstkorb auf dem Boden. Langsam wand sich eine Schlange heraus… Sie schien endlos.
Das Geheimnis der Königin
Die neue, international geltende Regelung der Durchsuchung von Flugpassagieren stellte nicht nur die Terroristen, sondern auch die Geheimagenten vor große Probleme. Lennet konnte nun nicht mehr einfach seine Pistole und 78 Patronen mitnehmen, wie er es bisher immer gemacht hatte. Wenn er eine Waffe brauchte, mußte er sie auf der französischen Botschaft auf dem Weg über das Diplomatengepäck anfordern. Solange mußte er mit einem Taschenmesser Modell FND/AB/19 auskommen, das harmlos wie ein Pfadfindermesser aussah, aber einige Besonderheiten aufwies, die Lennet nun ausprobieren konnte.
Er holte also ganz ruhig das Messer aus der Tasche und zog den Korkenzieher heraus.
»Auguste! Laß doch den blöden Korkenzieher! Hast du nicht die Sch… Sch… Schlange gesehen?« schrie Fak.
»Ruhe!« Lennet öffnete die große Schneide und hielt das Messer nicht wie gewöhnlich am Ende, sondern am Gehäuse wobei der Korkenzieher als Stabilisator diente – und warf die FND AB/19 nach vorn, genau wie er es in den Kellerräumen des FND in Paris mit einer Zielscheibe geübt hatte.
Es war erst zwei Uhr morgens, das heißt ziemlich früh für eine Stadt, die nachts kaum zur Ruhe kommt, als Lennet mit einem Köfferchen in der Hand an Raimundos Tür klingelte. Es dauerte eine Weile, bis der Bildhauer öffnete. Er schien aber überhaupt nicht verschlafen zu sein.
»Auguste!« rief er. »Komm herein! Das ist aber nett, daß du den armen Künstler in seiner Hütte besuchst! Du hast deinen Koffer mitgebracht? Willst du hier schlafen? Du bist jederzeit willkommen.«
Lennet sah sich um. Ein großes hohes Zimmer mit Kochnische und Dusche hinter einem Vorhang, einem großen Fenster und vielen Zeichnungen an der Wand. Es war alles andere als luxuriös, denn der Putz blätterte ab und es mußte neu getüncht werden, und außer einem Bett und zwei Stühlen standen keine Möbel herum.
»Nein, danke.« Lennet schüttelte den Kopf. »Ich will mit dir reden, Ray. Ich weiß, daß du schlau bist. Also, was hältst du davon?« Er öffnete den Koffer und ließ die tote Schlange herausfallen.
»Ich glaube, das ist eine ganz ungewöhnlich lange Klapperschlange.« Ray blieb völlig gelassen.
»Klapper oder nicht Klapper, das ist mir egal. Aber ich möchte gern wissen, wie sie ins Copacabana Palace gekommen ist.«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, antwortete Ray.
»Nun, du solltest es herausbekommen. Es geht um folgendes: Erstens sagst du, Rio sei dir das Teuerste auf der Welt bis auf eine Ausnahme. Welche Ausnahme? Zweitens stellst du mir Otávio Paíva als deinen Intimfeind vor, ohne einen Grund anzugeben. Drittens benimmst du dich in Gegenwart von Regina de Caravelas wie ein Verliebter, sagst aber nicht, daß du in sie verliebt bist. Viertens führt sich Regina auf wie ein Wetterhahn, aber du erklärst mir ihr Verhalten nicht. Und du erklärst mir auch nicht, warum sie diesen häßlichen alten Kerl heiratet, wenn sie offensichtlich dich liebt.
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