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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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inhal el Agha; katelahum – Allah verdamme den Agha; er hat sie getötet!“
    „Nein, Halef. Kennst du den Dolch, der in ihrem Herzen steckt? Ich habe ihn ihr leihen müssen. Ihre Hand hält noch den Griff umschlungen. Er hat sie von den andern fortgerissen; hier sind die Spuren ihrer Füße, welche durch den Sand geschleift wurden. Vielleicht hat sie ihn verwundet; dann aber gab sie sich selbst den Tod, als sie sich nicht mehr zu wehren vermochte. Hadschi Halef Omar, ich bleibe auch hier liegen!“
    „Sihdi, es ist kein Leben mehr in ihnen; sie sind tot; wir können sie nicht erwecken, aber wir können sie rächen!“
    Ich antwortete nicht. Da lag sie, die ‚Siegerin‘, todesbleich, mit geschlossenen Augen und halb geöffneten Lippen, als ob sie im Traum flüstern wolle. Diese prächtigen Augensterne waren für immer erloschen; diesen Lippen konnte kein warmer Ton mehr entströmen, und der kalte Stahl hatte den Puls dieses reinen Herzens zerschneiden müssen. Sie lag vor mir, eine herrliche Menschenblume, die im ersten Augenblick ihres Blühens verwelken mußte. Mir brannte der Kopf; die blutgetränkte Ebene flog im Kreise um mich herum; ich selbst schien um meine eigene Achse zu wirbeln; meine Hände, auf welche ich mich im Knien gestützt hatte, verloren den Halt, und ich sank langsam, langsam nieder. Es war mir, als ob ich allmählich tiefer und immer tiefer sinke, in einem nebligen und dann immer schwärzer werdenden Schlund hinab. Da gab es keinen Halt, kein Ende, keinen Boden, die Tiefe war unendlich, und aus der Entfernung von Millionen von Meilen hörte ich Halefs Stimme herabdringen:
    „Sihdi, o Sihdi, erwache, damit wir sie rächen können!“
    Da endlich, nach langer, langer Zeit, gewahrte ich, daß ich nicht weiter sank; ich hatte einen Ort erreicht, an dem ich fest und sicher liegen blieb, einen Ort, an dem ich von zwei starken Armen festgehalten wurde. Ich betastete diese Arme und blickte den Mann an, dem sie gehörten; dabei sah ich viele große, schwere Tropfen aus seinem Auge auf mich niederfallen. Ich wollte reden, brachte es aber nur mit großer Anstrengung fertig:
    „Halef, weine nicht!“
    „O Herr, ich hielt auch dich für tot, gestorben an der Krankheit und am Schmerz. Hamdullillah, du lebst! Raffe dich auf! Dort sind ihre Spuren. Wir werden den Mördern folgen und sie umbringen! Ja, umbringen, bei Allah, ich schwöre es!“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Ich bin müde. Gib mir die Decke unter den Kopf!“
    „Kannst du nicht mehr reiten, Herr?“
    „Nein.“
    „Ich bitte dich, versuche es!“
    Der treue Mensch glaubte, durch den Gedanken der Rache meine Tatkraft gewaltsam aufrütteln zu müssen; es gelang ihm nicht. Und nun warf er sich selbst auf die Erde nieder und schlug sich mit den Fäusten vor die Stirn.
    „Allah verderbe diesen Elenden, den ich nicht fangen darf! Allah verderbe auch die Pest, welche dem Sihdi die Kraft des Mannes nimmt! Allah verderbe – ia Allah il Allah, ich bin ein Wurm, ein Elender, der nicht helfen kann! Es ist am besten, ich lege mich auch her, um zu sterben!“
    Da raffte ich mich auf.
    „Halef, soll der Bartgeier diese Toten fressen?“
    „Willst du sie begraben?“ entgegnete er.
    „Ja.“
    „Wo und wie?“
    „Können wir anders als hier im Sand?“
    „Das ist eine schwere Arbeit, Herr. Ich werde sie tun; aber diesen Saduk, der sich dumm stellte, um seinen Herrn zu verderben, den sollen doch die Geier fressen. Zuvor aber will ich sehen, ob die Toten noch irgend etwas bei sich tragen.“
    Dieses Nachsuchen war vergebens. Man hatte ihnen alles abgenommen. Welche Reichtümer waren dabei in die Hände dieser Teufel gekommen! Zu verwundern war es, daß man Bendas Leiche den Dolch gelassen hatte. Die Mörder hatten sich doch gescheut, die erstarrte Hand des Mädchens aufzubrechen. Auch ich bat Halef, den scharfen Stahl im Herzen der Toten stecken zu lassen. Ich hätte die Waffe nie wieder anzurühren vermocht.
    Und nun begannen wir, den Boden aufzuwühlen. Wir hatten dazu nichts anderes als unsere Hände und die Messer. Das förderte höchst langsam, und in der Tiefe eines Fußes wurde das sandige Gefüge so hart, daß wir mit diesen Werkzeugen eine ganze Woche gebraucht hätten, um eine Grube von der nötigen Dimension fertig zu bringen.
    „Es geht nicht, Herr“, sagte Halef. „Was beschließest du?“
    „Wir kehren nach dem Turm zurück; er liegt kaum mehr als zwei Reitstunden von hier.“
    „Wallahi, daran habe ich nicht gedacht! Wir

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