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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich aber fortweisen zu lassen, faßte Halef meine glühende Hand.
    „Sihdi“, sagte er, „glaubst du, daß ich dich verlassen werde?“
    „Gehe fort!“
    „Nein! Der Fluch Allahs soll mich verzehren, wenn ich dich verlasse. Auf deinen Zähnen liegt dunkler Rost, und deine Zunge stammelt. Ja, es ist die Pest; aber ich fürchte sie nicht. Wer soll bei meinem Sihdi sein, wenn er leidet! Wer soll ihn segnen, wenn er stirbt! Effendi, o mein Effendi, meine Seele schluchzt, und mein Auge weint! Komm, halte dich im Sattel fest; wir wollen einen Ort suchen, wo ich dich pflegen kann.“
    „Willst du das wirklich tun, du treuer Halef?“
    „Bei Allah, Herr! Ich weiche nicht von dir!“
    „Ah, das vergesse ich dir nicht. Vielleicht halte ich mich noch. Komm, den Persern nach!“
    „Sihdi, das geht nun nicht …“
    „Vorwärts!“
    Ich gab dem Rappen die Fersen, und Halef mußte mir wohl oder übel folgen. Bald aber mußte ich die Eile des Pferdes mäßigen; es wurde mir wieder dunkel vor den Augen und ich mußte mich auf Halef verlassen, der, ohne ein Wort zu verlieren, die Führung übernahm. Jeder Huftritt meines Pferdes wirkte wie ein Faustschlag auf meinen Kopf; ich sah nicht, wem wir begegneten, aber ich ließ dem Pferd die Zügel und hielt mich mit beiden Händen im Sattel fest.
    Da, nach langer, langer Zeit endlich erreichten wir die Karawane, und ich strengte mich an, die einzelnen Gruppen derselben zu unterscheiden. Lautlos flogen wir an ihnen vorüber, durch höllische Dünste und Miasmen hindurch, aber ich bemerkte die Gesuchten nicht.
    „Hast du sie nicht gesehen, Halef?“ fragte ich, als wir die Spitze des Zuges erreicht hatten.
    „Nein.“
    „Dann links hinüber, und in gleicher Richtung wieder zurück. Sie können nicht abgewichen sein. Siehst du Vögel über der Todeskarawane?“
    „Ja, Geier, Herr.“
    „Sie suchen Aas und riechen die Leichen. Passe auf, ob sich einer nach links in unsere Richtung zieht! Ich bin hilflos; ich muß mich auf dich verlassen.“
    „Aber wenn es zum Kampf kommt, Herr?“
    „In diesem Fall wird meine Seele kräftiger sein, als meine Krankheit. Vorwärts also!“
    Der Leichenzug verschwand zu unserer Linken; wir ritten so schnell, als es Halefs Pferd vermochte, obgleich ich mich nur mit äußerster Anstrengung in den Bügeln erhielt. Da zeigte der treue Halef empor:
    „El Büdsch, der Bartgeier, hier oben!“
    „Zieht oder kreist er?“
    „Er kreist.“
    „Reite so, daß wir grad unter ihn kommen. Er erblickt entweder einen Kampf oder eine Beute.“
    Zehn Minuten vergingen in lautloser Stille; es ahnte mir, daß wir uns vor der Entscheidung befanden, und da ich heut nicht aus größerer Entfernung mit Sicherheit zu treffen vermochte, so schob ich die Büchse zurück und nahm den Stutzen zur Hand. Dabei merkte ich, wie schwach ich geworden war; die schwere Doppelrifle, die ich sonst leicht mit einer Hand dirigiert hatte, schien mir heut das Gewicht von Zentnern zu haben.
    „Sihdi, da liegen Leichen!“ rief Halef, den Arm ausstreckend.
    „Lebendige dabei?“
    „Nein.“
    „Schnell hin!“
    Wir gelangten an die Stelle, deren Anblick sich in unauslöschlichen Zügen meinem Gedächtnisse eingeprägt hat. Weit auseinander zerstreut, waren fünf Gestalten zu erkennen, welche bewegungslos am Boden lagen. In der größten Aufregung sprang ich ab und kniete bei der ersten nieder. Meine Pulse hämmerten, und meine Hand zitterte heftig, als ich den übergeworfenen Mantelzipfel vom Gesicht des Mannes nahm. Es war – Saduk, der Stumme, welcher uns in den kurdischen Bergen entflohen war.
    Ich eilte weiter. Da lag Alwah, die alte, treue Wärterin, von einer Kugel durch die Schläfe getroffen, und soeben schrie Halef entsetzt: „Wai – o wehe, das ist des Persers Weib!“
    Ich sprang hinzu. Ja, sie war es: Dschanah, Hassan Ardschirs Stolz und Glück! Auch sie war erschossen, und neben ihr lag mit ausgestrecktem Arm, als ob er sie noch im Tode halten und beschirmen wolle, Hassan selbst, mit Staub und Sand bedeckt. Seine Wunden ließen auf ein fürchterliches Ringen schließen; sogar seine Hände hatten Schnitte.
    Von Schmerz übermannt rief ich: „Mein Gott, warum hat er mir nicht geglaubt!“
    „Ja“, meinte Halef mit finsterer Miene, „er trägt an allem die Schuld. Er traute dem Verräter mehr als dir. Aber dort liegt noch eine. Komm!“
    Weitab von den andern lag noch eine weibliche Gestalt in dem von Hufschlägen aufgewühlten Sande. Es war Benda.
    „Allah

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