14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
zu gehen und noch ein wenig Musik zu machen.
Wir ritten denselben Weg zurück, welchen wir gekommen waren.
Auf der ‚geraden Straße‘ wurden wir angerufen. Es war unser Wirt, welcher mit einem hübschen, jungen Mann am Eingang eines Schmuck- und Geschmeideladens stand. Auch er hatte einen Diener mit einem Reitesel bei sich.
„Willst du nicht hier eintreten, Herr?“ fragte er. „Wir kehren dann miteinander nach Hause zurück.“
Wir stiegen ab, traten in das Gewölbe und wurden von dem jungen Mann mit größter Herzlichkeit begrüßt.
„Dies ist mein Sohn Schafei Ibn Jacub Afarah.“
Also erst jetzt erfuhr ich den Namen unseres Wirtes, Jacub Afarah. Es ist das im Orient keine Seltenheit. Er nannte dem Sohn auch unsere Namen und fuhr dann fort:
„Dies ist mein Juwelenladen, welchen Schafei mit einem Gehilfen verwaltet. Verzeihe, daß er uns jetzt nicht begleiten kann! Er muß bleiben, weil der Gehilfe gegangen ist, um sich das Fest Er-Rimal anzusehen.“
Ich blickte in dem Laden umher. Er war klein und ziemlich finster; barg aber eine solche Menge von Kostbarkeiten, daß mir armen Teufel angst und bange wurde. Ich ließ einige darauf bezügliche Worte fallen und bekam zu hören, daß Jacub auf anderen Bazars noch mehrere Gewölbe für Spezereisachen, Teppiche und kostbare Rauchutensilien besitze.
Nachdem wir auch hier eine Tasse Kaffee getrunken hatten, brachen wir auf. Die Zeit der Dämmerung nahte, und wir waren nicht lange zu Hause angekommen, so brach der Abend herein.
Man hatte mir während meiner Abwesenheit die Stube geschmückt. Von der Decke hingen Ampeln voll duftender Blumen herab, und auch in jeder Ecke stand eine hohe Vase, mit liebenswürdigen Kindern Floras angefüllt. Schade, daß ich mich so gar nicht auf die Blumensprache verstand, sonst hätte ich vielleicht eine rührende Dankadresse für das Piano-Konzert herauslesen können!
Ich legte mich lang auf das Polster, um ein wenig nichts zu tun, aber ich tat doch etwas, nämlich ich dachte an diesen Abrahim Mamur, der mir gar nicht wieder aus dem Sinn kommen wollte. Was wollte er hier in Damaskus? Hatte er wieder eine seiner Schändlichkeiten vor? Warum floh er vor mir, da ich doch eigentlich gar nichts mehr mit ihm zu tun hatte? Auf welche Weise war es wohl möglich, seine Wohnung kennenzulernen?
So sann, und grübelte ich, doch dabei immer auf das rege Leben horchend, welches draußen auf dem Korridor zu herrschen begann. Da, nach langer Zeit wurde an meine Tür geklopft, und Jacub trat ein.
„Herr, bist du fertig zum Abendmahl?“
„Wie du befiehlst.“
„So komm! Halef, dein Begleiter, ist bereits fort.“
Er führte mich nicht nach dem Selamlik, wie ich erwartet hatte, sondern durch zwei Korridore nach der vorderen Seite des Hauses und öffnete daselbst eine Tür. Es war ein großes, fast saalähnliches Zimmer, welches ich betrat. Von hundert Kerzen hell bestrahlt, glänzten ringsum schwarz eingestickte Koransprüche von den seidenen Wänden. Ein Drittel des Raumes wurde durch einen eisernen Stab abgeschnitten, von dem quer über das Zimmer ein schwerer Samtvorhang niederhing. In ihm befanden sich drei Fuß über dem Boden zahlreiche Gucklöcher, was mich zu der Annahme veranlaßte, daß sich hinter ihm die Frauen niederlassen würden.
Es waren gegen zwanzig Herren anwesend, die sich bei unserem Einritt erhoben, um mich mit der Hand zu begrüßen, während Jacub mir ihre Namen nannte. Zwei Söhne und drei Gehilfen von ihm waren dabei, auch Halef war bereits zugegen; er schien sich überhaupt mit würdiger Gewandtheit in seine gegenwärtige Lage zu finden.
Während der anfangs nicht recht fließenden Unterhaltung wurden wohlriechende Liqueurs getrunken, wobei die unvermeidliche Pfeife dampfte; dann aber ward ein Mahl aufgetragen, bei dessen Anblick sich mein guter Halef nicht ganz beherrschen konnte, sondern sich die sechzehn Haare seines Schnurrbartes mit beiden Händen unwillkürlich aus dem Munde strich. Es gab da außer den mir bereits bekannten Gerichten auch noch ein Mus von Tobba und Habb el Aas (indische Feige und Szalheïaner Myrte), Salat von Sübbh el Belad, einer roten Wurzel, welche unserer Möhre ähnlich ist, gebratene Schürrsch el Mahrut (Knoblauchpflanze), eine scharf gebratene große Eidechsenart, welche mein Wirt Dobb nannte, deren Fleisch mir recht gut mundete. Auf weiten Reisen lernt man am leichtesten alte Vorurteile ablegen.
Nach dem Essen wurden die Platten und Gefäße entfernt, und dann –
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