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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nahm den Arm des Widerstrebenden kräftig unter den meinigen und so zwang ich ihn, mit mir zu gehen.
    Er fügte sich meinem gewaltsamen Einschreiten und führte mich die Treppe empor in die Wohnung seines Vaters. Dieser stand, zum Ausgehen gerüstet, mitten in dem Raum und war beschäftigt, sich ein paar riesige Pistolen zu laden. Als er seinen Sohn erblickte, fuhr er zornig auf:
    „Was willst du noch? Man darf keine Zeit verlieren, keine Minute! Gehe, eile! Auch ich werde gehen, und diesen Menschen erschießen, wo ich ihn nur immer finde!“
    Um ihn standen die anderen Glieder seiner Familie, mit ihren Tränen und Klagen die Situation nur noch verschlimmernd. Ich hatte Mühe, sie zu beruhigen und Jacub dazu zu bringen, mir die Sache zu erklären. Afrak Ben Hulam, der kranke Gehilfe und Vetter aus Adrianopel, hatte, nachdem wir fortgeritten waren, das Haus verlassen und war zu Schafei in den Laden getreten mit der Botschaft, daß dieser augenblicklich eines großen Kaufes wegen zu seinem Vater kommen solle, der sich in dem großen Han Assad Pascha befinde. Schafei war auch wirklich gegangen, hatte aber nach langem Suchen und nach längerem Warten seinen Vater nicht getroffen. Darauf war er doch endlich nach Hause geeilt und hatte dort zu seinem Erstaunen den Gesuchten unter den Arkaden ruhend gefunden. Jacub hatte erklärt, dem Gehilfen die erwähnte Botschaft gar nicht aufgetragen zu haben. Infolgedessen kehrte Schafei zum Bazar zurück und fand ihn verschlossen. Er öffnete mit dem zweiten Schlüssel, welchen er stets bei sich trug, und sah beim ersten Blick, daß eine ganze Menge und unter ihnen just die größten der Kostbarkeiten verschwunden seien, mit ihnen natürlich Afrak Ben Hulam, der Gehilfe. Er eilte, den Vater zu benachrichtigen, hatte aber trotz seines Schreckens noch so viel Besonnenheit, die Tür wieder zu verschließen und zwei Khawassen als Wächter davor zu postieren. Seine Nachricht hatte natürlich das ganze Haus alarmiert, und als ich mit Halef kam, war er im Begriff gewesen, wieder fort zu eilen; aber wohin zunächst, das wußte er selbst noch nicht. Auch Jacub wollte fort, um den Dieb vor allen Dingen zu erschießen; aber wo er ihn finden werde, das hatte er allerdings noch nicht gefragt.
    „Ihr werdet euch mit eurer unbesonnenen Eile mehr schaden als nützen“, meinte ich beschwichtigend. „Setzt euch nieder, und laßt uns ruhig beraten! Ein hastiger Renner ist nicht immer das schnellste Pferd.“
    Ich hatte einige Mühe, diese Ansicht durchzubringen, doch gelang es mir endlich.
    „Wie groß ist der Wert, welcher entwendet wurde?“ erkundigte ich mich.
    „Das weiß ich noch nicht genau“, antwortete Schafei, „aber es werden viele, viele Beutel (ein Beutel beträgt in Silber 500 und in Gold 30.000 Piaster) sein.“
    „Und du glaubst, daß wirklich nur Afrak der Dieb sein kann?“
    „Nur er allein. Die Botschaft, welche er mir brachte, war erlogen, und nur er allein hatte die Schlüssel und wußte, wo das Wertvollste zu finden war.“
    „Gut, so haben wir es nur mit ihm allein zu tun! War er wirklich ein Verwandter von euch?“
    „Ja. Wir hatten ihn zwar niemals gesehen, aber wir wußten, daß er kommen werde, und die Briefe, welche er brachte, waren echt.“
    „War er ein Juwelier, ein Goldarbeiter?“
    „Ein sehr geschickter sogar.“
    „Kennt er eure Familien und alle ihre Verhältnisse?“
    „Ja, obgleich er sich öfters irrte.“
    „Er war gestern auf dem Fest, und du sagtest, daß er sehr bleich gewesen sei. War er bereits bleich, als er kam, oder wurde er es erst, als er hörte, daß Kara Ben Nemsi euer Gast sei?“
    Schafei blickte überrascht empor.
    „Bei Allah, was willst du damit sagen, Effendi? Ich glaube, er ist erst bleich geworden, als ich ihm von dir erzählte.“
    „Das bringt mich vielleicht auf seine Spur.“
    „Effendi, wenn dies wäre!“
    „Er erschrak, als er von mir hörte; er kam nicht, als ich das Piano spielte; er schützte eine Krankheit vor, denn er konnte nicht fort, weil ich im Hof saß und ihn gesehen hätte, und als ich mich dann entfernt hatte, ging auch er. Halef, weißt du, wer dieser Afrak Ben Hulam ist?“
    „Wie kann ich das wissen!“ antwortete der Hadschi, welcher uns bis hierher gefolgt war.
    „Es ist kein anderer als Dawuhd Arafim, der sich auch Abrahim Mamur genannt hat. Schon gestern abend kam mir dieser Gedanke, aber er war so sehr unwahrscheinlich, daß ich es nicht glauben mochte. Jetzt aber bin ich beinahe davon

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