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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wir, ich verlor. Ich war betrunken und mag wohl verraten haben, daß ich ihn kenne und aushorchen wolle; ich hatte kein Geld, und deshalb kamen wir in Streit; ich wollte Ihnen einen Gefallen tun und ihn erstechen, er aber war rascher als ich. Das ist alles.“
    „Ich will Sie nicht tadeln; das führt zu nichts, und Sie sind krank. Haben Sie nicht bemerkt, ob Abrahim Mamur mit dem Wirt bekannt ist?“
    „Sie schienen sich sehr gut zu kennen; der Wirt gab ihm trockene Kleider, ohne daß er darum gebeten wurde.“
    „Seien Sie aufrichtig! Sind Sie nicht aus Jüterbogk?“
    „Sie erraten es. Ich weiß, daß der Stich tödlich ist, und darum will ich es sagen: ich bin ein Thüringer. Das ist genug; ich habe keine Verwandten und durfte nicht in die Heimat zurück. Lassen Sie das gut sein! Wollen Sie mich wirklich nach Pera schaffen lassen?“
    „Ja. Vorher jedoch will ich Ihnen einen verständigen Arzt senden, der untersuchen soll, ob Sie transportfähig sind. Haben Sie einen Wunsch?“
    „Lassen Sie mir Scherbet geben und vergessen Sie mich nicht!“
    Er hatte mir immer nur mit Mühe und unter vielen Unterbrechungen geantwortet. Jetzt schloß er die Augen; die Besinnung schwand ihm. Ich ging hinunter zum Wirt, gab ihm die geeigneten Instruktionen und versprach ihm, seine berechtigten Auslagen ehrlich zu bezahlen. Dann ritten wir schleunigst nach Pera. Hier begab ich mich zunächst in die preußische Gesandtschaft, deren Kanzler, welcher ein Perote war, meine kurze Darstellung schweigend anhörte und sich sodann in liebenswürdigster Weise bereit erklärte, sich des Verwundeten anzunehmen; auch die Sorge um den Arzt nahm er auf sich und ersuchte mich nur, ihm Omar als Führer dazulassen. Natürlich fühlte ich mich trotzdem nicht der Teilnahme und Sorge für den Landsmann entbunden, konnte aber ruhig heimkehren, da ich ihn unter guter Obhut wußte.
    Sofort nach meiner Ankunft suchte ich zunächst Isla auf, um ihm zu sagen, daß Abrahim Mamur heute nacht nicht von Halef erschossen worden sei, sondern noch lebe. Er befand sich in einem mit Büchern und allerhand Warenproben angefüllten Gemach, welches sein Comptoir zu sein schien. Er war sehr wenig erbaut von meiner Botschaft, beruhigte sich aber bald durch den Gedanken, daß es uns nun doch noch gelingen könne, den Menschen lebendig zu fangen. Was den Barbier betraf, so äußerte er kein Mitleid mit demselben, und sagte mir, daß er ihn fortgejagt habe, weil er von ihm mehrfach bestohlen worden sei.
    Während dieser Unterredung war mein Blick wiederholt auf das aufgeschlagene Buch gefallen, welches er vor sich liegen hatte. Es schien ein Kontobuch zu sein, dessen Inhalt mich nichts anging und mich auch gar nicht interessierte. Im Lauf des Gespräches irrten seine Finger wie spielend durch die Blätter, welche von ihnen hin und her gewendet wurden, und jetzt – eben blickte ich ganz zufällig wieder hin – fiel mein Auge auf einen Namen, der mich veranlaßte, meine Hand schnell auf das Blatt zu legen, damit es nicht umgewendet werde. Es war der Name ‚Henri Galingré, Schkodra‘.
    „Galingré in Schkodra (Skutari nach türkischer Mundart)?“ fragte ich. „Dieser Name interessiert mich ganz außerordentlich. Du stehst mit einem Galingré in Skutari in Verbindung?“
    „Ja. Es ist ein Franzose aus Marsilia (Marseille in Frankreich), einer meiner Lieferanten.“
    „Aus Marseille? O, das stimmt ja ganz auffällig! Hast du ihn vielleicht einmal gesehen und gesprochen?“
    „Öfters. Er ist bei mir gewesen, und ich war auch bei ihm!“
    „Weißt du nichts von seinen Schicksalen und von seiner Familie?“
    „Ich erkundigte mich nach ihm, ehe ich das erste Geschäft mit ihm machte, und später hatte er mir auch manches erzählt.“
    „Was weißt du von ihm?“
    „Er hatte ein kleines Geschäft in Marsilia, und das genügte ihm nicht; darum ging er nach dem Orient, erst nach Stambul, dann nach Adrianopel; dort lernte ich ihn kennen. Seit einem Jahr aber wohnt er in Skutari, wo er einer der wohlhabendsten Männer ist.“
    „Und seine Verwandten?“
    „Er hatte einen Bruder, dem es auch nicht in Marsilia gefiel. Dieser ging erst nach Algier und dann nach Blidah, wo er solches Glück hatte, daß der Bruder in Adrianopel ihm seinen Sohn sandte, damit derselbe im Geschäft zu Blidah seine Kenntnisse verwerte. Dieser Sohn nahm sich ein Mädchen aus Marsilia zum Weib und kehrte dann zu seinem Vater zurück, wo er nach längeren Jahren das Geschäft übernahm. Einst

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