Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Maflei schickte nämlich nach dem Gartenhaus und ließ mir sagen, daß ein Mann da sei, der mich sehr notwendig zu sprechen habe. Da man im Orient gezwungen ist, in den Kleidern zu schlafen, so war ich sofort bereit, dem Ruf Folge zu leisten. Ich traf einen Mann, welcher mich nach meinem Namen fragte und mir dann sagte, daß ich nach dem Haus in Sankt Dimitri kommen solle, wo ich mit dem Jüterbogker Barbier gewesen sei; dieser wolle mit mir sprechen, und es sei außerordentlich eilig.
    „Was will er?“ erkundigte ich mich.
    „Ich weiß es nicht“, lautete die Antwort. „Ich wohne in der Nähe, und der Wirt kam zu mir, um mich zu bitten, zu dir zu gehen.“
    „So sage ihm, daß ich sogleich kommen werde!“
    Ich bezahlte ihm den Gang und er ging. Bereits fünf Minuten später war ich mit Omar unterwegs. Bei der Unsicherheit eines solchen Weinhauses hielt ich es für geraten, nicht allein zu gehen, und Halef wollte ich nicht belästigen, da er verwundet worden war. Auf unseren kleinen Mietpferden, hinter denen die Besitzer hertrabten, indem sie sich am Schwanz festhielten, ging es ziemlich schnell durch die Gassen. Als wir anlangten, kam uns der Wirt bis unter die Tür entgegen. Er grüßte höchst demütig und fragte:
    „Effendi, du bist der Deutsche, der kürzlich mit einem gewissen Hamsad al Dscherbaja bei mir gewesen ist?“
    „Ja.“
    „Er will mit dir sprechen.“
    „Wo ist er?“
    „Er liegt oben. Dein Begleiter mag einstweilen unten einkehren.“
    Die Worte: ‚Er liegt oben‘ – ließen mich auf Krankheit oder gar auf einen Unfall schließen. Während Omar in die untere Stube trat, stieg ich mit dem Wirt die Stiege empor. Oben blieb er stehen und sagte:
    „Erschrick nicht, Herr, wenn du ihn krank findest!“
    „Was ist mit ihm?“
    „O, weiter nichts, als daß er einen kleinen Stich erhalten hat.“
    „Ah! Wer hat ihn gestochen?“
    „Ein Fremder, der noch nie bei mir gewesen ist.“
    „Weshalb?“
    „Sie saßen erst beisammen und redeten sehr eifrig miteinander; dann spielten sie, und als dein Bekannter bezahlen sollte, hatte er kein Geld. Darüber wurden sie uneinig und zogen die Messer; er war betrunken und erhielt den Stich.“
    „Ist es gefährlich?“
    „Nein, denn er war nicht sogleich tot.“
    Also nach der Meinung dieses guten Mannes war ein Stich nur dann gefährlich, wenn sogleich der Tod erfolgte.
    „Du hast doch den anderen festgehalten?“
    „Wie konnte ich das?“ antwortete er verlegen. „Dein Freund hatte kein Geld und zog das Messer zuerst.“
    „Aber du kennst ihn wenigstens?“
    „Nein. Ich sagte dir bereits, daß er noch gar nicht bei mir gewesen ist.“
    „Hast du nach einem Arzt geschickt?“
    „Ja. Ich ließ sogleich einen berühmten Hekim holen, der ihn verbunden hat. Du wirst mir doch bezahlen, was mir der Kranke dafür und für seine Zeche schuldig ist? Ich habe dem Fremden auch das geben müssen, was er von ihm gewonnen hatte.“
    „Ich werde mir das zuvor ein wenig überlegen. Führe mich zu ihm!“
    „Tritt durch die hintere Tür. Ich habe unten zu tun.“
    Als ich in die bezeichnete Stube trat, welche nichts als eine Art Matratze enthielt, sah ich den Barbier todesbleich und mit eingefallenem Gesicht auf derselben liegen. Ich war sogleich überzeugt, daß der Stich gefährlich sei, und beugte mich zu ihm nieder.
    „Ich danke Ihnen, daß Sie kommen!“ sagte er langsam und mit Mühe.
    „Dürfen Sie sprechen?“ fragte ich ihn.
    „Es wird mir nichts mehr schaden! Es ist aus mit mir!“
    „Fassen Sie Mut! Hat Ihnen der Arzt keine Hoffnung gelassen?“
    „Es ist ein Quacksalber.“
    „Ich werde Sie nach Pera bringen lassen. Sind Sie im Besitz eines Schutzscheines vom preußischen Gesandten?“
    „Nein. Ich wollte nicht für einen Franken gelten.“
    „Woher war der Mann, mit dem Sie sich stritten?“
    „Der? O, wissen Sie das nicht? Ich soll ihn ja für Sie suchen! Es war Abrahim Mamur!“
    Ich fuhr zurück, als ich diesen Namen hörte.
    „Das ist unmöglich; er ist ja tot!“
    „Tot? Ich wollte, er wäre es!“
    Es war eigentümlich: jetzt auf dem Kranken- oder Sterbelager redete der Barbier auf einmal nicht mehr seinen märkischen Dialekt, sondern das reinste Hochdeutsch! Das mußte mir natürlich auffallen.
    „Erzählen Sie!“ bat ich ihn.
    „Ich war noch spät hier; da kam er, ganz naß, als ob er durch das Wasser geschwommen sei. Ich erkannte ihn sogleich, er mich aber nicht. Ich machte mich an ihn, und wir zechten; dann spielten

Weitere Kostenlose Bücher