14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
mußte er nach Blidah zu seinem Oheim, um ein größeres Geschäft mit ihm zu besprechen, und grad als er sich dort befand, wurde der Oheim ermordet und seiner ganzen Kasse beraubt. Man hatte einen armenischen Händler in Verdacht, und der jüngere Galingré zog aus, um nach ihm zu forschen, da er meinte, daß die Polizei nicht fleißig genug suche. Er ist niemals zurückgekehrt. Sein Vater ist Erbe des Oheims geworden und hat dadurch sein Vermögen verdoppelt, aber er weint noch heut um den Sohn und würde viel geben, wenn er eine Spur von ihm fände. Das ist es, was ich dir sagen kann.“
„Nun wohlan, ich kann ihn gleich auf diese Spur bringen.“
„Du?“ fragte Isla erstaunt.
„Ja. Wie konntest du so lange schweigen! Ich habe dir ja bereits in Ägypten erzählt, daß Abu en Nassr, welcher Hassan sucht, im Wadi Tarfaui einen Franzosen erschlagen hat, dessen Sachen ich zu mir nahm. Habe ich dir nicht auch mitgeteilt, daß dieser Franzose Paul Galingré geheißen hat?“
„Den Namen hast du nicht genannt.“
„Ich habe noch heute den Trauring hier an meinem Finger, welcher ihm gehörte; die anderen Gegenstände gingen leider mit der Satteltasche verloren, als mein Pferd im Schott Dscherid versank.“
„Effendi, du wirst dem alten Mann noch Nachricht geben!“
„Das versteht sich!“
„Schreibst du ihm?“
„Ich werde sehen. Durch einen Brief kommt die Nachricht zu plötzlich über ihn. Der Weg in meine Heimat führt mich vielleicht in jene Gegend. Man muß sich diese Angelegenheit überlegen.“
Nach diesem Gespräch suchte ich Halef auf, der es zunächst gar nicht glauben wollte, daß sein Schuß fehlgegangen sei; endlich aber gab er dennoch zu:
„Sihdi, so hat mein Arm also doch gezittert!“
„Jedenfalls.“
„Aber dieser Mensch stieß doch einen Schrei aus und versank. Wir haben seinen Kopf nicht wieder gesehen!“
„Das hat er mit kluger Absicht getan; er muß ein guter Schwimmer sein. Mein lieber Hadschi Halef Omar, wir sind rechte Toren gewesen. Glaubst du wirklich, daß ein Mensch, welcher eine Kugel mitten durch den Kopf bekommt, noch schreien kann?“
„Ich weiß das nicht“, meinte er, „denn ich habe noch keine Kugel durch den Kopf erhalten. Wenn man mich einmal durch den Kopf schießt, was Allah um meiner Hanneh willen verhüten möge, so werde ich versuchen, ob es mir möglich ist, zu schreien. Aber Sihdi, glaubst du, daß wir seine Spur wiederfinden werden?“
„Ich hoffe es.“
„Durch den Wirt?“
„Entweder durch ihn oder durch den Derwisch, denn ich ahne, daß er diesem bekannt ist. Ich werde noch heute mit ihm sprechen.“
Auch den Juden, welcher mit seinem Weib ein kleines Gelaß unseres Gartenhauses bewohnte, besuchte ich. Er hatte sich in die Veränderung ergeben und klagte nicht mehr über die kleinen Verluste, die ihm das gestrige Feuer verursacht hatte. Er wußte ja, daß der reiche Maflei sein Versprechen, für ihn zu sorgen, leicht halten könne. Während meiner Abwesenheit in Dimitri und Pera war er bereits in Baharive Keui gewesen und sagte mir, daß sehr viele Häuser von dem Feuer verzehrt worden seien.
Wir sprachen noch miteinander, als ein schwarzer Diener Mafleis kam, um mir zu sagen, daß ein Offizier da sei, der mit mir sprechen wolle.
„Was ist er?“ fragte ich ihn.
„Er ist ein Jüsbaschi (Hauptmann).“
„Führe ihn in meine Wohnung.“
Ich hielt es für angezeigt, dieses Mannes wegen einen Schritt zu tun, und begab mich deshalb anstatt das Hauptgebäude aufzusuchen, nach meinem Zimmer, wo ich Halef fand, dem ich sagte, welchen Besuch ich zu erwarten habe.
„Sihdi“, meinte er, „dieser Jüsbaschi ist grob gegen dich gewesen. Wirst du höflich sein?“
„Ja.“
„Du meinst, dann muß er sich vor uns schämen? Wohlan, so werde auch ich sehr höflich gegen ihn sein. Erlaube, daß ich ihn als dein Chizmetkiar (Diener) empfange!“
Er trat hinaus vor die Tür, und ich setzte mich auf meinen Diwan, mir eine Pfeife anbrennend. Nach wenigen Minuten hörte ich die Schritte des Nahenden und gleich darauf die Stimme des kleinen Hadschi, welcher den Schwarzen fragte:
„Wohin willst du?“
„Ich soll diesen Agha zu dem fremden Effendi bringen.“
„Zu dem Emir aus Dschermanistan meinst du! Du kannst umkehren, denn du mußt doch wissen, daß man bei einem Emir nicht so eintreten darf, wie bei einem Paputschi oder Terzi (Schuster oder Schneider). Der Emir, welchen Allah mir als Herrn gegeben hat, ist gewohnt, daß man nur mit
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