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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mund vor Erstaunen über mein Verhalten. Jetzt aber platzte er rasch los:
    „Es ist keine Bitte, sondern ein Befehl, welchen ich dir bringe!“
    „Ein Befehl? Mein Sohn, es ist sehr vorteilhaft, langsam zu sprechen, denn nur auf diese Weise vermeidet man es, Dinge zu sagen, welche man nicht überlegt hat! Ich kenne in Stambul keinen Menschen, der mir zu gebieten hätte. Du meinst wohl, daß du selbst einen Befehl erhalten hast und infolgedessen zu mir kommst, denn du bist ein Untergebener, ich aber bin ein freier Mann. Wer sendet dich zu mir?“
    „Der Mann, welcher uns gestern kommandierte.“
    „Du meinst den Mir Alai –?“
    Ich fügte den Namen hinzu, welchen ich gestern von dem Soldaten erfahren hatte. Der Jüsbaschi machte eine Bewegung der Bestürzung und rief:
    „Du kennst ihn und seinen Namen?“
    „Wie du hörst! Hat er einen Wunsch an mich?“
    „Ich soll dir befehlen, nicht nach ihm zu forschen und von der gestrigen Begebenheit zu keinem Menschen zu sprechen.“
    „Ich habe dir bereits gesagt, daß mir niemand etwas zu befehlen hat. Sage dem Mir Alai, daß die Begebenheit in der nächsten Nummer des Bassiret erscheinen wird! Da ich keine Befehle entgegennehmen kann, so ist unsere Unterredung beendet.“
    Ich erhob mich und ging in das Nebenzimmer. Der Jüsbaschi aber vergaß vor Erstaunen sowohl das Sprechen als auch das Aufstehen, und erst nach einer ganzen Weile kam Halef, um mir zu melden, daß der Besuch mit einigen kräftigen Flüchen verschwunden sei.
    Es war für gewiß anzunehmen, daß der Mir Alai sofort wieder schicken werde; ich fühlte aber keine Verpflichtung, auf seinen Boten zu warten, und rüstete mich zum Ausgehen. Mein Weg war nach dem Derwischkloster gerichtet, wo ich mit Ali Manach sprechen wollte. Ich fand ihn, wie gestern, in seiner Zelle, wo er saß und betete. Als er mich grüßen hörte, blickte er auf, und seiner Miene nach schien mein Besuch ihm nicht unangenehm zu sein.
    „Sallam!“ dankte er. „Bringst du vielleicht wieder eine Gabe?“
    „Ich weiß es noch nicht. Wie soll ich dich nennen, Ali Manach Ben Barud al Amasat oder en Nassr?“
    Mit einem schnellen Sprung war er vom Diwan empor und stand ganz nahe vor mir.
    „Pst! Schweige hier!“ raunte er mir ängstlich zu. „Gehe hinaus auf den Friedhof, ich werde in kurzer Zeit nachkommen!“
    Ich ahnte, daß ich gewonnenes Spiel hatte; freilich mußte ich mir auch eingestehen, daß ich mich auf einige diplomatische Gesprächswendungen einrichten müsse, wenn ich mich nicht verraten wollte. Ich verließ das Klostergebäude, schritt quer über den Hof und trat durch die Gitterpforte auf den Gottesacker.
    Da ruhten sie, die Hunderte von Derwischen. Sie hatten ausgetanzt, und nun lag ein Stein zu ihren Häuptern, auf dem der Turban thronte. Ihre Komödie war ausgespielt. Wie werden sie über die ‚Brücke der Prüfung‘ gelangen!
    Ich hatte mich noch nicht weit zwischen die Gräber vertieft, als ich den Derwisch kommen sah. Er schritt, scheinbar in frommer Betrachtung versunken, einem abgelegenen Winkel zu, und ich folgte ihm. Wir trafen dort zusammen.
    „Was hast du mir zu sagen?“ fragte er.
    Ich mußte außerordentlich vorsichtig sein; darum antwortete ich:
    „Erst muß ich dich kennenlernen. Kann man sich auf dich verlassen?“
    „Frage den Usta (Meister, Gebieter); er kennt mich genau!“
    „Wo ist er zu finden?“
    „In Dimitri, bei dem Rum (Grieche) Kolettis. Bis gestern waren wir in Baharive Keui, aber man hat uns entdeckt und vertrieben. Der Usta wäre beinahe erschossen worden. Nur durch Schwimmen konnte er sich retten.“
    Diese Worte sagten mir allerdings, daß Abrahim Mamur der Anführer der Freibeuter sei; er hatte mich also in Baalbek nicht belogen. Aber der Derwisch hatte einen Mann genannt, der mich an ein früheres Ereignis erinnerte. Hatte nicht jener Grieche, welcher während des Kampfes im ‚Tal der Stufen‘ in meine Hände fiel, Alexander Kolettis geheißen? Ich erkundigte mich weiter:
    „Sind wir bei Kolettis sicher?“
    „Vollständig. Weißt du, wo er wohnt?“
    „Nein. Ich bin erst seit kurzer Zeit in Stambul.“
    „Woher kommst du?“
    „Aus Damaskus, wo ich den Usta getroffen habe.“
    „Ja, er war dort, aber das Werk ist ihm nicht gelungen. Ein fränkischer Hekim hat ihn erkannt, und er mußte fliehen.“
    „Ich weiß es, er hat dem reichen Schafei Ibn Jacub Afarah nur einen Teil seiner Geschmeide abnehmen können. Ist es verkauft?“
    „Nein.“
    „Weißt du dies

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