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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist es, was ich von Euch erbitten wollte, Sir. Wir haben im Verlauf einiger Monate durchgemacht, was andere während der ganzen Zeit ihres Daseins nicht erleben, und das kettet zusammen. Ich habe Euch sehr lieb gewonnen, und das Scheiden tut mir weh, aber man muß sich in das Unvermeidliche fügen; es bleibt ja doch die Hoffnung auf ein Wiedersehen!“
    „Yes! Oh! Ah! Well! Wiedersehen! Miserables Scheiden! Gefällt mir ganz und gar nicht!“ meinte er mit unsicherer Stimme, indem er mit der einen Hand seine Nase beruhigte und mit der anderen nach dem Auge langte. „Aber da fällt mir ein: Was wird mit dem Pferd?“
    „Mit welchem?“
    „Mit dem Eurigen – Rih!“
    „Was soll da werden? Ich reite es.“
    „Hm! Immer? Nehmt Ihr es mit nach Deutschland?“
    „Das weiß ich noch nicht.“
    „Verkauft es, Sir! Das macht ein schönes Geld. Überlegt es! Wenn Ihr es auch jetzt noch braucht, so bringt es doch wenigstens später nach Old England. Ich handle nicht, sondern bezahle, was Ihr verlangt. Well!“
    Dieses Thema war mir nicht sehr angenehm. Was konnte ich als armer Literat mit einem solchen Pferd tun? In der Heimat trat ich ja in Verhältnisse, die mir durchaus verboten, ein Reitpferd zu halten. Aber verkaufen? Das Geschenk des Scheik der Haddedihn? Und welch einen Herrn würde mein wackerer Rappe bekommen! Nein; ich konnte ihn allerdings nicht behalten, aber verkauft wurde er sicherlich auch nicht; ich wußte, was ich zu tun hatte! Ich war dem herrlichen Tier, das mich durch so manche Gefahr getragen hatte, schuldig, ihm einen Herrn zu geben, der es zu behandeln verstand. Es sollte nicht im kalten Norden verkommen; es sollte die Weiden des Südens, es sollte sein Geburtsland, die Lagerplätze der Haddedihn wiedersehen.
    Da wir uns am Abend treffen wollten, so brauchte ich mich nicht lange bei Lindsay zu verweilen. Ich ging noch einmal nach der Gesandtschaft, wo ich abermals den Kanzler traf. Er erzählte mir, daß der angebliche Barbier aus Jüterbogk uns keine Mühe mehr mache, da er gestorben sei. Man war mit ihm nicht sonderlich rücksichtsvoll verfahren; er hatte gestehen müssen, wer und was er sei, und so hatte man erfahren, daß er aus einer der kleinen Residenzen Thüringens stamme und ein entwichener Verbrecher sei. Ich bemitleidete den jungen Mann, der bei seinen ungewöhnlichen Fähigkeiten ganz andere Aussichten gehabt hatte, als so elendiglich in dem fernen Land um das Leben zu kommen.
    Der Kanzler begleitete mich bis an die Tür. Noch standen wir daselbst, einige höfliche Worte wechselnd, als zwei Reiter an uns vorüberkamen. Ich beachtete sie nicht, aber der eine hielt sein Pferd an, und dadurch wurde der andere gezwungen, ein Gleiches zu tun. Der Kanzler trat mit einem Abschiedsgruß in das Haus zurück, und ich schickte mich an, den Platz zu verlassen, als ich den einen Reiter rufen hörte:
    „Maschallah, ist es wahr? Emir!“
    Galt dies mir? Ich wandte mich um. Die beiden Reiter waren Offiziere. Der eine von ihnen war – jener Mir Alai, dessen Boten ich heut so höflich empfangen hatte, und der andere, der in dem gleichen Rang stand, war jener Adjutant, den ich bei den Dschesidi am Bade erwischt hatte, und der sich mir dann so dankbar erzeigte.
    Ich trat hinzu, herzlich erfreut, den Mann wiederzusehen, und reichte ihm die Hand, die er mir freundlich schüttelte.
    „Sallam, Effendi!“ grüßte ich. „Erinnerst du dich noch der Worte, welche ich sprach, als wir schieden?“
    „Was sagtest du?“
    „Ich sagte: ‚Möge ich dich als Mir Alai wiedersehen!‘ Und Allah hat meinen Wunsch erfüllt. Aus Nasir Agassi ist der Kommandeur eines Regiments geworden.“
    „Und weißt du, wem ich dies zu verdanken habe?“
    „Nein.“
    „Dir, Emir. Die Dschesidi hatten sich bei dem Großherrn beschwert, und der Statthalter von Mossul wurde bestraft nebst vielen anderen. Der Anadoli Kasi Askeri kam und untersuchte die Angelegenheit; sein Urteil war gerecht, und da ich mich der Dschesidi um deinetwillen ein wenig angenommen hatte, wurde ich befördert. Erlaubst du mir, dich einmal zu besuchen?“
    „Du sollst mir von Herzen willkommen sein! Aber leider ist es heut der letzte Tag, an welchem ich in Stambul bin. Morgen früh reise ich ab.“
    „Wohin?“
    „Nach dem Abendland. Ich habe das Morgenland besucht, um die Sitten und Gebräuche desselben kennenzulernen, und werde den Bewohnern des Abendlandes sehr viel zu erzählen haben, was sie nicht für möglich halten.“
    Diese Worte waren mit

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