14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
einer kleinen Malice gegen seinen Begleiter gesprochen; er mochte den Stich fühlen, denn er sagte:
„Ich habe heut abermals nach dir geschickt, aber du warst ausgegangen. Erlaubst du, daß ich zu dir komme?“
Ah, der Umstand, daß der andere so freundlich und achtungsvoll mit mir sprach, schien seine Wirkung zu haben! Ich antwortete kalt:
„Ich werde dich empfangen, obgleich die Zeit mir karg bemessen ist.“
„Wann?“
„In einer Stunde; später nicht.“
„Allah akbar, auch ihr kennt euch!“ verwunderte sich Nasir. „Gut, so kommen wir zusammen.“
Er reichte mir die Hand zum Abschied, worauf wir uns trennten. Ihm hätte ich am allerwenigsten zu begegnen vermutet. Es war wirklich, als ob mir hier in Konstantinopel eine Rekapitulation meiner Erlebnisse beschieden sei.
Auf dem Heimweg hatte ich Gelegenheit, mir noch einiges einzukaufen, was ich für die bevorstehende Reise brauchte. Ich war zwar überzeugt, daß mein Gastfreund alle bei dem Ritt entstehenden Kosten tragen werde, aber ich wollte mich doch nicht ganz und gar von seiner Dankbarkeit abhängig machen.
Als ich meinem Halef erzählte, daß ich Nasir Agassi begegnet sei, und daß derselbe mich besuchen werde, hatte er große Freude. Er begann sofort, die Pfeifen zu reinigen und noch manches andere vorzubereiten, was gar nicht notwendig war, und gab mir sogar höchst ernsthaft zu verstehen, daß der Mir Alai, dessen Jüsbaschi wir heute an der Tür hatten sitzen lassen, nun höflich zu behandeln sei, da er mit einem Freund und Bekannten von uns komme.
Die Stunde war noch nicht vergangen, so traten die beiden Offiziere bei mir ein. Sie wurden herzlich empfangen und nach Möglichkeit bewirtet. Ich merkte es, daß sie von mir gesprochen hatten, denn das Benehmen des älteren war ein außerordentlich verbindliches. Das Gespräch drehte sich natürlich meist um unsere Erlebnisse bei den Teufelsanbetern. Ich erzählte auch mein Zusammentreffen mit dem Makredsch von Mossul und erfuhr, daß ihn die Soldaten wohlbehalten nach Mossul zurückgebracht hätten, worauf er dann verschwunden sei. Der Anadoli Kasi Askeri wußte sicher, in welchem Gefängnis sich der abgesetzte Richter befand.
Als wir nahe am Scheiden waren, erinnerte sich der andere daran, daß es nun an der Zeit sei, seine Angelegenheit zu regeln.
„Emir“, fragte er, „ich habe gehört, daß man morgen etwas im ‚Bassiret‘ lesen wird. Kann dies nicht rückgängig gemacht werden?“
Ich zuckte die Achseln und antwortete langsam und nachdrücklich:
„Du bist mein Gast, Effendi, und ich bin gewohnt, allen Menschen, also auch meinen Gästen, die ihnen gebührende Ehre zu erweisen; aber erlaube mir, aufrichtig mit dir zu sein! Wenn ich nicht gewesen wäre, so lebtest du heute nicht mehr; was ich tat, das tat ich als Mensch und Christ, und ich fordere dafür keine Belohnung; doch hättest du das berücksichtigen sollen. Anstatt dessen aber behandeltest du mich gestern wie einen deiner Soldaten, und heute schickst du mir sogar diesen Jüsbaschi zu, welcher es wagt, mir befehlen zu wollen. Du darfst mir nicht zürnen, daß ich dies gerügt habe. Ich bin nicht gewohnt, behandelt zu werden wie ein Mann, der griechische Weinhäuser besucht, um sich ein Vergnügen zu machen; ich denke, daß ich gestern mehr als meine Schuldigkeit getan habe, und wenn du bereit bist, mir einen Wunsch zu erfüllen, so mag die ganze Angelegenheit vergessen sein.“
„Sage diesen Wunsch!“
„Deine Rettung hast du eigentlich einem braven Juden zu verdanken. Er wohnte neben mir und hat mich auf die Öffnung aufmerksam gemacht, durch welche ich dich aus der Taverne entführte. Du hast diese Spelunke in Brand stecken lassen, und ihm ist durch das Feuer sein ganzes Besitztum verlorengegangen. Wolltest du diesem armen Mann eine kleine Entschädigung geben, so würdest du ihn glücklich machen, und ich würde dich für einen Mann halten, dem ich ein freundliches Andenken widmen kann.“
„Ein Jude ist er? Weißt du, Effendi, daß ein Moslem einen Juden verachtet, der eines anderen Glaubens ist? Ich werde –“
„Effendi!“ unterbrach ich ihn mit stärkerer und sehr ernster Stimme, „bedenke, daß auch ich kein Moslem bin! Du selbst bist ein Inselgrieche und erst vor kurzer Zeit zur Lehre Mohammeds übergetreten. Wenn du den Christen verachtest, so bedauert er dich dafür, und was mich betrifft, so würde ich niemals das verachten und verleugnen, was ich so lange gewesen bin!“
„Emir, ich meinte ja
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