Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
entkorkte er noch eine Flasche Wein und gab mir die Versicherung, daß er mich wie einen Bruder liebe.
    „Bin mit Euch vollständig zufrieden“, meinte er. „Nur eines ärgert mich.“
    „Was wäre das?“
    „Habe mich von Euch herumschleppen lassen, ohne einen einzigen Fowling-bull zu finden. Verdrießliche Geschichte! Yes!“
    „Ich glaube, es gibt in England auch welche zu finden, die man gar nicht auszugraben braucht. Da laufen vielleicht genug John-Fowling-Bulls herum!“
    „Soll das mir gelten?“
    „Fällt mir gar nicht ein, Sir!“
    „Habt Ihr Euch das mit dem Pferd überlegt?“
    „Ja, ich verkaufe es nicht.“
    „So behaltet es. Aber Ihr müßt trotzdem einmal nach England kommen; in zwei Monaten bin ich daheim. Verstanden? Und nun noch eins! Ihr seid mein Führer gewesen, und ich habe Euch Euer Salair noch nicht bezahlt. Hier, nehmt!“
    Er schob mir ein kleines Portefeuille zu.
    „Macht keinen dummen Spaß, Sir!“ sagte ich, es zurückschiebend. „Ich bin als Freund und Genosse mit Euch geritten, nicht aber als Euer Diener, den Ihr zu bezahlen habt.“
    „Aber, Master, ich denke, daß –“
    „Denkt, was Ihr wollt, aber nicht, daß ich Geld von Euch nehmen werde“, unterbrach ich ihn. „Lebt wohl!“
    „Werdet Ihr wohl gleich diese Brieftasche nehmen?“
    „Adieu, farewell, Sir!“
    Ich umarmte ihn schnell und eilte zur Tür hinaus, ohne auf sein Rufen zu achten, das hinter mir erscholl.
    Den Abschied am anderen Morgen von Maflei und Senitza kann ich übergehen. Als die Sonne sich im Osten erhob, hatten wir beinahe schon Tschatalsche erreicht, durch welches die Straße über Indschigis und Wisa nach Adrianopel führt. – – –

ACHTES KAPITEL
    In Edreneh
    Adrianopel, welches die Türken Edreneh nennen, ist nach Konstantinopel die bedeutendste Stadt des osmanischen Reiches. Hier residieren die Sultane von Murad dem Ersten an bis zu Mohammed dem Zweiten, welcher im Jahre 1453 Konstantinopel eroberte und seine Residenz dorthin verlegte. Auch später war es ein Lieblingsaufenthalt vieler Sultane, von denen besonders Mohammed der Vierte gern hier verweilte.
    Unter den mehr als vierzig Moscheen, welche die Stadt besitzt, ist die ‚Selimje‘, die Selim der Zweite erbaute, berühmt. Sie ist noch größer als die Aja Sophia in Konstantinopel und verdankt ihre Entstehung dem berühmten Moshia-Architekten Sinan. Wie eine Oase in der Wüste liegt sie inmitten einer kläglichen Anhäufung von Holzhäusern, deren bunt bemalte Mauern und Wände aus tiefem Schmutz und Straßenkot auftauchen. Der imposante Kuppelbau dieser Moschee wird im Inneren von acht gigantischen Pfeilern getragen und äußerlich von vier wunderbar schlanken Minarehs belebt, von denen ein jedes drei Balkone für die Muezzins besitzt. Im Innern erblickt man zwei Reihen Galerien, welche aus den kostbarsten Marmorarten zusammengesetzt sind und von 250 Fenstern erleuchtet werden. Zur Zeit des Ramasans brennen hier 12.000 Lichter.
    Wir kamen von Kirkilissar und hatten die schlanken Minarehs der Selimje schon längst vor uns leuchten sehen. Von weitem bot uns Adrianopel einen prächtigen Anblick dar; als wir es aber erreicht hatten und durch seine Straßen ritten, ging es wie mit allen anderen Städten des Orients: sie verlieren in der Nähe ihre Schönheit und erfüllen niemals das, was sie aus der Ferne versprechen.
    Hulam, den wir aufsuchen wollten, wohnte in der Nähe des Utsch Scherifeli, der Moschee Murads des Ersten, an deren terrassenförmigem, mit prächtigem Marmor gepflasterten Vorhof wir vorüberritten. Die vierundzwanzig von siebzig Säulen getragenen Kuppeln wurden aus dem Schatz der Johanniter erbaut, welcher bei der Eroberung von Smyrna erbeutet wurde. Wir tauchten in eine sehr stark belebte Gasse und hielten vor einer mehrere Stockwerke hohen Mauer, durch welche ein jetzt verschlossenes Tor führte. Wir hatten in dieser Mauer die Straßenfront des Hauses zu erblicken, welches uns gastlich aufnehmen sollte.
    Das Tor hatte in Kopfeshöhe ein rundes Loch, vor welchem auf das Klopfen Islas ein bärtiges Gesicht erschien.
    „Kennst du mich noch, Malhem?“ fragte der junge Konstantinopolitaner. „Öffne uns!“
    „Maschallah, Gott tut Wunder!“ erklang es von innen. „Du bist es wirklich, Herr? Komm eilends herein!“
    Das Tor wurde geöffnet, und wir ritten durch eine Art Durchfahrt nach einem ziemlich großen Hof, welcher rings von den Innengalerien des Hauses umgeben war. Alles zeigte einen ungewöhnlichen

Weitere Kostenlose Bücher