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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wagens, konnte aber nur eine Schnur entdecken, welche an dem oberen Teil der Wagenleiter befestigt war und, von da herniedergehend, sich unter dem Heu verlief. Sie war straff angespannt, es schien also etwas daran zu hängen. War es diese Schnur, auf welche mich der Mann aufmerksam machen wollte?
    Ich tat also, als ob mir meine gegenwärtige Lage unbequem wäre, und rutschte weiter vor. Ich lehnte mich so an die linke Seite an, daß ich mit den Händen, trotzdem dieselben gebunden waren, die betreffende Stelle untersuchen konnte. Ich mußte mir Mühe geben, einen Laut der Freude zu unterdrücken, denn an der Schnur hing – ein Messer. Der brave Kiradschi hatte es für mich bestimmt und war glücklicherweise so klug gewesen, es nicht fest anzuknoten, sondern es nur mittels einer Schlinge, welche ich leicht aufziehen konnte, zu befestigen.
    Im nächsten Augenblick war es von der Schnur gelöst und steckte im Schaft meines Stiefels, so daß die Klinge, mit der Schneide nach auswärts gerichtet, aus demselben hervorragte. Ich bog die Knie und zog sie so weit an den Leib, daß ich mit den Händen die Klinge erreichen konnte. Sie war sehr scharf; ein vier- oder fünfmaliges Hin- und Hersägen genügte, die Fessel zu zerschneiden, und die Befreiung meiner Füße war nun eine Leichtigkeit.
    Ich atmete tief auf. Jetzt war ich kein Gefangener mehr und hatte in dem Messer eine Waffe, auf welche ich mich verlassen konnte. Alle diese Bewegungen waren unter dem Heu vor sich gegangen. Niemand konnte sehen, daß ich frei war.
    Ich wagte es, den einen Arm zu erheben und die untere Kante der Plane ein wenig zu lüften, um hinausblicken zu können. Da draußen ritt – Ali Manach Ben Barud el Amasat, der Derwisch. Es war anzunehmen, daß auf der anderen Seite sich noch ein zweiter Wächter befand.
    Mein Plan war schnell gemacht. Die Begleiter des Wagens waren mit Schießwaffen versehen; ich mußte also vorerst jeden Kampf vermeiden und mich mehr auf die List als auf Körperkraft verlassen. Ich rückte also wieder ganz nach hinten und hielt die Hände immer unter dem Heu. Unter dessen Schutz begann ich, den unteren Teil der alten, morschen Korbwand auszuschneiden, und hatte nach Verlauf einer Viertelstunde eine Öffnung fertig, welche groß genug war, um hinten aus dem Wagen zu schlüpfen.
    Das alles aber war nicht so leicht gewesen, als man glauben sollte, denn der alte Teppich genierte mich ungeheuer, und der Wächter warf zuweilen einen forschenden Blick auf mich. Zum Glück war das Geräusch, welches mein Messer in dem Korb hervorbrachte, bei dem Stampfen der Hufe, dem Gekreische der Räder und dem Gerumpel des Wagens nicht zu hören gewesen.
    Ich wartete, bis abermals einer jener Blicke auf mich gefallen war, wühlte mich unter das Heu und kroch – mit den Beinen voran – zu der Öffnung hinaus. Ich berührte mit den Füßen den Boden und zog den Kopf in das Freie nach.
    Jetzt erst war ich meiner Freiheit völlig sicher, und es galt, zu einem Pferd zu kommen.
    Wir befanden uns in einer ebenen Gegend und auf einem, wie es schien, wenig befahrenen Weg; auf beiden Seiten war Wald. Links ritt der Derwisch und rechts ein zweiter, ganz so, wie ich vermutet hatte. Das Pferd des ersteren war nicht groß, schien mir aber besser als dasjenige des anderen zu sein. Es hatte ein wolliges Fell, eine prächtige Mähne und einen Schweif, welcher fast die Erde berührte. Sein Gang war kräftig und doch elastisch leicht. Ah, wenn es zwei Personen tragen könnte!
    Dieser Gedanke elektrisierte mich. Erst ich der Gefangene des Derwisch, und dann er der meinige!
    Ich nahm das Messer zwischen die Zähne. Der Reiter hatte keine Ahnung von dem Vorgang hinter ihm. Er trabte wohlgemut neben dem Wagen her und konnte also von den anderen nicht gesehen werden. Er hatte nur die Spitzen seiner Füße in den Bügelschuhen. Zwar war sein Sitz ein fester, da das Pferd türkisch gesattelt war; aber ein Hieb in das Genick mußte seinen Oberkörper nach vorn stoßen, so daß er voraussichtlich bügellos wurde. Dann mußte er seitwärts aus dem Sattel gebracht werden. Für mich war dabei die Hauptsache, mich fest auf dem Pferd zu halten um nicht abgeworfen zu werden.
    Einige rasche Schritte brachten mich hinter den Gaul. Ich holte aus und kniete im nächsten Augenblick auf der Kruppe hinter dem Reiter. Das Pferd war über diesen plötzlichen Überfall einige Sekunden ganz verdutzt. Es blieb stehen. Das genügte. Ein Fauststoß in das Genick brachte die Füße des

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