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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sei mein Leben doch noch keinen Pfennig wert! Aber ich konnte wenigstens Zeit gewinnen und meinte daher in ernstem Ton:
    „Du vergleichst mich mit dem giftigsten Gewürm! Ist das die Höflichkeit, welche ich zur Bedingung gemacht habe? Tötet mich; ich habe nichts dagegen! Ich zahle keinen einzigen Piaster, wenn du nicht in anderer Weise mit mir sprichst.“
    „Du sollst deinen Willen haben; aber je mehr Höflichkeit du forderst, desto größer wird die Summe sein, welche wir verlangen.“
    „Nenne sie!“
    „Bist du reich?“
    „Ich tausche nicht mit dir!“
    „So warte!“
    Er erhob und entfernte sich. Der andere blieb zurück, beobachtete aber das tiefste Schweigen. Ich hörte Stimmen in dem vordersten Raum, konnte aber kein Wort unterscheiden, doch merkte ich, daß man verschiedener Meinung war. Es verging wohl über eine halbe Stunde, ehe er zurückkehrte. Er setzte sich nicht nieder, sondern fragte im Stehen:
    „Zahlst du fünfzigtausend Piaster?“
    „Das ist viel, sehr viel!“
    Ich mußte mich doch wenigstens ein wenig sträuben. Er machte eine Gebärde der Ungeduld und sagte: „Keinen Para weniger! Willst du? Antworte sogleich, denn wir haben keine Zeit!“
    „Gut, ich zahle sie!“
    „Wo hast du das Geld?“
    „Natürlich nicht bei mir. Ihr habt mir ja alles genommen, was ich in den Taschen trug. Auch nicht hier in Edreneh.“
    „Wie willst du uns da bezahlen?“
    „Ich gebe euch eine Anweisung aus Konstantinopel.“
    „An wen?“
    „An den Eltschi von Farsistan.“
    „An den Gesandten von Persien?“ fragte er erstaunt. „Ihm soll der Brief vorgezeigt werden?“
    „Ja.“
    „Wird er bezahlen?“
    „Glaubst du, daß der Vertreter der Schah-in-Schah kein Geld habe?“
    „Er hat sogar sehr viel Geld, – aber wird er bereit sein, es für dich auszugeben?“
    „Er weiß sehr genau, daß er alles, was er für mich bezahlt, wiederbekommen wird.“
    Ich machte keine Lüge, denn ich war fest überzeugt, daß der Perser den Überbringer meiner Anweisung ebenso wie mich selbst für wahnsinnig halten werde. Der Sohn der Zoroasterlehre hatte gar keine Ahnung von der irdischen Existenz eines deutschen Federfüchserleins meines Namens.
    „Wenn du dessen sicher bist, so schreibe die Anweisung!“
    „Worauf? Wohin? Etwa auf die Wand?“
    „Wir werden dir bringen, was du brauchst, und dir auch die Hände freigeben.“
    Diese Zusicherung elektrisierte mich. Die Hände frei! Da gab es vielleicht Gelegenheit, mir meine Befreiung zu erzwingen. Ich konnte den Derwisch fassen und ihm mit Erwürgung drohen. Ich konnte ihn so lange bei der Gurgel halten, bis er mich freigab.
    Aber diese mehr als romantische, diese überspannte Idee gelangte nicht einmal zu einem Versuch der Ausführung. Der Derwisch, welcher übrigens heute nicht die Kleidung seines Ordens trug, war vorsichtig. Er traute mir nicht und kam mit vier Kerls zurück, welche sich, mit den Waffen in den Händen, zur Rechten und zur Linken von mir niederließen. Ihre Gesichter glänzten dabei gar nicht etwa in vertraulicher Holdseligkeit. Die geringste verdächtige Bewegung wäre mein Verderben gewesen.
    Ich erhielt ein Blatt Pergament nebst Papier zum Umschlag und schrieb, das Knie als Unterlage benutzend, nachdem man mir den Strick von den Händen gelöst hatte:
    „Meinem Bruder Abbas Jesub Haman Mirza, dem Strahle der Sonne Farsistans, welcher jetzt leuchtet im Stambul.
    Gib für mich, dem unwürdigen Abglanz deiner Freundlichkeit, dem Überbringer dieses Mektub (Brief) sogleich fünfzigtausend Piaster. Mein Sandykdschi (Kassierer) wird sie dir zurückzahlen, sobald du es von ihm verlangst! Frage den Boten nicht, wer er ist, woher er kommt und wohin er geht! Ich bin der Schatten deines Lichtes.
    Hadschi Kara Ben Nemsi.“
    Diesen Namen unterschrieb ich, da ich annehmen konnte, daß er dem Derwisch von dem Diener seines Vaters als der meinige genannt worden sei. Nachdem ich den Umschlag adressiert hatte, reichte ich Ali Manach beides hin. Er las es laut vor, und es war mir ein nicht ganz unangenehmes Gefühl, die Genugtuung in den Gesichtern der ehrenwerten Gesellschaft zu lesen. Im stillen dachte ich dabei an das Gesicht, welches der Gesandte, der übrigens jedenfalls ganz anders hieß, denn seinen Namen kannte ich nicht, bei der Lektüre des Briefes machen werde. Wehe dem Überbringer!
    Der Derwisch nickte mir befriedigt zu und sagte:
    „Das ist gut! Und du hast klug getan, ihm zu schreiben, daß er nicht fragen soll. Er würde doch

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