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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nichts erfahren haben. Jetzt bindet ihm die Hände wieder. Der Kiradschi wartet bereits!“
    Ich mußte mir die Erneuerung der unangenehmen ‚Bandage‘ gefallen lassen; dann gingen sie und ließen mich in der Finsternis allein zurück.
    Zunächst begann ich, die Festigkeit meiner Fesseln zu probieren. Ich bemerkte bald, daß es mir nicht gelingen werde, mich von ihnen zu befreien. Ich begann also, anstatt mit den Händen, mit dem Geiste zu arbeiten.
    Wie kam der Derwisch nach Adrianopel? Jedenfalls nicht, um uns zu verfolgen, denn er hatte gar nichts von uns gewußt. Er hatte einen Boten seines Vaters erhalten. Dieser also hatte ihn herbeigerufen. Wozu? War seine Anwesenheit zu dem Streich, welcher beabsichtigt worden war, notwendig gewesen? Oder handelte es sich um ein neues Unternehmen, von dem ich gar nichts ahnte und wußte?
    Wo befand ich mich überhaupt? Wer waren diese Menschen? Gehörten sie zu der weit verbreiteten Bande der Usta? Oder standen sie in anderer Beziehung zu dem entkommenen Barud el Amasat und dessen Befreier? Ich hatte Lust, das letztere anzunehmen. Die vier Kerls, die neben mir gesessen hatten, waren im Besitz von ausgesprochen skipetarischen Physiognomien gewesen. Ich hielt sie für Arnauten.
    Und sodann hatte der Derwisch gesagt, daß der Kiradschi bereits warte. Die Kiradschia sind Fuhrleute, die Gelegenheitsfuhren über die ganze Balkanhalbinsel unternehmen, ungefähr in derselben Weise, wie früher die ‚Harzer‘ Landfuhrleute mit ihren schwere Lastwagen und messingbehangenen Pferden die verschiedensten Kaufmannsgüter durch Deutschland und die angrenzenden Gebiete schleppten. Der Kiradschi ist der Spediteur des Balkans; er ist überall und nirgends; er kennt alles und alle; er weiß auf jede Frage Antwort. Wo er anhält, da ist er willkommen, denn er weiß zu erzählen, und in den wilden, zerrissenen Schluchten des Balkans gibt es Gegenden, in welche während des ganzen Jahres keine Kunde von außen dringen würde, wenn nicht einmal der Kiradschi käme, um nachzufragen, ob der einsame Hirt Käse genug für eine Wagenladung angesammelt habe.
    Diese Fuhrleute bekommen Güter von hohem Wert anvertraut, ohne daß man von ihnen irgendeine Kaution verlangt. Die einzige Garantie besteht in ihrer Ehrlichkeit. Sie kommen nach Monaten, ja oft nach Jahren erst zurück; aber sie kommen und bringen das Geld. Ist der Vater unterdes gestorben, so bringt es der Sohn oder der Schwiegersohn; aber gebracht wird es.
    Diese Ehrlichkeit der Kiradschia ist seit alter Zeit ein bewährtes Sprichwort; leider aber scheint es jetzt anders werden zu wollen. Zwischen die altbekannten Fuhrmannsfamilien haben sich Neulinge eingedrängt, welche sich das gewohnte Vertrauen zu Nutze machen und da ernten, wo ehrliche Leute säten. Sie bringen den Kiradschi, dessen Namen auch sie natürlich angenommen haben, um seinen sauer erworbenen guten Ruf.
    Ein solcher Fuhrmann wartete also bereits! Doch nicht vielleicht gar auf mich? Sollte ich transportiert werden? Hier inmitten der Stadt durfte ich Hoffnung auf Befreiung haben. War ich bis am nächsten Morgen nicht bei Hulam, so wurde von Seiten meiner Freunde und besonders meines kleinen Hadschi sicherlich nichts unterlassen, um mich ausfindig zu machen.
    Wenn ich an diese dachte und an die sechs Khawassen, welche mit dem Tutemr bei Tagesanbruch vor dem Tor halten sollten, so hätte ich vor Grimm die Fesseln zerreißen mögen; leider aber waren sie zu fest!
    Ich hatte Halef wegen seiner Unvorsichtigkeit ausgezankt; jetzt war ich selbst viel dümmer gewesen; ich war in eine außerordentlich plumpe Falle gerannt. Daß meine Gutherzigkeit daran die Schuld trug, konnte mir weder zur Entschuldigung noch zum Trost gereichen. Es galt jetzt, Geduld zu haben, das Kommende kaltblütig abzuwarten und jede Gelegenheit des Entkommens energisch beim Schopf zu ergreifen.
    Da, jetzt kamen die vier Menschen wieder. Ohne ein Wort zu sagen, banden sie mir ein dick zusammengelegtes Tuch um den Mund; man wickelte mich in einen alten Teppich und schleppte mich fort. Wohin, das konnte ich natürlich nicht sehen.
    Der Atem wollte mir vergehen. Das Tuch stank nach Knoblauch und nach allen möglichen Hexenkesselingredienzien. Ich schnappte nach Luft und fand doch keine. So muß es einem lebendig Begrabenen zu Mute sein, wenn er die ersten Schaufeln Erde auf den Sarg fallen hört. Diese Menschen schienen gar nicht an die Möglichkeit gedacht zu haben, daß ich unter dem Tuch und unter dem fauligen

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