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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beides gefunden, das Messer und auch die Flinte.“
    Wir stiegen zu ihm hinab. Er schien also doch ein ehrlicher Mann zu sein.
    „Du wirst uns zum Lager begleiten“, sagte ich.
    „Gern, Herr!“ antwortete er. „Aber mit dem Perser werde ich nicht reden können, denn ich spreche nur Kurdisch und die Sprache der Hagari (Araber).“
    „Redest du das Arabische vollständig?“
    „Ja, ich bin bis an das Meer hinuntergekommen und bis weit zum Phrat hinüber und kenne diese Gegenden und ihre Wege.“
    Ich freute mich dessen, denn es war sehr vorteilhaft für uns, diesen Mann gefunden zu haben. Sein Erscheinen erregte am Lagerfeuer Aufsehen; den meisten Eindruck aber machte es auf Amad el Ghandur, der sich bei dem Anblick des Kurden sofort aus seiner geistigen Erstarrung emporraffte.
    Der junge Haddedihn-Scheik hielt den Soran-Kurden für einen Bebbeh und fuhr mit der Hand nach dem Dolch. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und sagte ihm, der Fremde sein ein Feind der Bebbeh und stehe unter meinem Schutz.
    „Ein Feind der Bebbeh! Kennst du sie und ihre Wege?“ fragte er nun hastig den Soran-Kurden.
    „Ich kenne sie“, antwortete der Mann.
    „So werde ich weiter mit dir reden.“
    Nach diesen Worten drehte sich Amad el Ghandur um und nahm wieder bei der Leiche Platz. Ich aber erklärte dem Perser das Zusammentreffen mit dem Soran-Kurden, und er war damit einverstanden, daß dieser Mann in unserm Lager bleiben dürfe.
    Einige Zeit später kehrten die Nuker (Reitknechte) zurück und meldeten, daß die Bebbeh eine ziemliche Strecke gegen Süden geritten seien und sich dann auf einem Umweg rechts nach den Hügeln von Merivan zurückgewendet hätten. Wir durften nun wohl nichts mehr von ihnen befürchten, und die Perser begaben sich zur Ruhe, nachdem die nötigen Vorsichtsmaßregeln von ihnen und von uns gemeinschaftlich getroffen worden waren.
    Ich suchte Amad el Ghandur auf und bat ihn, auch sich Ruhe zu gönnen.
    „Ruhe?“ antwortete er. „Emir, Ruhe hat nur einer: dieser Tote hier. Leider wird er nicht ruhen in den Grabstätten der Haddedihn, in die Erde gebettet von den Kindern seines Stammes, die ihn beweinen; er wird liegen in dieser fremden Erde, über der der Fluch Amad el Ghandurs schwebt. Er war ausgezogen, mich zur Heimat zu bringen. Glaubst du, daß ich diese Heimat wiedersehen werde, ohne seinen Tod zu rächen? Ich habe beide gesehen; den, der ihn stach, und auch den, der ihm die Kugel in die hohe Stirn trieb. Sie sind beide entkommen, aber ich kenne sie und werde sie zum Scheïtan senden!“
    „Ich begreife deinen Zorn und verstehe deinen Schmerz; aber ich bitte dich, die Klarheit deines Auges zu bewahren. Du willst den Bebbeh nachreiten, um den Tod deines Vaters zu rächen. Hast du überlegt, was das heißt?“
    „Die Thar, die Blutrache, gebietet es, und ich habe zu gehorchen. Du bist ein Christ, du begreifst uns nicht, Emir.“
    Er schwieg eine Weile, dann fragte er:
    „Wirst du mich begleiten, Emir, zur Verfolgung der Bebbeh?“
    Ich verneinte, und er senkte das Haupt mit den Worten: „Ich wußte, daß Allah eine Erde geschaffen hat, auf der es keine wahre Freundschaft und Dankbarkeit gibt.“
    „Du hast wohl nur eine falsche Ansicht von Freundschaft und Dankbarkeit“, erwiderte ich. „Denke zurück, so wirst du mir zugestehen, daß ich ein wahrer Freund deines Vaters gewesen bin, und dafür solltest du mir dankbar sein. Ich bin bereit, dich mit Gefahr meines eigenen Lebens nach den Weideplätzen der Schammar zu begleiten; aber eben als dein Freund muß ich dich abhalten, dich in eine Gefahr zu begeben, in der du notwendigerweise umkommen wirst.“
    „Ich sage noch einmal: du bist ein Christ und du redest und handelst wie ein solcher. Selbst Allah will, daß ich den Vater räche, denn er hat mir heut abend durch dich die Gelegenheit dazu gesendet. Jetzt bitte ich dich, mich allein zu lassen!“
    „Ich erfülle dir diesen Wunsch, fordere aber von dir, daß du nichts unternimmst, ohne es vorher mit mir besprochen zu haben.“
    Er wandte sich ab und antwortete nicht. Ich ahnte, daß er einen Entschluß gefaßt habe, an dessen Ausführung er von mir gehindert zu werden fürchtete, und ich beschloß, ihn sorgfältig zu beobachten.
    Als ich am andern Morgen erwachte, saß er noch immer an derselben Stelle; aber der Soran-Kurde befand sich bei ihm, und sie sprachen sehr angelegentlich miteinander. Auch die anderen waren bereits munter. Der Perser saß neben dem Tachterwahn und sprach mit den

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