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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schwester des Persers. Sie haben eine alte Dienerin, die dort beim Tachterwahn kauert und immer Datteln kaut.“
    „Und der Perser selbst? Was ist er?“
    „Ich weiß es nicht; der Diener sagt es nicht; es muß ihm verboten sein, den Stand seines Herrn zu verraten, und ich denke …“
    „Halt!“ unterbrach ich ihn. „Horch einmal!“
    Wir hatten uns so weit vom Lager entfernt, daß das Geräusch desselben nicht mehr zu hören war; darum herrschte die tiefste Stille ringsumher. Während der letzten Worte Halefs nun war es mir, als ob ich einen mir sehr wohlbekannten Laut gehört hätte. Wir blieben lauschend stehen. Ja, wirklich, jetzt war der zornige Anschlag deutlich zu hören, mit dem der Windhund zu melden pflegte, daß er einen Feind gefaßt habe. Aber die Richtung, aus der dieser Ton kam, blieb ungewiß.
    „Dojan!“ rief ich laut. Auf diesen Ruf erhielt ich eine sehr deutliche Antwort; sie kam aus den Büschen, die den Abhang bedeckten. Wir klommen langsam empor. Zur sicheren Orientierung rief ich zuweilen den Hund, der dann stets antwortete. Zuletzt vernahmen wir das kurze, pfeifende Winseln, mit dem er seine Freude zu erkennen zu geben pflegte; das führte uns vollends zu ihm. Ein Kurde lag am Boden, und über ihm stand der wackere Hund, zum tödlichen Biß bereit. Ich beugte mich nieder, um den Mann zu betrachten. Ich konnte seine Züge nicht erkennen, aber die Wärme seines Körpers bewies mir, daß er lebte, obgleich er es nicht wagte, sich zu rühren.
    „Dojan, zurück!“
    Der Hund gehorchte, und ich gebot dem Kurden, sich zu erheben. Er tat es unter einem schweren, tiefen Atemzug, der mir bewies, daß er eine nicht gewöhnliche Angst auszustehen gehabt hatte. Ich stellte nun ein Verhör mit ihm an, und er nannte sich einen Kurden vom Stamm der Soran. Da ich wußte, daß die Soran Todfeinde der Bebbeh sind, so argwöhnte ich, er sei ein Bebbeh und gebe sich für einen Soran aus, um sich zu retten.
    Darum fragte ich: „Wie kommst du hierher und in diese Lage, wenn du ein Soran bist?“
    „Du scheinst ein Fremdling in diesem Land zu sein“, erwiderte er, „da du so fragen kannst. Die Soran waren groß und mächtig. Sie wohnten im Süden der Bulba, die aus den vier Stämmen der Rummok, Manzar, Piran und Namash bestehen, und hatten ihren Hauptort in Harir, der besten Residenz von Kurdistan. Aber Allah nahm die Hand von ihnen, so daß ihre Macht von ihnen ging, um sich ihren Feinden zuzuwenden. Ihr letztes Banner hatten sie in der Gegend von Keuy Sandschiak aufgeschlagen; da kamen die Bebbeh und rissen es zu Boden. Ihre Herden wurden geraubt, ihre Frauen und Mädchen fortgeführt und ihre Männer, Jünglinge und Knaben getötet. Nur wenige retteten sich, um sich in alle Welt zu zerstreuen oder in der Einsamkeit zu verbergen. Zu diesen letzteren gehöre ich. Ich wohne da oben zwischen den Felsen; mein Weib ist tot, meine Brüder und Kinder sind ermordet; ich habe nicht einmal ein Pferd, ich habe nur mein Messer und meine Flinte. Heute hörte ich Schüsse fallen und stieg hernieder, um dem Kampf zuzuschauen. Ich sah meine Feinde, die Bebbeh, und griff zu meiner Flinte. Hinter den Bäumen versteckt, habe ich mehr als einen niedergeschossen; du kannst meine Kugeln noch in ihren Leibern finden. Ich tötete sie aus Haß und weil ich mir ein Pferd erkämpfen wollte. Da bemerkte dieser Hund die Blitze meines Gewehres und hielt mich für einen Feind. Er griff mich an. Das Messer war mir entfallen, und das Gewehr war noch nicht wieder geladen. Ich versuchte, ihn mit dem Lauf der Flinte von mir abzuhalten, und ich wich zurück; er aber warf mich endlich doch zu Boden. Ich sah, daß er mich zerreißen würde, wenn ich es wagte, eine Bewegung zu machen, und so blieb ich bis jetzt ruhig liegen. Es waren fürchterliche Stunden!“
    Dieser Mann sprach die Wahrheit; das hörte ich; aber ich mußte dennoch vorsichtig sein.
    „Willst du uns deine Wohnung zeigen?“ fragte ich.
    „Ja. Es ist eine Hütte aus Moos und Zweigen, mit einem Lager aus Gras und Blättern; weiter seht ihr nichts.“
    „Wo ist dein Gewehr?“
    „Es muß hier in der Nähe liegen.“
    „Suche es!“
    Er entfernte sich suchend, während wir beide stehen blieben.
    „Sihdi“, flüsterte Halef, „er wird entfliehen.“
    „Ja, wenn er ein Bebbeh ist. Ist er jedoch wirklich ein Soran, so wird er wiederkommen, und dann dürfen wir ihm vertrauen.“
    Wir brauchten nicht lange zu warten, so rief es von unten:
    „Kommt herab, Herr! Ich habe

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