Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Weide; komm weiter!“
    Nach einer Viertelstunde zeigte der Fluß eine fast dreifache Breite gegen früher, und sein infolgedessen seichteres Wasser bildete ein Furt, die sehr leicht zu passieren war. Hier blieb der Mirza stehen und deutete auf eine junge Birke, die kurz unterhalb ihrer Krone abgeknickt war.
    „Vielleicht hälst du das auch für ein Zeichen?“ sagte er lächelnd.
    Ich untersuchte das Bäumchen.
    „Allerdings ist es ein Zeichen. Sieh das Stämmchen an, meinetwegen auch die Stämme der anderen Bäume, die in der Nähe stehen; betrachte ferner die Richtung der Höhen hier, und du wirst finden, daß allein der Westen die Windseite dieses Platzes sein kann. Kein Nord-, Süd- oder Ostwind kann hier so stark sein, daß er die Krone dieses schlanken Bäumchens bricht. Und doch ist sie gebrochen, und zwar so, daß sie nach Westen zeigt. Fällt dir das nicht auf?“
    „Allerdings, Emir!“
    „Und nun sieh die Bruchfläche an! Sie ist noch hell, sie kann nur aus der Zeit stammen, in der ihr hier vorüberkamt. Auch hatte es in den letzten Tagen keinen Sturm gegeben, der mächtig genug gewesen wäre, diese Knickung hervorzubringen. Die Krone zeigt nach West, die Richtung, die ihr eingeschlagen habt! Komm weiter!“
    „Sollen wir schwimmen?“
    „Schwimmen? Warum?“
    „Wir sind hier über die Furt herübergekommen.“
    „Vielleicht ist das Schwimmen gar nicht nötig, denn der Fluß ist seicht. Laß uns hinüberwaten, und du wirst sehen, daß wir genau an der Stelle, an der ihr in das Wasser rittet, wieder Zeichen finden werden.“
    Wir banden unsere Kleider in ein Bündel, das wir auf dem Kopf trugen. Das Wasser ging uns bald nur über die Knie, bald etwas höher; nur einmal erreichte es meine Achseln. Drüben angekommen, mußte sich Mirza sogleich von der Richtigkeit meiner Vermutung überzeugen, denn es waren mehrere wilde Traubenranken so zusammengebogen und verbunden, daß sie eine Toröffnung versinnbildlichten.
    „Hatte hier Saduk Zeit, das zu tun?“ fragte ich.
    „Ja. Ich besinne mich, daß die Kamele nicht in das Wasser wollten; wir hatten viele Mühe mit ihnen. Saduk ließ sein Pferd zurück, um eines der Kamele hinüberzubringen, und kehrte dann allein zurück, um sein Pferd nachzuholen.“
    „Wie schlau! Glaubst du mir noch immer nicht?“
    „Emir, ich beginne allerdings, dir beizustimmen. Aber was wird er in der Ebene, wo es nur Gras gab, für Zeichen gemacht haben?“
    „Auch das werden wir erfahren. Aus welcher Richtung seid ihr an diese Stelle gekommen?“
    „Vom Aufgang der Sonne. Da drüben ist – o, Emir was ist das?“
    Er deutete nach Ost – ich folgte der Richtung seines Armes und gewahrte eine dunkle Linie, die sich uns in grader Richtung zu nähern schien.
    „Sind das Reiter?“ fragte der Perser.
    „Allerdings. Schnell, wieder über das Wasser hinüber, denn auf dieser Seite gibt es kein Versteck für uns; drüben aber haben wir Felsen und ein dichtes Gebüsch!“
    Der Rückmarsch war rasch ausgeführt, und nun suchten wir uns ein sicheres Versteck, wo wir die Nahenden leicht beobachten konnten. Erst hier fanden wir Zeit, die Kleider wieder anzulegen.
    „Wer mögen diese Leute sein?“ fragte der Mirza.
    „Hm! Jedenfalls ist hier kein Handelsweg; aber die Furt könnte doch auch anderen bekannt sein. Wir müssen eben warten.“
    Die Reiter kamen im Schritt näher und erreichten das jenseitige Ufer. Sie waren jetzt so nahe, daß wir die Gesichter zu unterscheiden vermochten.
    „Derigh!“ (O wehe!) flüsterte der Perser. „Es sind persische Truppen!“
    „Auf türkischem Boden?“ fragte ich zweifelnd.
    „Du siehst ja, daß sie die Kleidung der Beduinen tragen!“
    „Sind es Ihlats (Ihlats werden aus den Wanderstämmen, Milizen aber aus den Bewohnern der Städte rekrutiert) oder Milizen?“
    „Ihlats. Ich kenne den Anführer; er war mein Untergebener.“
    „Was ist er?“
    „Es ist der Susbaschi (Befehlshaber von 500 Mann = Hauptmann) Maktub Agha, der verwegene Sohn von Ejub Khan.“
    Wir sahen sehr genau, daß der Anführer die Weinranke scharf betrachtete; dann sprach er zu seinen Leuten, deutete auf die Ranke und führte sein Pferd in das Wasser. Die anderen folgten.
    „Herr“, flüsterte der Perser in tiefer Erregung, „du hattest in allem recht. Diese Leute sind abgeschickt, um mich zu ergreifen. Dort ist auch der Pendschahbaschi (Lieutenant, Befehlshaber von 50 Mann) Omram, der der Brudersohn von Saduk ist. Allah, wenn sie uns hier träfen! Dein Hund

Weitere Kostenlose Bücher