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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mindesten bange zu sein brauchte. Sie machten sich ein riesiges Feuer an, mengten Mehl und Flußwasser zu einem dicken Brei, der in den Händen gequetscht, gedrückt und gerollt und dann auf den Lanzenspitzen über das Feuer gehalten wurde. Das war das Brot, das sie in noch halb rohem und in halb verbranntem Zustand zerrissen und heißhungrig verschlangen. Wie hätte diesen Vaterlandsverteidigern eine Portion Erbswurst gemundet!
    Dies war ihre ganze Abendmahlzeit.
    Als die Dämmerung hereinbrach, leierten sie ihr Gebet ab und rückten dann dem Feuer näher, um sich ihre Märchen aus ‚Tausend und eine Nacht‘ zum tausend und ersten Mal zu erzählen. Ich sah ein, daß ich hier so ziemlich überflüssig sei, und schlich geräuschlos zum Lager hinauf. Dort brannte kein Feuer, ein jeder saß vollständig kampfbereit an seinem Platz. Saduk lag noch zwischen Halef und dem Engländer. Man hatte seine Fesseln verdoppelt und ihm auch einen Knebel gegeben.
    „Wie steht es, Emir?“ fragte der Mirza.
    „Gut“, antwortete ich.
    „Sind sie fort?“
    „Nein.“
    „Wie kann es dann gut stehen?“
    „Weil diese Ihlats samt ihrem fürchterlichen Maktub Agha die größten Nadanan (Dummköpfe) sind, die ich gesehen habe. Wenn wir uns während der Nacht ruhig verhalten, so werden sie in der Frühe abziehen, ohne uns im geringsten zu belästigen. Halef, kannst du mit deinem Bein hinunter?“
    „Ja, Sihdi.“
    „So übergebe ich sie dir, denn auf dich kann ich mich am besten verlassen. Du bleibst unten, bis ich dich ablöse.“
    „Wo wirst du mich suchen?“
    „Sie haben ein Feuer, und grad oberhalb desselben steht eine alte, verkrüppelte Pinie. An ihrem Stamm werde ich dich treffen.“
    „Ich gehe schon, Sihdi. Die Flinte lasse ich hier; sie ist mir im Weg. Mein Messer ist scharf und spitz, und wenn einer dieser Dummköpfe es wagen wollte, heraufzusteigen, so soll er unten in der Dschehennah an Hadschi Halef Omar denken! Allahi, wallahi, tallahi, ich habe es gesagt!“
    Er huschte leise fort. Sein Nachbar, der Engländer, faßte mich am Arm.
    „Master, wo bleibt denn Euer Verstand? Ich sitze hier und verstehe kein Wort. Ich weiß, daß da unten ein Haufen Perser sitzt, aber weiter nichts. So rückt doch heraus mit der Sprache!“
    Ich erklärte ihm in Kürze den ganzen Vorgang, und dennoch dauerte dem Mirza diese Auseinandersetzung zu lange. Er unterbrach mich mit der Frage:
    „Emir, darf ich die Ihlats nicht einmal sehen?“
    „Kannst du dich geräuschlos über Wurzeln und Laub, durch Äste und Zweige bewegen?“ lautete meine Gegenfrage.
    „Ich glaube es und werde vorsichtig sein.“
    „Hast du gelernt, Husten und Niesen unbedingt zu unterdrücken?“
    „Das ist unmöglich!“
    „Es ist nicht unmöglich; es ist nicht einmal schwer, wenn man sich darin gehörig geübt hat. Aber wir wollen es wagen; vielleicht können wir sie belauschen und etwas Wichtiges hören. Wenn dir ein Reiz in die Kehle oder Nase kommt, so lege den Mund fest auf die Erde und bedecke den Kopf. Wer einen andern beschleichen will, darf nie durch die Nase Atem holen; dann ist das Niesen ausgeschlossen. Wer in der Nähe eines Feindes husten muß, der huste mit eingehülltem Kopf in die Erde hinein und ahme dabei, wenn es Nacht ist, den Ruf des Uhu nach. Ein echter, erfahrener Schekarji (Jäger) aber wird nie husten oder niesen. Komm!“
    Ich schlich voran, und er folgte mir. Ich suchte ihm alles aus dem Wege zu räumen, was ihm hinderlich sein konnte, und so kamen wir seitwärts von Halefs Standpunkt glücklich unten am Stamm des Gebüsches an, wo wir uns leicht im tiefen Schatten der Sträucher verbergen konnten. Nur zwölf Schritte von uns entfernt loderte das Feuer. Die beiden Offiziere saßen ganz in der Nähe desselben, und die andern bildeten einen Dreiviertelkreis um die Flamme. Hier und da fiel der flackernde Schein derselben auf die Gestalt eines der Pferde, die zerstreut in der Umgegend weideten oder bereits am Boden lagen.
    Hassan Ardschir-Mirza sagte nicht das leiseste Wort; aber ich hörte es seinen Atemzügen an, daß er sich in Aufregung befand. Er war gewiß mutig und in der Führung der Waffen erfahren, aber seine jetzige Lage war eine solche, in der er sich noch nie befunden hatte. Auch mir hatte ja das Herz geklopft, als ich zum erstenmal einen Truppe Sioux belauschte, der ausgezogen war, um mich zu fangen. Jetzt freilich hatte mich die Erfahrung kühler gemacht.
    Die Ihlats schienen überzeugt zu sein, sich ganz allein in

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