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14 - Roman

14 - Roman

Titel: 14 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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aufzuhalten, doch das Terrain war nicht für lange gewonnen: Gleich darauf sah sich die Kompanie wieder zum Rückzug gezwungen, ohne Verstärkung war die Stellung nicht zu halten, und Verstärkung kam nicht. All das hat Anthime erst später rekonstruieren können, als man es ihm erklärte, im Moment selbst begriff er nichts, wie üblich.
    Das war also für ihn und die anderen der erste Kampf, an dessen Ende ein paar Dutzend Männer gefallen waren, darunter Hauptmann Vayssière, ein Adjutant und zwei Furiere, dazu zahlreiche Verletzte, die zu bergen die Krankenträger sich bis nach Einbruch der Nacht bemühten. Auf Seiten der Kapelle war noch einer der Klarinettisten gefallen, Bauchschuss, die große Pauke war samt Instrument über den Haufen geschossen worden, mit durchbohrter Wange, und der zweite Flötist hatte nur noch eine halbe Hand. Als er sich nach dem Kampf gesammelt hatte, stellte Anthime fest, dass sein Essnapf und sein Topf von Schüssen durchbohrt waren, und sein Käppi ebenfalls. Ein Granatsplitter hatte den gesamten oberen Teil von Arcenels Tornister weggerissen, der Tornister war außerdem von einem Projektil durchbohrt worden, das er drinnen wiederfand, es hatte auch seine Jacke zerfetzt. Nach dem Appell stand fest, dass die Kompanie sechsundsiebzig Mann Verlust hatte.
    Ab früh am nächsten Morgen mussten sie wieder sehr viel marschieren, oft durch Wälder, wo sie den feindlichen Ferngläsern, der Draufschau der Flieger und der Fesselballonfahrer weniger ausgesetzt waren, allerdings verstärkte das oft hügelige Gelände Mühe und Müdigkeit. Sie kamen an immer mehr Leichen vorbei, immer mehr liegengebliebenen Waffen und Ausrüstungsgegenständen, sie mussten noch zwei, drei Mal kämpfen, aber das waren zum Glück nur kurze Scharmützel, noch weniger organisiert, aber auch weniger blutrünstig als die erste Auseinandersetzung in Maissin.
    So ging es den ganzen Herbst über, am Ende war das Marschieren zu einem Automatismus geworden, schließlich vergaßen sie beinahe, dass sie marschierten. Was ja auch gar nicht so schlecht war: So war man beschäftigt, der mechanisch geforderte Körper erlaubte es, an etwas anderes zu denken beziehungsweise meist an nichts, doch mussten sie innehalten, als der Krieg mit Wintereinbruch ins Stocken kam. Nachdem sie so lange gegeneinander gezogen waren, bis keine von beiden Seiten mehr ihre Stellung verbessern konnte, musste es irgendwann damit enden, dass sie sich Auge in Auge blockierten: Alles erstarrte in großer Kälte, als würden diese allgemeinen Truppenbewegungen jäh einfrieren, auf einer langen Linie, die sich von der Schweiz bis zur Nordsee erstreckte. Irgendwo an dieser Linie sahen sich auch Anthime und die anderen bewegungsunfähig festgehalten und versanken in einem weiträumigen Netz von durch Laufgräben verbundenen Schützengräben. Dies System war zunächst von den Pionieren ausgehoben worden, dann aber mussten sie es vor allem selbst weiter ausheben, denn die Spaten und Hacken, die sie auf dem Rücken trugen, waren schließlich nicht dazu da, die Seiten des Tornisters zu verzieren. So gruben sie sich hier ein, wobei sie jeden Tag versuchten, je nach Laune ihrer Kommandanten ein Maximum von denen gegenüber zu töten und ein Minimum an Terrain zu gewinnen.

9
    E nde Januar brachte Blanche wie vorhergesehen ein Kind zur Welt, ein Mädchen, 3 Kilo 620 Gramm, Vorname Juliette. Mangels legalen Vaters – eines umso weniger behebbaren Mangels, als derjenige, den alle für den biologischen Vater hielten, ein halbes Jahr zuvor am Ortsrande von Jonchery-sur-Vesle abgestürzt war – gab man ihr den Familiennamen der Mutter. Juliette Borne mithin.
    Dass die Mutter dies Kind unverheiratet ausgetragen hatte, verursachte keinen weiteren Skandal noch allzu viel Gerede. Die Bornes waren relativ liberal: Blanche zeigte sich einfach ein halbes Jahr nicht so oft in der Stadt, dann, nach der Geburt, nannte man den Krieg als Grund für die Verschiebung der Hochzeit, erfand ein Verlöbnis, das nicht stattgefunden hatte, und versuchte, die Illegitimität des Neuankömmlings hinter der flugs zum Helden verklärten Gestalt des angegebenen Vaters vergessen zu machen, dem alle erdenkliche Tapferkeit angedichtet und der dank Monteils Fürsprache posthum mit einer Medaille ausgezeichnet wurde. Obgleich Blanches Vater nach langwierigen Überlegungen bedauerte, ohne das zu erkennen zu geben, dass mangels eines männlichen Erben die Zukunft der Fabrik ungesichert sei, hinderte

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