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14 - Roman

14 - Roman

Titel: 14 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Arbeitshose darüberzog, sei es, dass sie durch eine Cordhose ersetzt wurde. In Sachen Defensivausrüstung hatten sie zunächst Hirnpfannen erhalten, Metallschalen, die unter dem Käppi zu tragen waren, wo sie den Schädel eng umschlossen, einige Wochen später, im Mai – ein Indiz für unerfreuliche technische Neuerungen –, wurden, während man auf einer Wiese biwakierte, individuell anzupassende Utensilien verteilt, Gasschutzkissen und Glimmer-Schutzbrillen, zum Schutz vor Kampfgasen.
    Die Hirnpfanne war unbequem zu tragen, sie verrutschte die ganze Zeit, gar nicht zu reden von dem von ihr verursachten Kopfschmerz, und so erlebte sie keinen ungeteilten Erfolg: Man vergaß immer häufiger, sie zu tragen, und benutzte sie bald ausschließlich zu kulinarischen Zwecken, briet sich ein Ei darin oder verwendete sie als behelfsmäßigen Suppenteller. Anfang September dann, nach den Ardennen und der Somme, als Anthimes Kompanie sich Richtung Champagne bewegte, wurde diese Schale durch einen Helm ersetzt, dem man eine seriösere Wirkung zutraute, dessen erste Modelle jedoch funkelnd blau gestrichen waren. Als man sie erstmals aufsetzte, amüsierte man sich noch herzlich darüber, dass niemand wiederzuerkennen war, so sehr bedeckten sie das Gesicht. Als niemand mehr darüber lachte und sich erwies, dass die Sonne von den Helmen reflektiert wurde, was sie zu attraktiven Zielscheiben machte, schmierte man sie mit Dreck ein wie im Jahr zuvor die Essgeschirre. Ganz ungeachtet der Farbe dieser Helme war man nicht unzufrieden, sie während der Herbstoffensive auf dem Kopf zu haben. Besonders Ende Oktober gab es einen schwierigen Tag, an dem sie nicht überflüssig waren.
    Gleich am frühen Morgen jenes Tages ging ein äußerst brutales Bombardement los: Zunächst feuerte der Feind nur großkalibrige Granaten, 170er und 245er, die die Linien tiefgreifend umpflügten, Erdrutsche verursachten, in denen Unverletzte wie Verwundete verschüttet wurden und rasch unter den Erdmassen erstickten. Anthime wäre fast in einem Loch geblieben, das nach Einschlag einer Bombe kurz darauf in sich zusammenbrach, er entging Hunderten Kugeln, die in weniger als einem Meter Abstand vorbeizischten, und Dutzenden Granaten im Umkreis von fünfzig Metern. Unter dem Hagel zitterte er unkontrolliert und hielt sein Ende für gekommen, als ein durchschlagendes Geschoss noch näher neben ihm einschlug, in einer Bresche des Schützengrabens, die mit Sandsäcken gefüllt war, deren einer, vom Aufschlag aufgeschlitzt und beiseitegeschleudert, ihn fast erschlagen hätte, ihn zugleich aber glücklicherweise vor Splittern schützte. Dies war dann für die gegnerische Infanterie der Zeitpunkt zum Angriff, sie nutzte das allgemeine Durcheinander, die ringsum herrschende Verwirrung und die Unordnung in den französischen Linien für einen massiven Angriff und sorgte auf einen Schlag für Entsetzen in der von Panik ergriffenen Truppe: Alles floh Richtung Etappe und schrie, die Boches kommen.
    Anthime und Bossis robbten auf den nächstbesten Unterstand zu und konnten sich in einer Sappe ein paar Meter unter der Oberfläche verbergen, und zu den Kugeln und Bomben kamen die Gase hinzu: alle Arten blind machender, Blasen verursachender, erstickender Gase, Reiz- und Tränengase, die der Feind sehr freigebig mit Hilfe von Flaschen oder speziellen Giftgasgranaten verteilte, in aufeinanderfolgenden Schichten und immer mit dem Wind. Beim ersten Anflug von Chlorgeruch legte Anthime sein Gasschutzkissen an und überredete Bossis mit Gesten, die Sappe zu verlassen und ins Freie zu klettern: Hier waren sie zwar den Geschossen ausgesetzt, entgingen aber wenigstens diesen heimtückisch tödlichen Dämpfen, die sich auch nach Abzug der Wolke, da sie schwerer als Luft waren, für lange Zeit unten in den Löchern, Schützen- und Laufgräben sammelten.
    Als würde das alles nicht genügen, musste auch noch, kaum dass sie aus ihrem Versteck gekommen waren, ganz in der Nähe dieses Unterstandes ein Nieuport-Kampfflugzeug abstürzen und überm Schützengraben in Fetzen explodieren, was eine Unzahl von Staub- und Rauchlawinen aufstieben ließ – durch die hindurch sie die beiden Flieger brennen sahen, die der Aufprall getötet hatte und die zerschmettert in ihren Sitzen hingen, verwandelt in brutzelnde, von ihren Gurten gehaltene Skelette. Unterdessen brach die Nacht herein, man sah sie aber übrigens in all dem Durcheinander nicht hereinbrechen, und als sie da war, schien für einen

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