14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)
Flöhen.«
»Flöhe brachten 1347 den Schwarzen Tod nach Europa«, steuerte Jasper Taxman bei. »In fünf Jahren tötete die Seuche an die fünfundzwanzig Millionen Menschen.«
»Fröhlich war das damals nicht«, meinte Mr Barlow.
»Trotzdem bitte ich, das differenziert zu betrachten«, sagte Jasper. »Die Pest rief einen Mangel an Arbeitskräften hervor, was die Lebensumstände des kleinen Mannes verbesserte. Ein Arbeiter konnte einen höheren Lohn verlangen, weil nur noch wenige übrig waren, um die Arbeit zu verrichten.«
»Das mag so gewesen sein«, erwiderte Mr Barlow hitzig, »doch würde niemand bei klarem Verstand die Zeit des Schwarzen Todes als fröhlich bezeichnen.«
Die Diskussion wäre womöglich noch Stunden so weitergegangen – meine Nachbarn liebten es abzuschweifen –, hätte Calvin nicht wieder die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, indem er einen alten Schauspielertrick anwandte: Er erhob die Stimme.
»Meine lieben Leute!«, brüllte er. Als alle Augen wieder auf ihn gerichtet waren, fuhr er in ruhigem Ton fort: »Es geht mir nicht um die Geschichte. Es geht mir um die Fantasie – den Traum von England, nicht wie es war, sondern wie es hätte sein sollen. Und ich lade jeden von euch ein, diesen Traum mit mir zu teilen. Am ersten Samstag im Juli um genau zehn Uhr vormittags werden sich für euch die Pforten zu einer neuen Welt öffnen. Und der Name dieser Welt wird lauten …«
Er deutete zum hinteren Teil des Raums, wo die Herolde ein Stoffbanner aufrollten, auf dem in schnörkeligen Lettern stand:
König-Wilfred-Kirmes
Wenn Calvin ausgelassenen Applaus erwartet hatte oder einen Chor ehrfürchtiger Seufzer, wurde er gewiss enttäuscht, denn seine packenden Worte wurden mit beharrlichem Schweigen bedacht und einem allgemeinen Ausdruck des Unverständnisses.
Peggy schien für uns alle zu sprechen, als sie rief: »Was um Himmels willen schwafelst du denn da, Calvin?«
»Ich lade euch ein zu einem Erlebnis, das ihr nie vergessen werdet«, antwortete er, unbeeindruckt von Peggys Unverblümtheit und unseren stieren Blicken. »An acht aufeinanderfolgenden Wochenenden im Juli und August werden König Wilfred und seine getreuen Untertanen ein großes Mittelalterfest mit der ihm eigenen Atmosphäre ausrichten: Musikanten werden auftreten, Akrobaten, Gaukler …«
»So ’ne Art Zirkus?«, fragte Sally Pyne hoffnungsvoll.
»Die König-Wilfred-Kirmes wird viel unterhaltsamer als ein Zirkus sein, Mylady«, sagte Calvin, »Ihr könnt, nein, Ihr sollt selbst an dem Spaß teilhaben. Bei unserer Kirmes wird jeder auf der Bühne mitwirken. Hunderte von …«
»Entschuldigen Sie«, unterbrach Jasper Taxman ihn. »Wer ist dieser König Wilfred, von dem Sie die ganze Zeit reden? Kein britischer Monarch hieß je Wilfred.«
»Ich bin König Wilfred.« Calvin verbeugte sich in Richtung Jasper. »Mein Königreich unterliegt nicht den Zwängen der historischen Fakten, guter Mann. Mein Königreich ist ein Fest der Fantasie. Hunderte schillernder Darsteller werden die gewundenen Gassen der Kirmes bevölkern. Alle werden in historische Kostüme gewandet sein, eine altertümliche Sprache sprechen und Euch auf so fabelhafte, wunderbare Weise unterhalten, dass ich es nicht beschreiben kann.« Calvin schritt den Mittelgang auf und ab und gestikulierte heftig mit den Armen. »Artisten werden ihre Geschicklichkeit demonstrieren, Kunsthandwerker ihre Erzeugnisse feilbieten, Zauberer werden ihre Zauberkünste und …«, er zwinkerte übertrieben, »derbe Dirnen ihre Fertigkeiten unter Beweis stellen! Auf unserem Markt wird man in Hülle und Fülle einzigartige handgemachte Kunstwerke finden: Schmuck, Glas-, Töpfer- und Lederwaren und vieles mehr. Marktstände bieten eine reiche Auswahl an Speisen und Getränken an, Gesang und Tanz werden dargeboten, Ihr werdet Euch in ausgelassener Lustbarkeit und Gepränge ergehen. Und täglich könnt Ihr der atemberaubenden Vorführung eines noblen Reiterspiels beiwohnen, in dem sich Ritter hoch zu Ross im Zweikampf üben!«
»Und du erwartest, dass wir da mitmachen?«, fragte Dick Peacock zweifelnd.
»Ich werde bestimmt auf kein Pferd steigen«, sagte seine Frau kategorisch.
»Gott behüte, gute Frau«, sagte Calvin, und sein Blick streifte Christines üppige Gestalt, »aber Ihr könnt einem edlen Ritter Eure Gunst erweisen, wenn es Euch beliebt. Lasst Euch von den Darbietungen unterhalten und kostet von den Speisen, außerdem könntet Ihr in einem mittelalterlichen
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