14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)
Ich schlug mit der Faust auf die Erde. » Ich bilde mir nichts ein! «
»Nein, nein, natürlich tust du das nicht.« Jinks richtete sich stöhnend auf und streckte mir beschwichtigend eine Hand entgegen. »Aber wer sollte unserem fröhlichen Monarchen Schaden zufügen wollen? Cal ist der beste Chef der Welt. Jeder liebt ihn.« Er ließ die Hand sinken, und seine Stimme wurde zu einem gönnerhaften Schnurren. »Wäre es möglich, dass du ein bisschen zu viel in die Dinge hineininterpretierst?«
»Es … wäre möglich«, gestand ich steif.
»Die Säge zum Beispiel«, fuhr er fort. »Ist es tatsächlich so verwunderlich, dass du sie gehört hast? Die Bauarbeiter waren die ganze Nacht damit beschäftigt, an verschiedenen Stellen letzte Hand anzulegen. Die Farbe am Torhaus war noch feucht, als die Eröffnungszeremonie begann, und der Wehrgang war alles andere als fertig. Die Brüstungsteile wurden durch provisorische Streben gestützt. Calvin hätte wissen müssen, dass er sich nicht mit seinem Gewicht darauflehnen konnte.«
»Alle Brüstungsteile waren lose?«, sagte ich und runzelte zweifelnd die Stirn. »Du hast mir doch erzählt, dass der Wehrgang absolut sicher sei.«
»Ich wollte nicht, dass du deinen ersten Tag auf der Kirmes damit verbringst, dir Sorgen zu machen, ob das Torhaus hält oder jeden Augenblick in sich zusammenstürzen könnte. Die Wahrheit ist, dass einige Arbeiten noch in Gang waren.«
»Aber die Sache mit der Quintana ist eine ganz andere«, sagte ich. »Jemand könnte das Seil manipuliert haben, nachdem die Ritter zur Eröffnungszeremonie gegangen waren und der Turnierplatz verlassen dalag.«
»Der Turnierplatz liegt nie verlassen da.« Jinks lächelte nachsichtig. »In der Nähe des Zeltes hält sich immer eine Schar Mädchen auf, die auf die Gelegenheit warten, mit den Knappen, Soldaten oder Rittern zu flirten. Tödliche Waffen scheinen sie magisch anzuziehen.«
»Mein Mann hat nichts von einer Schar junger Mädchen erwähnt«, sagte ich.
»Ein weiser Mann«, murmelte Jinks.
»Wie meinst du das?«
»Ehefrauen sind nicht immer begeistert, wenn es um Groupies geht«, sagte er vorsichtig und blickte gen Himmel.
»Oh«, sagte ich, während ich mir Bills Strumpfhose in Erinnerung rief. »Ich verstehe.«
»Wie auch immer«, fuhr Jinks rasch fort, »eine Quintana gäbe eine höchst unzuverlässige Waffe ab. Es ist nicht möglich vorauszuberechnen, wann genau das Seil reißt; es müsste genau im richtigen Augenblick nachgeben, damit der Sandsack auf ein bestimmtes Ziel zuschießt. Ich wüsste nicht, wie man das bewerkstelligen sollte.«
»Vielleicht will der Saboteur dem König nur Angst einjagen.«
»Niemand hat versucht, den König zu ängstigen«, sagte Jinks bestimmt. »Als wir die Transportkiste untersuchten, in der das Seil ankam, haben wir mehrere Nägel entdeckt, die nicht vollständig im Holz steckten. Die Enden ragten ein gutes Stück in die Kiste hinein. Niemand hat das Seil angeschnitten, Lori. Es wurde während des Transports in einer notdürftig zusammengenagelten Kiste beschädigt.«
»Und was ist mit der Kanone?«, fragte ich.
Jinks schürzte seine schiefen Lippen. »Wir glauben, dass sich jemand einen Spaß erlaubte. Einen dummen, gefährlichen Spaß, aber eben einen Spaß.«
Ich runzelte die Stirn. »Du hast mir gerade erzählt, dass ›Rennies‹ nicht dazu neigen, Risiken einzugehen.«
»Wir glauben nicht, dass ein Mitglied unserer Truppe dafür verantwortlich ist«, sagte er grimmig. »Zwei halbwüchsige Jungen – Kirmesbesucher, keine Mitarbeiter – wurden gestern Nachmittag in der Nähe der Kanone gesehen. Man hat sie aufgefordert zu verschwinden, aber möglicherweise sind sie später wieder zurückgekommen. Wir vermuten, dass sie es waren, ein Lausbubenstreich.« Er nahm sich ein Stück Honigkuchen. »Im Übrigen war nicht der König die Zielscheibe. Wäre jemand dabei verletzt worden, wäre es das Artillerieteam gewesen. Glücklicherweise sind sie zu gewissenhaft, um eine Feuerwaffe in Gang zu setzen, ohne sie vorher zu inspizieren.«
Wir schwiegen eine Weile. Während Jinks genüsslich sein Dessert aß, ließ ich mir seine Argumente durch den Kopf gehen. Ich hätte sie durchaus als beruhigend empfunden, wenn er wirklich für alle Ereignisse eine Erklärung geliefert hätte, aber das war augenscheinlich nicht so. Im Gegensatz zu der verbreiteten Meinung war König Wilfred nicht überall beliebt. Er hatte zumindest einen Todfeind. Mochte auch das gesamte
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