1402 - Das Vampir-Puzzle
Haut wie möglich zwischen ihre Zähne bekommen, damit kein Tropfen des kostbaren Safts verloren ging.
Die Spitzen der Zähne hackten in die Ader hinein. Sie wurde aufgerissen, das Blut sprudelte hervor und spritzte in Justines Mund.
Dabei hatte sie Rita eng gegen sich gepresst. Sie spürte die weiche, nackte Haut, das Blut lief in ihre Kehle und würde von der Hungrigen geschluckt.
Der erste Schluck – und der Schrei!
Nicht von Rita ausgestoßen, sondern von Justine. Ihr Kopf zuckte zurück. Sie schüttelte den Kopf und gab der Frau einen Stoß, der sie zurücktrieb.
Rita prallte gegen die Wand. Sie gab einen Klagelaut ab, aber mehr geschah nicht. Sie kümmerte sich auch nicht um den roten Saft, der aus der Wunde an ihrem Hals rann.
Justine spie das Blut aus. Sie keuchte dabei, krümmte und schüttelte sich. Ihr Gesicht war verzerrt, und tief in der Kehle entstand ein Krächzen, das über ihre Lippen drang und davon zeugte, wie sehr sie unter den Umständen litt.
Mit dem Handrücken wischte sie über ihre Lippen, bevor sie sich halb aus der gekrümmten Haltung erhob und sich langsam umdrehte, sodass sie Saladin im Blickfeld hatte.
Was sie in ihrem Mund spürte, konnte sie nicht einmal genau sagen. Es war ein bitterer und widerlicher Geschmack, wie sie ihn bei einem Bluttrank noch nie erlebt hatte. In den ersten Sekunden war der Schock so groß gewesen, dass sie nicht dazu gekommen war, richtig nachzudenken, was sich nun allerdings änderte und sie zu der einzig richtigen Erkenntnis brachte.
Das Blut der Person war verseucht gewesen!
Und Saladin hatte es gewusst!
Als sie daran dachte, ging es ihr zwar nicht unbedingt besser, aber sie wusste jetzt, wo sie den Feind zu suchen hatte. So richtete sie sich wieder ganz auf und starrte dem Hypnotiseur ins Gesicht.
Dessen Mund noch immer zu einem Grinsen verzogen. Diesmal sah Justine es als überheblich und wissend zugleich an. Er freute sich darüber, dass es ihm gelungen war, sie reinzulegen. Er hatte ihr ein Opfer präsentiert und ihr dann bewiesen, dass er bestimmen konnte, was sie trank oder nicht.
Justine Cavallo zitterte vor Wut und musste sich die Frage gefallen lassen: »Hat es dir nicht geschmeckt?«
Sie brauchte einige Sekunden, um ihm Antwort zu geben.
»Es war verseucht, nicht wahr?«
Der Hypnotiseur hob die Schultern. »Wie man es nimmt. Es kann verseucht gewesen sein, muss aber nicht. Aber ich kann dich beruhigen. Es war das Blut einer Hexe. Ja, Justine, Cavallo, du hast Hexenblut getrunken. Genau das!«
Sie fasste es nicht. Oder doch? War sie vielleicht zu naiv gewesen?
Sie machte sich Vorwürfe. Sie hätte wissen müssen, dass Saladin sie reinlegen würde. Er stand nicht auf ihrer Seite. Er gehörte zu Mallmann, aber er war ein Mensch, und in seinen Adern floss ebenfalls das Blut eines Menschen und nicht das einer Hexe.
Als ihr dieser Gedanke gekommen war, nahm ihr Blick einen anderen Ausdruck an. Er wurde lauernd, was sie eigentlich nicht wollte, aber in diesem Fall wurde sie wieder von Emotionen überwältigt, und das merkte auch Saladin.
Bevor er sprach, lachte er wieder überheblich. »Ich weiß genau, was du denkst, Justine. Ja, ich kann deine Gedanken lesen. Aber hüte dich davor, mich mit einem normalen Menschen zu vergleichen, auch wenn in meinen Adern menschliches Blut fließt.«
»Ich habe schon verstanden. Aber ich frage mich, weshalb du gekommen bist. Wolltest du mir den Appetit auf meine Nahrung verderben? Bist du deshalb hier?«
»Nein, nicht nur.«
»Was ist es dann?«
Saladin reckte das Kinn vor. Dann sagte er mit halblauter Stimme:
»Er will dich sehen!«
»Wer ist er?«
»Frag nicht so. Es gibt nur einen.«
Da wusste sie Bescheid. »Mallmann, nicht wahr?«
»Ja.«
Justine stand jetzt wieder unter Druck und flüsterte: »Wo steckt er?«
»Hier in deinem Haus. Er wartet auf dich.«
»Ich habe ihn nicht gesehen.«
»Du hast auch nicht überall nachgeschaut. Wenn wir beide nach unten gehen, wirst du ihn zu Gesicht bekommen. Er möchte gern mit dir reden.«
Justine wusste nicht, ob Saladin die Wahrheit gesprochen hatte. Sie traute ihm nicht mehr und sagte: »Gut, wenn er dort unten auf mich wartet, dann kann er sicherlich auch zu uns kommen.«
»Könnte er. Aber wir gehen zu ihm.«
Erneut keimte Misstrauen in Justine auf. Sie war schon einmal reingelegt worden, und sie wollte nicht noch einen zweiten Reinfall erleben. Deshalb stemmte sie sich auch gegen den Vorschlag und blieb dabei, dass er zu ihr kommen
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