1406 - Barriere im Nichts
galten sie Amica und der kleinen Tarni. „Hier will dich jemand am Video sprechen!"
Er ließ mürrisch das Vielzweckwerkzeug fallen, mit dem er soeben eine Verschalung hatte lockern wollen, und ging zum Schirm. „Ich bin Quando. Was gibt es?"
Das Gesicht auf dem Video war großflächig und wenig aussagekräftig. Ein weißer Haarschopf und rote Augen wiesen sein Gegenüber als reinrassigen Arkoniden aus. „Mein Name ist Rumess, wir kennen uns noch nicht. Können wir heute nach Beendigung deiner Schicht miteinander reden?"
„Worum geht es?" wollte Quando mißtrauisch wissen. „Das kann ich am Video nicht sagen.
Aber es ist besser für dich, wenn du ein paar Minuten Zeit hast."
„Also gut... Dann nach Schichtende, wie du willst." Die Stimme des Arkoniden hatte irgendwie unterschwellig drohend geklungen, und Quando hatte nicht den Mut gehabt, ihm abzusagen. „Wir treffen uns um 1630 Bordzeit in der Medoabteilung, du kannst dich leicht zu mir durchfragen."
Der mißlungene Vorstoß in die Milchstraße war jetzt einen Tag her.
Irgendwo im Innern seines Denkens hatte Quando immer die Hoffnung gehegt, Amica und Tarni könnten durch einen unwahrscheinlichen Zufall noch am Leben sein, er könnte sich zu ihnen durchkämpfen und bei ihnen bleiben, wenn er nur hartnäckig genug vorginge. Vielleicht war es so. Ein Zufall, der sie hatte treffen können, mochte ebensogut den beiden widerfahren sein. „Es ist nicht wahr", murmelte er. „Es kann nicht sein."
Er nahm das Vielzweckwerkzeug auf und überprüfte die Verteilerschaltung unterhalb der Verschalung. Alles war in Ordnung, und er hatte es nicht anders erwartet. Darin lag der hauptsächliche Vorteil seiner hohen Qualifikation; Dinge, für deren Wartung er die Verantwortung trug, funktionierten auch.
Die zwei Stunden bis Schichtende verstrichen quälend langsam. Es war einer dieser schlimmen Tage, die er seit der Nachricht von den 695 verlorenen Jahren immer wieder erlebt hatte. Er schlief kaum noch ohne Mittel und hatte Depressionen. „Kann ich dich einen Augenblick sprechen?"
Hinter ihm stand Valerie. Sie trug einen sauberen blauen Overall mit ausgebeulten Taschen, in denen sie kleine Meßgeräte mit sich führte. Ihre Haare waren kurzgeschnitten und hellbraun, die Augenbrauen etwas dunkler. Manchmal glaubte Quando, daß ihr Gesicht ein wenig Tarnis ähnelte - doch es war ganz sicher ein Irrtum, weil die Züge einer erwachsenen Frau nicht aussehen konnten wie die eines Kindes. „Da bist du heute schon der zweite", gab er sarkastisch zurück. „Allmählich ist mein Bedarf für diese Woche gedeckt."
Valerie ließ sich nicht abschrecken. „In den letzten Tagen bist du ziemlich verschlossen", begann sie. „Du machst ständig finstere Miene und starrst ins Leere, und das bereitet mir Sorge, verstehst du? Sicher, der Vorstoß in die Milchstraße ist nicht geglückt. Aber zu einem späteren Zeitpunkt ..."
„Glaubst du denn", unterbrach er hart, „daß sie überhaupt in die Milchstraße vorstoßen wollten?"
Valerie schaute ihn eine Weile ungläubig aus großen Augen an. „Und ob! Quando, du entwickelst eine handfeste Neurose. Es wird schon klappen, früher oder später, das kannst du mir glauben."
„Aber deshalb wolltest du doch nicht mit mir reden."
„Nein, du hast recht." Er bemerkte erstmals, wie groß und braun ihre Augen waren, noch dunkler als die Augenbrauen.
Sie fuhr fort: „Ich habe einen Vorschlag.
Wie wäre es, wenn wir die Ruhezeit heute abend gemeinsam verbringen?"
„Valerie..."
„Du kannst nicht nein sagen!"
„Na gut, ich werde es mir überlegen. Ich sage dir Bescheid, okay?" Er hatte nicht im mindesten die Absicht, auf die Art seine Freizeit zu vertun, und mit dieser hinhaltenden Antwort war er sie zumindest los. Sie würde ja merken, daß sein Anruf nicht kam.
Nach Schichtende schlug er als erstes den Weg zur Medoabteilung ein. Ein öffentliches Terminal wies ihm den Weg zu Rumess' Behandlungszimmer. Es handelte sich um einen kleinen, geschmackvoll eingerichteten Raum, dessen medizinische Anlagen sämtlich verborgen waren. Nur bei Bedarf würde der Arkonide mit ein paar Handgriffen alles Nötige zum Vorschein bringen. „Ah, da bist du ja", begrüßte ihn der andere, der konzentriert vor einem Lesegerät gesessen hatte. „Ich bin froh, daß du zu mir kommst und wir die Angelegenheit nicht anders regeln müssen."
„Welche Angelegenheit? Ich wüßte nicht, daß wir miteinander etwas zu tun hatten."
„Das habe ich schon bei
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