1408 - Ein Tropfen Ewigkeit
hinter einer Säule hervor. Die Kapuze trug sie tief ins Gesicht gezogen und hatte zusätzlich einen lichtschluckenden Schleier davor. „Verfolgst du mich?" herrschte sie ihn mit der heiseren Stimme an, die er von dem Telefongespräch her kannte. „Dein Duft... ich konnte nicht anders ...", stammelte Monka, während er eine scheinbar linkische Bewegung machte. Die Frau ließ sich täuschen, und als er dann blitzschnell Zugriff, ihr die Kapuze vom Kopf zog, ihr den Schleier vom Gesicht riß und ihn wie eine Schlinge um den Hals legte, daß sie kaum Atem bekam, war sie vor Überraschung nicht einmal zu einer Gegenwehr fähig. „Keinen Laut", raunte er ihr zu. „Wir sind hier verabredet, meine schöne Schwester. Wir haben miteinander telefoniert."
Sie war gar nicht schön, nicht einmal jung.
Er lockerte die Würgeschlinge, damit sie zu Atem kam und reden konnte. „Du bist nicht Eiser", sagte sie. „Warum ist er nicht selber gekommen? Und warum hast du es nicht mitgebracht?"
„Eiser ist etwas dazwischengekommen", sagte Monka. „Das Nichts hat ihn geholt.
Und was das Kind betrifft, es befindet sich in Sicherheit."
Die Frau wollte sich herumdrehen, aber so viel Bewegungsfreiheit ließ ihr Monka nicht. „Ist es noch am Leben?" fragte die Frau besorgt. „Geht es ihm gut? Was ist passiert?"
„Zuerst deinen Namen", verlangte Monka. „Verzichte lieber darauf", sagte die Frau. „Wenn du ihn hörst, könnte das gleichbedeutend mit deinem Todesurteil sein."
„Dein Name."
„Anrina. Ist dir jetzt wohler? Oder denkst du bereits ans Sterben?"
Monka war überrascht. Es gab nur eine Anrina in der Welt der Oberen. Und wenn die Frau die Wahrheit sagte, dann war sie eine Kusine ersten Grades von Illu und damit die zweitmächtigste Frau in der Welt. Die Oberen waren alle miteinander verwandt. Kein Wunder nach 18 Generationen Inzucht, aber Anrina stand der Allermutter am nächsten. „Ich glaube dir sogar", sagte Monka und ließ die Alte los. „Keine normale Frau könnte ein so hohes Alter wie du erreichen."
„Das wirst du mir büßen!" Anrina machte eine drohende Bewegung, in ihrer Hand blitzte es metallen auf. Aber Monka war darauf gefaßt und schlug ihr die Giftnadel aus der Hand. Er richtete den Blaster auf sie. „Du wirst mir jetzt die ganze Geschichte erzählen", sagte er barsch. „Was für eine Gemeinheit hast du mit Eiser ausgeheckt?
Warum solche Umstände mit einem illegitimen Kind?"
Anrina war von seiner Waffe nicht beeindruckt, aber sie betrachtete Monka irgendwie bewundernd. „Wenn du mich herausforderst, hast du nur zwei Möglichkeiten, um zu überleben", sagte sie. „Entweder gehst du bald den Weg allen Fleisches, oder du verbündest dich mit mir. Eine andere Alternative gibt es nicht. Ich nehme an, du ziehst das Leben vor. Also höre."
Anrina wollte schon fortfahren, überlegte es sich dann aber anders. Sie bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, ihr zu einer Beichtnische zu folgen. Sie betrat die erste in der Reihe von sechs, und als Monka nach ihr eintrat, sah er, wie sie eine Erkennungsmarke in den dafür vorgesehenen Schlitz steckte. „Jetzt kann niemand mithören - und du kannst von diesem Gespräch auch keine Aufzeichnung machen", sagte Anrina spöttisch. „Von nun an bist du mir ausgeliefert. So wie es Eiser war. Hast du ihn getötet?"
„Befehl von oben", sagte Monka. „Erzähle."
„Das Kind ... es ist mein Sohn", sagte Anrina. Das war ein Geständnis! „Ich brachte ihn gegen Illus Willen zur Welt. Sie selbst hat nie Kinder bekommen können und hat einige Töchter adoptiert, um ihre Nachfolge zu sichern. Sie gibt Vila, Surama und Nina als ihre leiblichen Kinder aus, aber ich habe Beweise, daß sie es nicht sind. Weil Illu einen Erbfolgestreit befürchtete, sorgte sie durch brutale Machenschaften dafür, daß niemand in ihrer nächsten Verwandtschaft Kinder in die Welt setzte, die einer ihrer Adoptivtöchter die Herrschaft streitig machen könnten." Anrina seufzte. „Was habe ich nicht alles auf mich genommen, um Illu hinters Licht zu führen. Ich habe Unfruchtbarkeit vorgetäuscht, alle Befunde, die Illu regelmäßig von mir verlangte, gefälscht... Aber das geht dich nichts an. Schließlich sah ich den Zeitpunkt gekommen, das Wagnis einer Schwangerschaft einzugehen. Obwohl mich Illu überwachen ließ, brachte ich das Kind vor ihren Augen zur Welt, ohne daß sie etwas merkte. Da ich es in der Heimat jedoch nicht für ewig verstecken und großziehen konnte, traf ich ein
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