1411 - Vampirehre
wie möglich zu sein. Geschmeidig. Voll konzentriert. Der kalte Blick ihrer Augen. Das wehende Blondhaar, das bei jedem Sprung auf die nächste Stufe hinter ihr hochschwang.
Die erste Etage!
Das Flüstern!
Das Sprechen von Blut!
Sie alle wollten es haben.
Noch gelang Justine kein Blick in den oberen Flur. Sie musste noch einen Schritt vorgehen, was sie auch tat – und dann…
Eine blonde Frau kam ihr entgegengeflogen, weggestoßen von den anderen beiden.
Die Blonde prallte zu Boden. Justine wusste, dass sie Mira hießt.
Und Roxy und Dolores hingen am Hals des Constablers.
Justine bückte sich und riss Mira hoch, die damit nicht gerechnet hatte und sich deshalb nicht wehrte.
Einen Moment später bewies Justine, welche Kräfte in ihr steckten.
Sie stemmte Mira über ihren Kopf und schleuderte sie wie ein altes wertloses Paket die Stufen der Treppe hinab.
Zwei Mal schlug die Blonde auf. Sie tickte hoch, fiel wieder zurück, rollte weiter.
Jetzt war Justine Cavallo in ihrem Element!
Jetzt würde sie kämpfen. Zeigen, was in ihr steckte und endlich ihre Vampirehre wieder herstellen.
Die Zeit für einen etwas genauerem Blick nahm sie sich trotzdem.
Sie wollte sehen, was die beiden anderen Blutweiber taten. Dass sie ein Opfer gefunden hatten, stand fest, und sie hatten es auch nicht mehr aus ihren Klauen gelassen.
Zu dritt standen sie im Flur. Der Mann wurde mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt. Er war nicht mehr fähig, sich zu bewegen.
Die Blutweiber hielten ihn in dieser perfekten Lage.
Von zwei Seiten saugten sie seinen warmen Lebenssaft. Justine hörte ihr Schmatzen und auch das widerliche Schlürfen. Sie sah die Bewegungen ihrer Mäuler und der Köpfe. Dieser Auf und Ab, als wollte sie ihre Zähne noch tiefer in das Fleisch bohren.
Klar, sie wollten das Blut. Sie waren durstig. Aber auch Justine wollte trinken. Ihre Gier war nicht mehr zu bändigen, und sie gönnte ihren Feindinnen keinen Tropfen.
Einen Schritt ging sie vor.
Ein Schrei fegte aus ihrem weit geöffneten Maul.
Dann griff sie an!
***
Dolores und Roxy hatten den Schrei gehört. Aber sie waren sich ihrer Sache sehr sicher, sodass sie sich darum nicht kümmerten.
Ein Fehler.
Plötzlich war Justine bei ihnen und kam wie ein Gewitter über sie.
Pardon kannte sie nicht. Beide bekam sie zugleich zu packen und riss sie von ihrem Opfer weg. Sie fegte sie zur Seite, hörte, dass die Körper gegen die Wand klatschten, und sah, dass der Constabler an der Wand zusammensackte, was ihr auch gefiel, denn so hatte sie Zeit, sich um ihre Feindinnen zu kümmern.
Die hatten sich inzwischen wieder gefangen. Sie dachten nicht im Traum daran, aufzugeben. Sie wollten das Blut, und niemand sollte ihnen dabei im Weg stehen.
Von zwei Seiten sprangen sie auf Justine zu, und sie sahen auch, wie sich ihre Artgenossin blitzschnell bewegte.
Die blonde Bestie sprang in die Höhe. Dabei hielt sie die Arme angewinkelt, dann fegten ihre Arme zu den verschiedenen Seiten hinweg wie zwei Klingen an einem Schmetterlingsmesser.
Knochenharte Fäuste krachten wuchtig gegen die Köpfe der zwei anderen Blutsaugerinnen und schleuderten sie zur Seite.
Roxy krachte gegen die Tür des Schlafzimmers und stieß sie nach innen. Dolores torkelte durch den Flur, fluchte und schrie zugleich, was eine Justine Cavallo nicht störte.
Sie verfolgte Roxy.
Die dunkelhäutige Blutsaugerin hatte sich wieder gefangen und federte wieder hoch.
Justine blieb dicht hinter der Tür stehen. Sie breitete die Arme wie zum Empfang aus.
»Komm heeerrr!«, schrie sie.
Und Roxy kam. Sie trug einen dunklen Hosenanzug mit Glitzerstrass und sah aus, als wollte sie in den nächsten Minuten in die Disco gehen. Nur das blutige Maul passte nicht dazu.
Roxy kam. Das musste sie einfach. Sie sprang Justine entgegen, die darauf nur gewartet hatte. Da sie keine Silberkugel-Pistole besaß und auch keinen Pfahl, den sie hätte in die Brust ihrer Artgenossin rammen können, mussten sie sich rein auf ihre körperlichen Kräfte verlassen. Dazu gehörte eine gewisse Kampftechnik.
Sie ließ Roxy näher an sich herankommen – und schlug genau zum richtigen Zeitpunkt mit beiden Händen zu. Von zwei Seiten zugleich hämmerten die Handkanten gegen den Hals der Schwarzen.
Einen Menschen hätten diese Schläge getötet. Nicht so die Blutsaugerin, aber sie brach trotzdem zusammen.
Justine ließ sie nicht bis zum Boden kommen. Wieder riss sie eine ihrer Artgenossinnen in die Höhe, und diesmal griff sie zu
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