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hat ihn zweimal geholt. Der dramatischste Unfall passierte 1993. Frontalzusammenstoss mit einem Auto, die linke Hand hing noch an einem Lappen. Etwas unterstreichen ist seither schwierig, und das Schreiben im Zehnfingersystem geht auch nicht. «Der Mensch lernt, mit solchen Einschränkungen umzugehen.»
Er lag fast drei Monate im Spital. Dann drängte er auf frühzeitige Entlassung – und hatte erstmals im Leben Zeit. Dachte nach über die Zeit als «einzige Grenze, die wir haben». Verwandelte die vier Künstler-Uhren, die Swatch zur 700-Jahr-Feier ediert hatte, malend und philosophierend zu eigenen Kunstwerken.
Von Führungskursen – sie gehören zur obligatorischen Weiterbildung – hielt Pedrini bis vor drei Jahren wenig. Bis Organisationspsychologe Josef Wermuth vor ihm stand, ein Mann, der auch Kabarett macht, «ein Mann mit Tiefe, Weisheit, Sarkasmus. Vieles bekam eine neue Bedeutung. Von Wermuth konnte ich endlich annehmen, was ich schon oft gehört hatte. Doch was nützt es, wenn nur die zweite Führungsebene geschult wird? Wir erreichten, dass auch Stellvertreter und Teamleiter denselben Kurs bekamen – um künftig die gleiche Sprache zu sprechen. Der Führungskurs auf dieser Breite tat der Firmenkultur enorm gut. Siegten früher stets die Oberen und Lauten, fanden nun auch Mitarbeiter Gehör, die wirklich ein Problem – oder eine Lösung hatten.»
Alessandro Pedrini mag nicht schulmeistern, eher übt er sich im Laisser-faire. «Das tönt nonchalant, ist für mich aber die höchste Führungsform. Ich will mit Leuten zusammenarbeiten, die den Zweck einer Aufgabe erkennen, sich in einen Prozess hineindenken und die Arbeit im Sinne des Ganzen erledigen können. Ich weiss, dass meine Leute besser einkaufen als ich.»
Alessandro Pedrini , geboren 1965, aufgewachsen in Bern und Affoltern a. A., Automechaniker. Seit 1986 bei der Rega: Luftfahrzeugmechaniker, technischer Einkauf, Swissair-Technikerschule berufsbegleitend, Techniker in der Entwicklungsabteilung, seit 1994 Leiter Einkauf und Logistik des Gesamtbetriebs.
Siehe Porträt Pius Arnold
«Als Käser habe ich das Putzen im Blut»
Pius Arnold, Hangarverantwortlicher
Pius Arnold, seit 1987 die Seele des Hangars
«Sauberkeit und Ordnung = Sicherheit.» Diese Devise im Hangar ist unübersehbar. Blitzblank ist alles und aufgeräumt, als würde hier nicht gearbeitet. Der kleinste Schraubenzieher hat seinen Ort. Ein Vorzeigeunternehmen. Empfängt das Bundesamt für Zivilluftfahrt die europäischen Kollegen, besuchen sie die Rega.
Hausherr im Hangar ist Pius Arnold. 1987 als Servicemann eingestellt, fackelte er nicht lange, griff zum Hochdruckreiniger, putzte den Hangarboden, strich ihn neu. «So bekam das Ganze einen Level. Es muss proper aussehen, auch für die vielen Besucher. Als Käser habe ich das Putzen im Blut. Im meinem ersten Rega-Jahr stürzte ein Helikopter in den Bielersee. Was übrig blieb von der Maschine, kam nach Zürich. Irgendwann war der Heli entsorgt, die Garage geputzt. Der nächste Flugunfall. Und noch einer. Ich getraute mich kaum mehr, die Garage zu putzen. Heute sind die Leute viel besser ausgebildet. Hauruckaktionen gibt es nicht mehr.»
Aus dem Servicemann wurde ein Safety-Officer Technik. «Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Jeder Flieger, der in den Hangar kommt, wird geerdet. Ich überwache die ganze Infrastruktur des Hangars wie Sauerstoff- und Stickstoffanlagen, Drehbänke, Traktoren, Betankungsanlagen, Arbeitspodeste, Elektranten usw. Ein Brand wäre das Schlimmste – drei Jets im Wert von 130 Millionen, drei bis vier Helis, zusammen dreissig Millionen, plus die ganze Infrastruktur, alles zusammen gegen 200 Millionen Franken. Die Rega wäre nicht mehr einsatzfähig. Zum Glück haben die Kollegen das Sicherheitsdenken in den Knochen. Aber Risiken finde ich immer. Es beginnt schon beim Aufstehen – schlechte Laune, Zeitdruck, das Wetter. Bemerke ich ein ‹Gjufel›, sage ich: ‹Stopp, unterbrechen!› Was sofort akzeptiert wird. Das Problem sind wir Älteren mit unserem ‹Ich wollte ja nur schnell …›, schleifen ohne Schutzbrille etwa. Die Jungen kommen schon mit der Brille auf dem Kopf zur Arbeit.
Bevor die europäische Gesetzgebung galt, machte jeder ein bisschen alles. Der Spengler suchte den Fehler und reparierte gleich selber. Heute studiert ein Ingenieur das Problem, macht eine Skizze für den Spengler, dieser sieht, so geht es nicht, die Hände sind ihm aber gebunden. Also zurück zum Ingenieur. Wechselt ein
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