Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1414

1414

Titel: 1414 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schläpfer
Vom Netzwerk:
1959 gelingt dem Tüftler der erste Freiflug – und der Konstrukteur ist überzeugt, sein «Rotoplan» diene der Grundlagenforschung und werde «vielleicht zu einem relativ billigen, besonders sicheren Roboter-Flugzeug auch für den Gebirgsrettungsdienst ausgebaut».
    Der Reihe nach. Rudolf Bucher wirkte 1930 bis 1938 als leitender Arzt der wissenschaftlichen Abteilung der Chirurgischen Universitätsklinik Basel, ab 1938 als Privatdozent für chirurgische Experimentalforschung. Intensiv erkundete er das Gebiet der Vollblut- und Blutplasmatransfusionen. Daneben führte er eine Arztpraxis in Zürich. Politisierte im Landesring der Unabhängigen. Nahm als Chef des Bluttransfusionsdienstes der Armee teil an der «Freiwilligen Schweizerischen Ärztemission» an der deutsch-russischen Ostfront. Der Aargauer Eugen Bircher hat diese neutralitätspolitisch heftig umstrittene Mission des Schweizerischen Roten Kreuzes mitorganisiert und teilweise geleitet. Bircher, Chirurg (Begründer der Arthroskopie), Politiker und Offizier, war ein Verfechter der schweizerischen Aufrüstung. Bucher hingegen ging es vor allem darum, «die von uns erfundenen Transfusionsgeräte zu testen». Er liess nicht locker, bis er Flugtransport und Fallschirmabwurf der Blutkonserven erproben konnte. Er erfuhr von der Massenvernichtung der Juden, musste die Erschiessung von 62 russischen Geiseln mit ansehen. Zurück in der Schweiz, behinderten die Behörden seine Bemühungen, die Öffentlichkeit aufzuklären; sein Bericht «Zwischen Verrat und Menschlichkeit. Erlebnisse eines Schweizer Arztes an der deutsch-russischen Front 1941/42» erschien erst 1967…
    Zu dieser Zeit hatte Rudolf Bucher ganz andere «Kämpfe» hinter sich. Die Gründung der Schweizerischen Rettungsflugwacht (SRFW) am 27. April 1952 – als Zweig der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG). In «strenger Verschwiegenheit» hat er diese mit Gattin Lucie vorbereitet, personell, materiell – und die SLRG-Delegierten in Twann mit einer kleinen Ausstellung überrascht, dem ersten Rettungsdepot der künftigen Organisation. Seine Maxime bewährte sich: Exempla trahunt – Beispiele überzeugen. Mit «einmütiger Begeisterung» stimmte die Versammlung der Gründung zu. «War das ein sonniger Tag voll Stolz und Licht! Und wir alle fühlten es einmal mehr: Vom Vertrauen getragen zu sein, ist ein Goldborn dämonischer Willenskraft.»
    Fünf Grundsätze leiteten Bucher. Erstens: Rasche Hilfe ist doppelte Hilfe. Zweitens: Nur ganze Hilfe ist erfolgssichere Hilfe. Drittens: Die intensivste und immer wiederholte Ausbildung und Vervollkommnung in allen Sparten unseres Flugrettungsdienstes ist gerade gut genug. Viertens: Ganze Hilfe wird nur verwirklicht, wenn es gelingt, die beste personelle Ausbildung mit der besten materiellen Ausrüstung zur höchst leistungsfähigen Ganzheit zu verschmelzen. Fünftens – mit Goethe: In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.
    Die Praxis war dann doch voller Tücken. Wie sollten die «kleinen Schweizer Zivilisten, belastet mit allen Hemmungen kosmopolitischer Minderwertigkeitsgefühle», den Weg in die modernste «Fallschirmspringerschule» finden? Rudolf Bucher wandte sich an Bundesrat Max Petitpierre. Eine denkwürdige Begegnung. Der Aussenminister telefonierte mit dem britischen Gesandten in Bern und erläuterte das Anliegen «so selbstverständlich klar, als hätte er mit uns eine stundenlange Konferenz durchgepaukt. In seinem Ton lag ein Akzent besonderer Wünschbarkeit, fast so als redete er aus ureigener Seele. ‹Gut, meine Herren, es ist in Ordnung. Grundsätzlich in Ordnung. Sie können nach England gehen.›»
    Nach der Gründung begann das grosse Tüfteln: von Strickleiter über Lachsnetz und Helikopterlift bis zum heiklen Fallschirmabsprung mit Lawinenhunden. Und die Retter? «Es sind ganz einfach Menschen auszuwählen, deren Herzen noch die Wahrhaftigkeit vom Gebot des sittlichen Aufwärtsdranges in sich vernehmen.»
    Arnold Kaech, Direktor der Militärverwaltung, würdigte Bucher als «Kondottiere des Helfens», nicht nur dort, wo ein Notruf zufällig einen Einzelnen erreicht, sondern «voraussehend, vorbereitet, organisiert, kämpferisch». Er bewunderte die Durchdringung von Wissenschaft (über 120 Publikationen) und praktischem Wirken – den «zwingenden inneren Zusammenhang» zwischen Mann und Werk.
    Rudolf Bucher: Fliegen, Retten, Helfen. Werden, Aufbau und Bewährung der Schweizerischen Rettungs-Flugwacht von den Pionieren

Weitere Kostenlose Bücher