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fünfzig Meter hohe Felsspitze, und das Modell in die Luft entliess, mit Gegenwind, wie es ihn die Dohlen gelehrt hatten.
In eine kinderreiche Familie geboren, lernte er Automechaniker, sparte sich die Segelflugstunden zusammen, dachte Tag und Nacht ans Segelflugzeug, das er einmal bauen wollte – und 1934 in 1800 Arbeitsstunden mit seinem deutschen Freund, Flugingenieur Max Kaspar, auch baute. In Winterthur absolvierte er die Ausbildung zum Polizisten. Die Appenzellerin Hilda Hanselmann arbeitete als Telegrafistin ebenfalls in dieser Stadt. Eines Tages stand Polizist Geiger vor ihrem Schalter: «Fräulein, können Sie tippen?» Er sei Flieger und Lehrer in der Segelfluggruppe Winterthur, müsse Berichte abfassen und wäre froh, sie könnte diese ins Reine schreiben. Nach der Heirat war sie eine Art Mädchen für alles und konnte auch ein stählernes Schleppseil reparieren.
Geiger wollte zurück ins Wallis. Er arbeitete als Polizist in Sitten, widmete sich in der Freizeit dem Fliegen und kontrollierte die Flugzeuge des Walliser Aero-Clubs. Im April 1947 übernahm er das Amt des Flugplatzwarts. Mit Versorgungsflügen aller Art erschloss er sich neue Verdienstquellen, lukrativ waren vor allem die grossen Baustellen an den Stauseen. Die Arbeit auf dem Fluglatz und im Büro übernahm die Gattin, seine «Regierung», wie er sagte.
Noch wurden die Lasten (mit und ohne Fallschirm) einfach abgeworfen. «Es wird der Tag kommen, an dem man lernen wird, im Gebirge zu landen, wie man auf dem Flugplatz landen lernt.» Geiger entwickelte ein robustes System von Landekufen und Rädern, die er kombiniert einsetzen konnte. Am 10. Mai 1952 stand er erstmals mit einer Piper Super Cub 125 PS auf dem Kanderfirn. Am 27. Februar 1953 gelang ihm eine Rettung auf 4200 Metern im Monte-Rosa-Massiv und der Transport ins Spital Sion. Hermann Geiger wurde zu einem wichtigen Mitarbeiter der Rettungsflugwacht, später deren Chefpilot. «Ferien? Später … da oben», meinte er und zeigte hinauf zum Himmel.
«Der Erfolg machte Geiger immer mehr zum Sklaven seines Lebenswerks», erinnert sich René Spahr im Buch «Hermann Geiger». Der Pilot wünschte sich adäquate Vehikel für die vielfältigen Aufgaben. Mehr und mehr Skifahrer wollten transportiert sein. Die Pilatus Flugzeugwerke Stans brachten einen Siebensitzer mit Skiern heraus, den Porter. Im Februar 1960 erprobte Geiger «in zwei Stunden eine königliche Reihe von sechzehn Gletscherlandungen» (Spahr); Flugzeugingenieur Fierz weinte vor Ergriffenheit und Stolz.
Geiger war ein sensibler Zeitgenosse. Er verstand nicht, weshalb Menschen sich gegenseitig umbringen. Man müsste, meinte er, die «Grossen» auf 4000 Meter Höhe bringen. Dort würden sie die Lust verlieren, Krieg zu führen. «Solange der Mensch auf der Erde steht, ist er immer zum Kampf bereit. Dort oben, in der Weite des Raums, ist er sich selbst überlassen. Er wird klein, so klein…» Geiger litt mit, als am 30. August 1965 eine Eiszunge des Allalingletschers abbrach und 88 Mitarbeiter am Mattmark-Staudamm in ihren Baracken begrub. Oder als er die Gämsen von Derborence fand, aufgehängt mit ihren Hörnern an Zweigen, die sie erreichen wollten, bevor der Schnee unter ihren Hinterläufen wegrutschte.
Hermann Geiger war ein Volksheld. Neider hatte er auch. «Für manche fliegt der Adler von Sitten zu hoch», titelte eine Zeitung. Bei einem Routinestart mit einer Flugschülerin kollidierte er am 26. August 1966 mit einem Segelflugzeug und verunglückte tödlich.
Hermann Geiger (1914–1966), Librairie Marguerat Lausanne, 1967
Kühner Pilot
Sepp Bauer (1918–2000)
Fasziniert beobachtete der Militärpilot 1949 die Landung eines Sikorsky-Helikopters auf dem Dach der Zürcher Hauptpost. Sepp Bauer wollte das auch und lernte bei Air-Import in Luzern das Helifliegen. Leistete im Dezember 1952 seinen ersten Rettungseinsatz in der Nähe von Davos. Flog für die Rettungsflugwacht wenige Wochen später mit dem Hiller UH-12B nach einer Springflut ins Katastrophengebiet an der holländischen Küste. 1835 Menschen und 30 000 Nutztiere ertranken. «Ein erbarmungsloser Wettlauf mit der Zeit, das Wetter wurde immer schlechter, das Fliegen immer riskanter.»
«Wie können wir Verunglückte mit dem Heli aus ihrer misslichen Lage befreien und sicher ins Spital transportieren? Diese Fragen beschäftigten uns Tag und Nacht. Wir hatten die verrücktesten Ideen.» Es bewährten sich Ballonkorb, Rettungsschlitten und das sogenannte Lachsnetz
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