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300 Mitarbeiter. Wie unterschiedlich sie sind, haben Sie erfahren. Sie wollen geführt sein, nicht im täglichen Einsatz, aber organisatorisch, in den grossen Linien. Das ist das eine. Das andere ist meine Aufgabe als Impulsgeber. Neuerungen, wie etwa die Application iRega, müssen angedacht, angestossen werden. Schliesslich muss jemand gegenüber dem Stiftungsrat die Verantwortung tragen, der Öffentlichkeit, dem Gönner, der Gönnerin Rechenschaft ablegen.
Kann denn die Zukunft der Rega besser sein als die Gegenwart?
Die Zukunft nicht. Aber wir. Wir können immer besser werden. Wir wollen den Pioniergeist wachhalten, das sind wir den Gründervätern schuldig. Wichtig sind qualifizierte Mitarbeitende, auf allen Stufen. Auch eine Geschäftsführung, die auf dem Boden bleibt und dennoch zukunftsgerichtet ist. Wir müssen, nur zum Beispiel, die Luftrettungsmittel ersetzen, die Basisinfrastruktur erneuern. Die Basis St. Gallen, früher am Rand der Landwirtschaftszone, liegt heute mitten im Industriegebiet. Da braucht es neue Lösungen.
Was Sie aufzählen, klingt bodennah. Haben Sie Visionen?
Unser Gönnerausweis muss eines Tages so selbstverständlich sein wie die Identitätskarte. Rega gleich Schweiz, Schweiz gleich Rega. Kürzlich, in der Basis Berner Oberland, empfingen dreissig Ferienpass-Kinder den landenden Helikopter, drückten ihre Nasen platt an der Scheibe, hockten strahlend um den Heli herum. Es gilt, Kinder und Jugendliche für die Rega zu begeistern.
Das versuchte die Rega im Herbst 2010 via Internetplattform www.myrega.ch mit dem etwas reisserischen Slogan «packend, emotional und nahe dran». Die zwei Sieger des Jugendprojekts «Rega-Tour 2010» durften zwei Wochen lang rund um die Uhr den Retter-Alltag filmen. Lohnt sich eine derart aufwendige und teure Aktion?
Ich gehöre nicht zur Social-Media-Generation, meine Kinder schon. Via Internet wollen wir das Bewusstsein für die Rega schärfen. Wir müssen dort sein, wo die jungen Menschen auch sind.
Hat die Rega Konkurrenz?
Ja, in der Repatriierung. Es gibt einen weltweiten Markt für medizinische Flüge. Die Versicherungen können andere Anbieter wählen. Wir sind nicht billig.
Die Rega fliegt auch in fremdem Auftrag.
Die Schweizer Bevölkerung, unsere Gönner haben Priorität, klar. Fremdaufträge sind jedoch finanziell interessant, sie verringern das Defizit, erhöhen das Know-how unserer Piloten und Mediziner. Und ich sehe die Jets lieber in der Luft als im Hangar. Für anspruchsvolle Fälle gilt die Rega weltweit als Nummer eins.
Und in der Schweiz?
Im Rettungswesen ist Konkurrenz nicht der richtige Begriff. Der Kanton Wallis hat entschieden, die Luftrettung selber zu machen. Er lässt sich das auch etwas kosten – und ist mit den Firmen Air Zermatt und Air-Glaciers anscheinend zufrieden. Die Rega würde es gratis machen – wie in der übrigen Schweiz ja auch.
Das Wallis war und ist ein Spezialfall. Beat H. Perren, Gründer und VR-Präsident der Air Zermatt, beansprucht viel Pionierarbeit für sich: erste Helikopter-Rettung mit Rettungswinde, erste Nachtrettung, erste Gletscherspalten-Rettung mit Kompressor und Dreibein, erster Arzt fix auf der Basis, erste Extremrettung mit 200-Meter-Seil. Was kann die Rega für sich reklamieren?
Air Zermatt hat grosse Verdienste, namentlich in der Bergrettung. Es ist müssig, zu streiten, wer wann was gemacht und geleistet hat. Früher waren es die gleichen Leute, private Unternehmen wie Air Zermatt flogen oft im Auftrag der Rettungsflugwacht. Heute sind die Ansprüche an medizinische Versorgung, fliegerische Verfahren und Sicherheit höher; das führte zur Spezialisierung – sowohl in der Rettung als auch bei kommerziellen Transportfirmen. Unsere Rettungshelikopter sind für Patienten reserviert, genauso wie ein modernes Ambulanzfahrzeug. Die Walliser Unternehmen sind anderer Meinung; sie setzen ihre Helikopter auch für Transport- und Touristenflüge ein. Einen wichtigen Teil unseres Spektrums können sie deshalb nicht leisten: eine kritische Frühgeburt verlegen, auf der Autobahn einen Trauma-Patienten optimal versorgen.
Wie ist denn das Verhältnis Rega–Air Zermatt?
Wichtig für den Patienten ist: Die tägliche Zusammenarbeit mit Air Zermatt und Air-Glaciers klappt gut. Doch künftig wird es notwendig sein, auch strategisch zusammenzurücken. Wir arbeiten daran.
Air-Glaciers warf der Rega vor, sie schicke im Berner Oberland lieber eigene Helikopter, selbst wenn Air-Glaciers näher dran
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