1419 - Mandragoros Mörderfee
das Klatschen der Wellen.
Manchmal mussten wir die Richtung korrigieren, um nicht zu sehr abgetrieben zu werden, aber das hielt sich in Grenzen. Eigentlich hätten wir die Landschaft genießen können, wäre da nicht der Druck im Hintergrund gewesen.
Wer erwartete uns? Was erwartete uns?
Eine Antwort konnten wir nicht geben. Die beiden Waldsäume ließen sie nicht zu. Durch das Unterholz und die dicht belaubten Bäume war kein Blick in das Innere möglich.
Vor uns an der rechten Seite tauchten die ersten freien Flächen oder Landzungen auf. Da das Gewässer nicht viel Wasser führte, fielen sie schon auf. Die Sonne hatte den Boden ausgetrocknet, sodass das Grau der Erde sehr hell wirkte.
»Es geht los, John.«
»Ja. Aber was ich sehe, ist zu klein. Bullock hat von einer recht langen Landzunge gesprochen.«
»Sie kommt bestimmt noch.«
Auch ich war davon überzeugt, und meine Aufmerksamkeit nahm immer mehr zu. Tiere sahen wir nicht. Selbst Fische hatte ich bisher nicht entdeckt. Wenn es sie gab, hielten sie sich verborgen oder waren durch den hellen Schaum unsichtbar.
Eine Biegung erschien vor uns. Der Fluss verengte sich nicht besonders stark, aber wir merkten schon, dass sich die Fließgeschwindigkeit des Wasser veränderte. Die Strömung nahm zu, sodass wir Mühe hatten, das Boot in der Mitte des Flusses zu halten.
Suko und ich paddelten jetzt synchron. Es klappte gut. Als wären wir ein eingespieltes Team. Auch kleine Strudel konnten uns nichts anhaben und das Boot in eine kreisförmige Bewegung versetzen.
»Wann melden wir uns zur Meisterschaft im Raften an?«, rief Suko.
»Später.«
»Gut.« Er lachte. »Ich bin dabei.«
Das Wasser wollte uns wenig später Lügen strafen und uns nach rechts drücken, was wir durch heftiges Gegenlenken verhinderten und in der Mitte der Biegung wieder in ruhigeres Fahrwasser gerieten, sodass wir weiter geradeaus getrieben wurden.
Es klappte alles perfekt, und ich rechnete damit, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis wir unser Ziel erreicht hatten.
Der Wald blieb dicht. Hier gab es wirklich keine Lücke. Von der Straße her hatten wir hin und wieder einen Blick auf das Gewässer werfen können. Umgekehrt klappte es nicht. Aber das war nicht wichtig.
Dann schob sich eine Wolke vor die Sonne. Die Helligkeit verschwand etwas. Ein Schatten legte sich auf den schmalen Fluss.
Plötzlich wurde es kühl, und ich hoffte nicht, dass wir diesen Schatten als dumpfes Omen ansehen mussten.
Das Boot hüpfte und hüpfte weiter über die Wellen. Langsam trieb die Wolke weiter. So kehrte das Sonnenlicht wieder zurück, und wir konnten aufatmen.
Ich beobachtete nur die rechte Seite. Und genau dort tauchte jetzt die graue Landzunge auf. Noch war sie recht weit entfernt, aber schon aus dieser Entfernung war zu sehen, dass sie es einfach sein musste. Sogar eine kleine Sandbank fiel uns auf.
Ich drehte mich zu Suko um und hob einen Arm.
»Alles klar, John, ich habe sie bereits gesehen. Wir sind da.«
»Okay.«
Plötzlich war eine ungeheure Spannung in mir. Den Grund konnte ich nicht nennen, denn mein Gefühl hatte mit dem, was ich sah, nichts zu tun. Es gab keine Veränderung an den beiden Ufern, aber der Eindruck, aus diesem »Dschungel« beobachtet zu werden, verdichtete sich immer mehr.
Die Strömung würde uns an der Landzunge vorbeitreiben. Genau das wollten wir nicht und lenkten mit den Paddeln entsprechend gegen. Wir mussten nach rechts oder steuerbord, wie es in der Seemannssprache heißt, und wieder gab es für uns keinerlei Probleme.
Zwar paddelten wir kräftiger als sonst, weil das Wasser nicht so wollte wie wir, doch wir schafften es schließlich, die Strömung zu überwinden, und merkten auch, dass das Wasser flacher wurde, denn mit den Enden der Paddel schabten wir über den Flussboden hinweg.
Gischt erwischte uns. Die kleinen Wellen klatschten gegen die Wülste des Schlauchboots. Wasser spritzte uns in die Gesichter. Davon ließen wir uns nicht abhalten. Unser Ziel war die schmale Sandbank der Zunge. Dort wollten wir unser Boot aufs Trockene ziehen.
Die Entfernung war zusammengeschrumpft, aber trockenen Fußes konnten wir die kleine Halbinsel nicht erreichen. Ich stellte mich hin, legte das Paddel hin, hielt das Tau in einer Hand und sprang über den Wulst der Bordwand hinweg.
Eine Sekunde später hatte ich nasse Füße und eine ebenfalls nasse Hose bis zu den Knien. Ich ließ das Tau nicht los und zog das Schlauchboot mit seinem menschlichen Inhalt aufs
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