1419 - Mandragoros Mörderfee
Industriegesellschaft waren. Wenn ich all dies zusammenfasste und auch daran dachte, dass es einen Umweltdämon namens Mandragoro gab, kam ich der Sache schon näher und konnte mir als Ziel eine Rache dieser Gestalt vorstellen.
Bei ihm bedeutete Rache zugleich Tod!
Noch hatte ich nicht in die Höhe geschaut. Das holte ich jetzt nach und sah mich schon beim eisten Blick bestätigt. Bis zum Wipfel hoch war das Laubdach so dicht, dass es mir den Blick auf den Himmel verwehrte. Nicht ein Fetzen Blau schimmerte durch.
Wäre das Licht nicht vom Wasser her eingefallen, hätte ich in einer dichten Dunkelheit gestanden.
Das wollte ich ändern, und deshalb holte ich meine kleine, lichtstarke Lampe aus der Tasche. Ich schickte den breit gefächerten Strahl in die Höhe. Normale Blätter hatte ich nicht erwartet, und damit lag ich genau richtig. Was dort an den Ästen und Zweigen hing, das waren diese langen Blätter, die man auch als Lianen bezeichnen konnte und die ich als Killer erlebt hatte.
Oder nicht?
Ich leuchtete weiter und drehte meine Hand im Kreis. So bekam ich immer mehr von diesem seltsamen Laub zu sehen, dessen Seiten ölig aufglänzten, wenn der helle Schein meiner Lampe darüber hinwegglitt.
Ich leuchtete so weit nach oben wie möglich. Viel war da nicht zu machen. Das Zeug wuchs einfach zu dicht. Es ließ von oben kein Licht durch und von unten auch nicht.
Ich dachte daran, dass sich der Baum als perfektes Versteck eignete. Da hätte sich eine halbe Kompanie verbergen können, ohne entdeckt zu werden.
Was mir noch auffiel, war die Stille. Ich hörte kein Rascheln von oben her. Da bewegte sich auch nichts oder kaum etwas, denn die Dichte der Belaubung hielt an den Außenseiten selbst den Wind ab.
Suko meldete sich wieder. Er war jetzt ein paar Meter nach vorn gegangen.
»Gibt es was Besonderes?«
»Ja.«
»Und was?«
Ich drehte mich um. »Hier ist alles besonders. Das ist kein normaler Baum, verdammt.«
»Was ist er dann?«
»Vielleicht ein Toten- oder Mörderbaum, was weiß ich.« Ich deutete nach unten. »Ich könnte mir sogar vorstellen, dass unter dem Wurzelwerk jede Menge Leichen liegen.«
»Warum?«
Ich musste leise lachen, obwohl mir danach nicht zumute war.
»Das kann ich dir sagen. Wenn du dir das Zeug ansiehst, das um den Stamm herumhängt, dann kannst du es auch als einen modernen Grabschmuck bezeichnen.«
»Ist das nicht zu weit hergeholt?«
»Weiß ich nicht.«
Suko betrachtete die Wurzelmasse. »Dann müsste man sie entfernen, um die Leichen zu finden. Wir haben schon so einiges erlebt, deshalb will ich nichts ausschließen.«
»Und wer hat auf uns geschossen?«, fragte ich.
»Keine Ahnung.« Suko blickte sich um. »Ich habe ja die Umgebung im Auge behalten, aber es hat sich niemand gezeigt. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass es ein Mensch gewesen ist.«
»Und mir geht der Name Mandragoro nicht aus dem Kopf.« Ich deutete in die Höhe. »Außerdem hängen hier Blätter, die wir bereits aus London kennen und auch von Ken Bullock.«
»Die killenden Lianen?«
»Das denke ich.«
»Dann drück nur mal die Daumen, dass sie nicht auf dich fallen und dich erwürgen.«
»Nein, da brauchst du keine Angst zu haben. Außerdem hast du die Peitsche.«
Suko traf noch immer keine Anstalten, das Wurzelmonstrum zu betreten. Das hatte seinen Grund, wie er mir gleich darauf erklärte.
»Ich werde mich mal in der näheren Umgebung umsehen, während du den Baum unter Kontrolle hältst. Ist das okay?«
»Meinetwegen.«
»Sollte was sein…« Er winkte ab. »Na ja, du weißt schon.«
»Okay, Alter. Und lass dich nicht beschießen.«
»Keine Sorge, ich passe schon auf.«
Suko stieg über die dicken Wurzelfinger am Rand hinweg. Wenig später war er nicht mehr zu sehen. Ich sah nur das leichte Zittern der Blätter, die er gestreift hatte.
Allein blieb ich zurück und hatte noch immer den Eindruck, nicht allein zu sein. Zwar sah ich niemanden, aber in diesem dschungelartigen Wald konnten sich alle möglichen Gegner versteckt halten, die nur auf einen Fehler oder eine Schwäche meinerseits lauerten.
Ich bekam den Gedanken an Mandragoro nicht aus dem Kopf. Er schien mir beinahe von einer anderen Seite eingetrichtert worden zu sein. Dass ich so intensiv an ihn dachte, war nicht normal.
Etwas bewegte sich unter meinen Füßen. Zuerst hielt ich es für eine Täuschung, dann schaute ich nach unten und sah, dass dieses hellere Wurzelwerk in Bewegung geraten war. An einigen Stellen riss es sogar
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