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142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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ihnen – aber schließlich ernähren sie mich und viele Menschen der Umgebung.«
    »… während sie ihnen gleichzeitig ihr Leben stehlen.«
    »Sie verlangen niemals zu viel. Du solltest nicht nur auf die Worte Xejs hören, des alten Säufers. Schließlich sorgen die Noskopzen auch für Frieden in diesem Landstrich. Niemand wagt ihnen ihre Position streitig zu machen.«
    »Wir möchten uns unser eigenes Urteil bilden«, sagte Matt reserviert.
    »Deshalb spaziert ihr hier durch den Wald?«, fragte Popovgeno erstaunt.
    »Nicht nur«, wich Matt aus. Er beschloss, vorerst bei seiner kleinen Lüge zu bleiben. Noch wusste er nicht, ob er dem Vogelhändler trauen konnte. »Zuerst möchten wir der Heiligen Babooshka einen Besuch abstatten und würden uns dir gerne anschließen.«
    »Ach so. Ihr seid Gläubige«, murmelte Popovgeno enttäuscht. Erneut warf er Aruula einen kurzen, aber begehrlichen Blick zu.
    »So ist es. Wirst du uns helfen?«
    »Ich bin Händler, guter Mann, kein Priester. Hast du etwas anzubieten, das wertvoll für mich sein könnte?«
    »Unsere Arbeitskraft?«
    »Das ist reichlich wenig, wenn ich eure Unbedarftheit im Umgang mit lebendem Federvieh einbeziehe. Oder irre ich mich da?«
    »Nein.« Matt überlegte fieberhaft. »Wie wäre es mit Hilfe beim Transport?«
    »Hm. Drei Menschen tragen mehr Käfige als einer allein, das ist richtig.«
    »Ich meinte nicht uns selbst.« Matt lächelte. »Siehst du die beiden Flugandronen hinter uns? Wenn wir sie voll beladen, können wir das Zehnfache dessen transportieren, was du alleine schaffst.«
    »Das Zehnfache?« Die Augen des Vogelhändlers leuchteten auf.
    »Ja. Und das in einem Zehntel der Zeit.«
    »Das ist ein Wort, mein Freund!«, rief Popovgeno. »Hier – schlag ein!«
    Mit seiner zernarbten Pranke umfasste er erneut Matts Hand, und diesmal zwang er den ehemaligen Commander tatsächlich in die Knie.
    ***
    Feinste Netze, nahezu unsichtbar, waren über den Wipfeln niedrig gewachsener Laub- und Fruchtbäume gespannt. Vögel bis zur Größe eines menschlichen Kopfes verhedderten sich darin und konnten sich nicht mehr selbst befreien.
    Immer wieder musste Matt verendetes Vogelvieh aus den Netzen klauben. Dutzende R-Drosseln, Waamsteln, Singsturen, Blutfinken und Krallmeisen waren nach langem Kampf an Erschöpfung und Schock gestorben.
    Popovgeno kümmerte sich nicht weiter um die Toten; lebende Tiere waren ungleich wertvoller für ihn. Geschickt wich er den Klauen verängstigter Tiere aus. Ihre Köpfe hüllte er in Leinensäckchen, sodass sie sich beruhigten. Er sperrte sie in metallene Käfige, die sie aus einem nahe gelegenen Depot hertransportiert hatten.
    »Was machen die Noskopzen mit ihnen?«, fragte Matt neugierig.
    »Na, was schon?« Popovgeno blickte sie traurig an. »Wer einmal das zweifelhafte Vergnügen hatte, mit den feisten Säcken zu tafeln, wird es nie mehr vergessen. Es ist stets der traurigste Part eines Handels, die Vögel in ihre Obhut zu übergeben.« Gleich darauf zeigte er wieder sein allzu freundliches Lächeln. »Doch was soll’s? Die Arbeit macht zwar nicht fett, aber sie nährt den Mann.«
    »Aber nährt sie auch die Bauern, denen du das Mehl der Noskopzen zu überhöhten Preisen verkaufst?«
    »Diese moralischen Bedenken beweisen, dass du nicht einmal die Grundzüge modernen Handels begriffen hast, Maddrax.«
    »Ich habe wesentlich modernere Handelsmethoden als deine kennen gelernt, Popovgeno. Und ich war mit ihnen genauso wenig einverstanden.«
    »Über was regst du dich eigentlich auf?« Der Vogelhändler band einen dicken Strick um einen vollen Käfig und ließ ihn zum Boden hinab, wo Aruula wartete. »Ich bin vielleicht ein Günstling des Systems und habe mich mit beiden Seiten arrangiert – aber immerhin handle ich nicht mit Giftschlangen…«
    »Ich verstehe nicht…«
    »Das wirst du noch, Freund. Das wirst du noch. Und jetzt hilf mir gefälligst, einen letzten Käfig anzufüllen, bevor die Nacht hereinbricht.«
    ***
    Gegen Mittag des nächsten Tages brachen sie auf. Das Tschilpen und Schimpfen der vielen Sing- und Raubvögel erzeugte ein ungeheures Durcheinander der Stimmen, das selbst die sonst so ruhigen Flugandronen nervös werden ließ.
    »Ein paar hundert Schritte weiter östlich befindet sich die Voolga-Furt«, rief Popovgeno Matt gegen den Wind zu. »Dort müssen wir hin.«
    Der Vogelhändler saß hinter ihm im breiten Sattel. Aruula hatte sich verboten, dass der russische Barbar hinter ihr Platz nahm.
    »Seine

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