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142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Hunderte der Figuren gesehen. Überall dort, wo die sowjetrussischen Truppen nach ihrem Abzug aus Osteuropa Ende des 20. Jahrhunderts Spuren hinterlassen hatten.
    Matronenhafte Statuetten, meist aus Holz geschnitzt, die man in zwei Hälften teilen konnte, um dieselbe Figur herausziehen zu können, nur um ein Stückchen kleiner. Zehn, zwölf Babooshkas steckten je nach Ausführung ineinander.
    Wie viele von ihnen mochten in diesem merkwürdigen Denkmal einer längst vergessenen Zeit stecken?
    »Worauf beruht eigentlich die Geschichte dieser merkwürdigen Heiligen?«, fragte er.
    »Es handelt sich um eine uralte Legende«, sagte Popovgeno nachdenklich. »Möglicherweise aus der Zeit vor Kristofluu – solltest du die Geschichte vom Ende der alten Welt schon gehört haben.«
    »Gerüchteweise«, log Matt ungeniert. Der Vogelhändler brauchte beileibe nicht alles wissen.
    »Schreckliche Horden, die so genannten Soostartaaren, seien damals, als das Land noch brach gelegen und keineswegs so zivilisiert wie heute gewesen war, umher gezogen. Sie hätten alles und jeden getötet, dessen sie habhaft werden konnten. Hätten zerfetzt, zerteilt, gegessen. Der ganze Landstrich sei entvölkert worden – bis auf Staritsa. Denn eine alte Frau, die man daraufhin Mütterchen Babooshka nannte, soll die Kinder des Dorfes gerettet und in Sicherheit gebracht haben.«
    »Und diese Geschichte hat sich bis heute gehalten?«
    »Geschichten und Gerüchte haften fester als jeder Leim. Um so mehr, als diese roten Roosas in einem Umkreis von mehreren Tagesmärschen nirgendwo sonst wachsen. Nur hier, auf und um die Heilige Babooshka. Jedes Frühjahr blühen sie wieder. Man sagt, dass sie eines Tages ihre Farben verändern werden. Dann sei die Zeit der zweiten Errettung gekommen.«
    Popovgeno warf sich nahe der Statue in Pose und brüllte:
    »Kommt aus euren Verstecken gekrochen, ihr feigen Kamauler! Euer liebster Vogelhändler ist hier, und er kommt mit fetter Beute von seiner letzten Sammlung. Ihr wisst, was das bedeutet?«
    Ein Fensterladen, der bislang unter einer vermoosten Sode auf einem der runden Hügel verborgen geblieben war, öffnete sich knarrend. Zwei misstrauische Augenpärchen musterten den Vogelhändler. »Wer sind die Fremden neben dir?«, fragte ein dünnes Stimmchen.
    Matt wandte sich ihrem groß gewachsenen Begleiter zu:
    »Kein Wort über uns und die Noskopzen, hast du mich verstanden?«
    Popovgeno nickte und rief dann: »Pilger sind sie, die der Heiligen Babooshka ihre Ehrerbietung erbringen wollen. Zudem haben sie mir geholfen, meine Waren schneller zusammenzustellen. Ihr wisst, was das für euch bedeutet, ihr feigen Säcke!«
    Ja, das wussten sie.
    Der Vogelhändler würde bald wieder ausreichend Mehl bei den Noskopzen eingetauscht haben. Der Hunger würde aus ihren Hütten weichen – vorausgesetzt, sie besaßen etwas, mit dem sie den Händler bezahlen konnten.
    »Was verlangst du von ihnen für das Mehl?«, fragte Matt neugierig. »Geben sie dir andere Waren dafür?«
    »Sie tauschen, was auch immer sie können«, entgegnete Popovgeno. »Manchmal dienen sie mit ihrer Arbeitskraft, manchmal reparieren sie mir die Käfige oder verkaufen unnütze Teile ihrer Wohnausstattung, die ich wiederum an andere Händler veräußern kann. Hast du schon einmal von den Retrologen gehört, Maddrax? Immer mehr von ihnen schwärmen in diesen Landen aus und suchen nach Relikten aus der Zeit vor Kristofluu, mit denen sie Wasweißichwas anfangen…«
    »Ja, ich kenne sie. Aber eines ist mir noch immer unklar: Warum sind die Noskopzen die Einzigen, die über Getreide, Körner und Mehl verfügen?«
    »Weil sie ausgedehnte Ländereien besitzen, südlich von hier. Dort, wo die Krume fruchtbar und gerodet ist und die Sklavinnen sich den Buckel rund schuften.«
    »Sklavinnen?« Aruula beäugte den Mann argwöhnisch, während sich die Dörfler immer näher an sie heran wagten.
    »Frauen. Mädchen. Töchter«, antwortete Popovgeno kurz angebunden. »Wenn die Staritsaner und die Menschen der weiteren Umgebung wegen des Hungers keinen Ausweg mehr wissen, verkaufen sich die Weiber an den Schlangenhändler. Und der wiederum liefert sie den Noskopzen aus.« Der Vogelhändler schüttelte angewidert den Kopf. »Sie erwartet ein schreckliches, von widerlichen Ritualen und unmenschlicher Arbeit geprägtes Leben.«
    »Es wird Zeit, dass wir diesen Sirhissov näher kennen lernen«, sagte Aruula grimmig. »Meinem Schwert juckt die Klinge.«
    »Gemach, meine wilde

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