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142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Beschwörungen zerfaserten in einzelne Töne, bildeten ein Potpourri unverständlicher Wortsplitter.
    Lichtreflexe, die aus allen Ecken und Enden zu kommen schienen, verwirrten die Sinne zusätzlich. Matt konzentrierte sich auf den feisten Leib Badrovs, dessen beide Hinterbacken wie Schwungräder einer Verbrennungsmaschine hoch und nieder tanzten.
    »Wie lange noch…«
    »Schscht!«, zischte der Fette. Hundertfach verstärkt und aus allen Richtungen kommend, prallte die Ermahnung auf Matt zurück.
    Sekunden, Minuten oder Stunden vergingen – wer vermochte das schon zu sagen? Auf und ab, kreuz und quer, durch mit klarem Wasser gefüllte Becken, über riesige Kalksteinhügel hinweg, zwischen den Latten eines Stalagmitenzauns hindurch, eine rostige Leiter weiter hinab, mit Hilfe eines primitiven Lastenaufzugs erneut hinauf.
    Endlich blieb Badrov stehen und musterte die Umgebung, die hier dunkler als sonst wo in der riesigen Höhle war.
    »Meister Pjotr – wir sind da!«
    »Was du nicht sagst, du Tölpel!«, antwortete jene gequetschte, befehlsgewohnte Stimme, die Matt bereits vor einer Ewigkeit am Treppenabsatz vernommen hatte. »Eure Schritte waren nicht zu überhören. Übergib deinen zarten Leib den Flagellanten und hole dir deine wohlverdiente Strafe.«
    Flagellanten? Auch dieser Begriff kam Matt irgendwie bekannt vor, ohne dass er ihn einordnen konnte.
    »Ich gehorche und genieße, Oberster!«, antwortete Badrov, deutete ächzend eine Verbeugung in Richtung eines unregelmäßig geformten Felsblocks an, auf dem ein Mädchen hockte, und verschwand schließlich, wie vom Erdboden verschluckt.
    Matt trat vor.
    Versteckte sich der Herrscher dieses merkwürdigen Nosfera-Volkes hinter dem Felsen? Erwartete er, dass sich Matt dorthin begab und ihn suchte? Oder war Pjotr gar das Mädchen?
    Sie saß mit dem Rücken zu ihm auf dem Stein und bewegte sich völlig lautlos und auf eine sehr obszöne Art hoch und nieder. Sie tat dies mit der unpersönlichen Hingabe einer Maschine. Was war dies für ein merkwürdiges Schauspiel?
    Was sollte er davon halten?
    »Nähere dich noch nicht, Sohn der Finsternis«, sagte die bereits wohl bekannte Stimme. »Dies Gefäß muss erst den Samen seines Herrn und Meisters empfangen, dann erst bin ich bereit für die… Audienz.«
    Das Mädchen wurde schneller und schneller, ohne dabei auch nur einen Ton von sich zu geben, während das gutturale Stöhnen des Obersten erklang. Es rollte gegen die kristallenen, gläsernen, eisernen Wände, wurde gebrochen und zurückgeprellt, bildete einen Kanon seiner selbst, wurde zur schrillen Arie, breitete sich im gesamten Innenraum der Höhle aus – und brach abrupt ab.
    Stille.
    »Gut, meine Tochter«, sagte Pjotr der Vierte, der nach wie vor auf mysteriöse Art und Weise unsichtbar blieb. »Wasche dich und pflege deine Wunden.«
    Das Mädchen wälzte sich von dem Felsbrocken herab und lief, das Gesicht teilweise mit den Händen verdeckt, an Matt vorbei.
    Zwei Schnitte hatten das einstmals hübsche Antlitz in Form eines »X« geteilt. Die Ränder waren plump vernäht worden.
    Es war ein Anblick, den Matt nie mehr würde vergessen können. Genauso wenig wie den der Innenseiten ihrer Schenkel, die von blutigen Riemenspuren übersät waren.
    »Komm näher, Sohn der Finsternis.« Der vermeintliche Felsblock winkte ihn mit einer zwergenhaft wirkenden Hand herbei, an dessen Mittelfinger ein übergroßer Ring hing.
    Der Siegelring, den Erzvater haben wollte!
    »Erzähl mir die Botschaft der Nosfera aus Moska, während ich gewaschen und gefüttert werde«, sagte der Koloss und lachte hässlich.
    ***
    Kopf, Beine und Arme des monströsen Wesens wirkten winzig, der Leib hingegen riesengroß. Die Relationen waren skurril verschoben, und nicht nur das: Pjotr musste sechs- bis achthundert Kilogramm wiegen, wenn man den Umfang seines Körpers in Betracht zog.
    Konnte ein Knochengerüst ein derartiges Übergewicht denn halten? Musste der Mann nicht an seiner eigenen Masse ersticken?
    »Gefällt dir nicht, was du siehst?«, gluckste der Oberste belustigt. Sein Gesicht befand sich irgendwo im oberen Fünftel des schwabbeligen Körpers, umfasst von Fettringen, die mit jedem Wort wellenförmige Bewegungen weiter trugen. »Hast du etwas anderes erwartet?« Er drehte die kleinen Schweinsäuglein weg von Matt und schrie: »Wo sind die Schlangen? Mich dürstet!«
    Eine weitere Sklavin näherte sich. Auch ihr Gesicht und ihre freigelegten Brüste waren gezeichnet. Vorsichtig

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