142 - Zakum, der dunkle Archivar
Irgend etwas kroch aus der Tasche hervor, lähmte ihren Körper und überlagerte ihre Gedanken. Dann raunte und flüsterte ihr die unheimliche Stimme allerlei Dinge zu.
Ruckartig setzte sie sich in Bewegung und kletterte den schmalen Weg hoch, der zu den Fundamenten der Säulenhalle führte. Ziellos spazierte sie herum und setzte sich bei einer Baumgruppe nieder. Ihre Augen waren starr und leblos.
Die Führung der Touristengruppe war beendet. Sie stiegen laut schwätzend in den Autobus.
Mary Barkdulls Verschwinden fiel nicht auf. Es war, als hätte sie die Insel nie betreten…
„Dein schnauzbärtiger Freund ist mir ein wenig unheimlich", stellte Rebecca fest.
Coco lachte. „Das kann ich mir denken. Wahrscheinlich wird er über dich ähnlich sprechen." „Einmal musterte er mich so durchdringend, daß es mir kalt über den Rücken lief', sagte Rebecca schaudernd. „Dann wieder schien er einfach durch mich hindurchzusehen, und kurze Zeit später betrachtete er mich, als wäre ich ein Wesen von einem anderen Stern."
Im zweiten Stockwerk blieben sie stehen, und Coco meinte: „Irgendwie ist es eine recht pikante Situation, meine Liebe. Der berüchtigte Dämonenkiller im Haus der Vampirin, die er nicht einmal zu pfählen versucht. Das gibt Stoff für die Tratschmäuler in der Familie."
Rebecca nickte zustimmend.
Coco sah sich einige Zimmer an, die alle seit vielen Jahren leer standen. Schließlich entschied sie sich für den Raum, den sie vor vielen Jahren schon benützt hatte. Für ihren Zweck war er perfekt, und nichts war in der Zwischenzeit verändert worden.
Rasch zählte Coco alle Gegenstände auf, die sie für ihr Vorhaben benötigten.
Dann schritt sie über den staubbedeckten Boden und sah sich ganz genau im fensterlosen Zimmer um. Ein alter Kasten, der leer war, zwei wacklige Holzstühle und ein kreisrunder Tisch waren die einzigen Einrichtungsgegenstände.
Während sie den schwarzen Samt vorsichtig von der Tischplatte löste, dachte sie über Rebecca nach. Ihr Abschied in Wien vor ein paar Monaten war sehr kühl und reserviert gewesen. Damals hatte sie befürchtet, daß sie sich bei ihrer nächsten Begegnung möglicherweise als Feindinnen gegenüberstehen würden, doch dazu war es nicht gekommen. Doch ganz deutlich spürte sie die offensichtliche Veränderung ihrer Freundin, die auch den Dämonen nicht verborgen bleiben konnte. Nur zu gerne hätte Coco gewußt, über welche Fähigkeiten Rebecca nun verfügte, die sie bisher geschickt verborgen hatte. Sicherheitshalber wollte sie ihre alte Freundin testen. Für einen kurzen Augenblick wandte Coco ihre magische Fähigkeit an. Sie nickte zufrieden, als sich der Samtstreifen zusammenrollte. Im Unterschied zum Toth-Haus konnte sie hier ihre Kräfte frei entfalten, das stellte eine starke Beruhigung für sie dar.
Rebecca erschien mit einem Teil der benötigten magischen Utensilien und stellte sie vor der Tür nieder.
„Wo ist Eric?" erkundigte sich Coco.
„Ich habe ihn eingesperrt, denn er würde uns nur stören. Du kannst einstweilen mit den Vorbereitungen beginnen, ich hole die restlichen Gegenstände."
In der Zwischenzeit stellte die ehemalige Hexe der Schwarzen Familie das alte, kunstvoll verzierte Dreibein auf, das die Vampirin wohl aus Wien mitgenommen hatte. Interessiert studierte Coco die geheimnisvollen Zeichen, und es verwunderte sie nicht, daß sie aus dem alten Ägypten stammten. Mühelos konnte sie ihre Bedeutung entziffern. Aus einem Leinensack schüttete sie etwas Holzkohle in die bauchige Feuerschale, danach wählte sie verschiedene Kräuter aus, die sie mit der Kohle vermischte.
Sie trat zwei Schritte zurück und entspannte sich langsam. Gierig nahm sie die Gerüche auf, die von allen Seiten auf sie zuströmten.
Sie bewegte sich nicht, als Rebecca neben ihr stehenblieb. Witternd bewegten sich die Nasenflügel der Vampirin, dann starrte sie das Dreibein nachdenklich an. Unauffällig musterte Coco ihre Freundin, die diesmal noch tiefer die Düfte einsog.
„Hm, du bist offensichtlich nachlässig geworden, Coco", stellte Rebecca lächelnd fest, „aber ich glaube eher, daß du mich auf die Probe stellen willst."
Coco lächelte entwaffnend.
„Die Kräutermischung stimmt nicht. Eine Brise Lunaria wird alles sehr verstärken."
Coco nickte anerkennend. Von ihrer gestrengen Lehrerin Sandra Thornton war sie in allen Künsten der Schwarzen Magie eingeweiht worden, fünf endlos scheinende Jahre lang war sie von der bösartigen Hexe
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