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142 - Zakum, der dunkle Archivar

142 - Zakum, der dunkle Archivar

Titel: 142 - Zakum, der dunkle Archivar
Autoren: Dämonenkiller
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nicht verschwunden war.
    Endlich traf der uralte Autobus ein, in den sie kletterte und in der zweiten Reihe hinter dem Fahrer Platz nahm. Neben ihr hockte eine stark schwitzende Französin, die recht gut englisch konnte und fast ununterbrochen auf sie einsprach.
    Der Redeschwall versiegte aber auch nicht, als endlich der Bus losfuhr. Die Hitze war fast unerträglich, und sie fächerte sich mit ihrem Strohhut Kühlung zu.
    Der Fahrer, ein wahrer Gemütsmensch, sang fröhlich absonderliche Volkslieder, die sie unwillkürlich an das Märchen vom Rotkäppchen erinnerte. Die Straße war miserabel, doch darum scherte sich der Sangeskünstler recht wenig. Alle paar Sekunden wurde Mary Barkdull ordentlich durchgeschüttelt. Das schien auch die Französin zu stören, denn die sehr einseitige Unterhaltung schlief langsam ein.
    Zuerst ging es durch sanfte Hügel hindurch, und schließlich führte die Straße am Meer vorbei.
    Nach Ladikon holperte der Bus eine Art Feldweg entlang, und Mary Barkdull wurde übel. Trotz der Hitze war ihr auf einmal eiskalt. Auf ihren Forschungsreisen war sie mit ganz anderen Unbequemlichkeiten konfrontiert worden, doch selten zuvor hatte sie sich so scheußlich gefühlt.
    Wie in Trance torkelte sie aus dem Bus und blickte sich verständnislos um. Sie sah alles wie durch einen dichten Schleier hindurch.
    Undeutlich nahm sie das Rauschen eines Baches wahr, dann hob sie den Kopf, stierte in den wolkenlosen Himmel und rückte die Sonnenbrille zurecht. Nach ein paar Minuten fühlte sie sich besser und schloß sich den Touristen an.
    Sie wanderten durch die Mauern der weiträumigen antiken Stadt, unter ihnen funkelte das Meer in der hochstehenden Sonne. Im Hintergrund erhoben sich zwei gewaltige mittelalterliche Schloßtürme.
    Bevor der richtige Rundgang begann, wurde im modernen Gästehaus ein Mittagessen serviert. Mit größter Anstrengung brachte sie ein paar Bissen der Reis- und Hackfleischrollen in Weinblättern hinunter. Dazu trank sie eine große Flasche Mineralwasser. Als sie sich eine Zigarette ansteckte, wurde ihr wieder übel.
    Die eindrucksvolle Besichtigung startete im Museum, aber die Wissenschaftlerin hatte Mühe, den Worten des Führers zu folgen.
    Mitten während der Führung hielt sie es nicht mehr im Gebäude aus. Die Keramikgegenstände und sonstigen Weihgaben aus den verschiedensten Zeiten änderten und verformten sich unter ihrem Blick; überall sah sie Wolfsköpfe in unterschiedlichsten Größen und Farben.
    Panikartig stürzte sie auf den Ausgang zu, dabei stieß sie mit einem überraschten Museumsaufseher zusammen, der ihr einige Unfreundlichkeiten an den Kopf warf.
    Keuchend blieb sie im Freien stehen und atmete erleichtert auf. Sie überquerte den Bach und schritt auf den Standplatz der berühmten Nike von Samothraki. Von hier aus hatte man den besten Überblick.
    Als hätte sie einen kilometerlangen Marsch hinter sich, blieb sie zitternd stehen. Wieder hüllte sie die Eiseskälte ein. Unbehaglich starrte sie zum Zentrum des Heiligtums am gegenüberliegenden Ufer.
    Der Ort schien völlig menschenleer zu sein. Eine unwirkliche Stille hing über den Säulenhallen und Trümmern, und die Luft flimmerte in der Mittagshitze.
    Ich bin krank, dachte sie. Vermutlich eine Lebensmittelvergiftung.
    Hinter ihr brach ein Wolf in ein grauenvolles Geheul aus.
    Mühsam drehte sie sich um, aber weit und breit war kein Wolf zu sehen.
    „Jetzt schnappe ich bald über", flüsterte sie.
    Im Moment war es windstill, doch in einem Altarhof wurde Staub hochgewirbelt. Die Staubwolke näherte sich. Die unsichtbare Meute raste hechelnd an ihr vorbei.
    Langsam senkte sich der Staub, und zögernd bückte sie sich. Deutlich erkannte sie die Abdrücke von Wolfspfoten.
    Ein heftiger Windstoß verwischte die Spuren, und dann bevölkerten die heiligen Stätten sich mit Touristen.
    Wieder einmal griff sie in die Handtasche, zuckte aber zurück, denn es war, als würde sie in eine Kühltruhe langen. Überrascht sah sie hinein und hielt den Atem an.
    Das Amulett war mit einer fingerdicken Eisschicht überzogen, die wie ein Diamant strahlte. Das Greisengesicht war schmerzverzerrt, der Mund öffnete und schloß sich rasend schnell.
    „Verflucht sollst du sein, fremde Frau", vernahm sie die Piepsstimme. „Lykaon holt sich meine Seele. Du hättest es verhindern können, Elende. Du sollst für alle Zeiten verdammt sein!"
    Rasch schloß sie die Tasche, denn sie konnte den Anblick und die Stimme nicht mehr ertragen.
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