1421 - Totenklage
jetzt war er doch froh, die Schusswaffe mitgenommen zu haben.
Die Zeit verstrich. In seinem Wagen beschlugen von innen die Scheiben. Der Killer nahm sich vor, seinen Plan durchzuziehen und nicht zurückzufahren.
Er stieg aus.
Die Luft hatte sich mit Feuchtigkeit voll gesogen. Zwar lag sie still, aber er hatte den Eindruck, dass sie sich leicht wabernd bewegte. Es konnte aber auch an den unzähligen Mücken liegen, die ihre abendlichen Tänze aufführten. Das Wasser, die Schwüle und die Feuchtigkeit, das waren für sie die idealen Bedingungen.
Der Killer ließ sich Zeit. Er lauschte in die Umgebung. Fremde Laute waren nicht zu hören.
Er holte das Gewehr aus dem Fahrzeug und hängte es über seine rechte Schulter. Die linke musste er frei haben, um so die Leiche transportieren zu können. Es war für ihn die bequemste Art, sie wegzuschaffen.
Nachdem er die Decke fortgezogen hatte, fiel sein Blick in das bleiche Gesicht des Toten. Dessen Mund war weit geöffnet, als wollte er noch jetzt Atem schöpfen.
Der Mörder wuchtete den Toten über seine Schulter, schloss die Klappe und stiefelte los. Neben dem Porsche blieb er stehen und schaute in das Innere. Durch die getönten Scheiben wurde seine Sicht eingeschränkt, doch der Mann erkannte, dass niemand im Wagen hockte.
Das sah schon alles recht gut aus. Er würde seinen Weg fortsetzen und es so machen wie immer. Den Toten zum Anlegesteg bringen, ins Boot laden und auf den Sumpf hinausfahren.
Den Weg, den er immer genommen hatte, ging er auch jetzt. Er war durch ihn bereits ausgetreten, es gab keine Probleme, er kam dem Ziel näher und verließ erst dann die Deckung, als er praktisch sein Ziel erreicht hatte.
Der Tote war mittlerweile zu einem schweren Gewicht geworden.
Er ließ ihn von der Schulter ins Gras rutschen und schaute über das Wasser hinweg.
Nein, er wollte es tun, aber etwas anderes nahm seine Aufmerksamkeit voll in Anspruch.
Es war der Anlegesteg, der gar nicht mal weit in das Wasser hineinragte. Zu ihm gehörte das alte Boot. Das war immer so gewesen.
Nur nicht heute.
Da war es verschwunden!
***
Der Killer stand auf dem Fleck und wusste nicht, was er denken sollte. So einiges zuckte durch seinen Kopf, aber er war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Zwar drehte sich die Erde nicht im Kreis, er hatte trotzdem das Gefühl, einen Schwindel zu erleben.
»Das gibt es nicht«, flüsterte er. »Verdammt, das kann doch nicht wahr sein…«
Es stimmte, das Boot war nicht zu sehen. Zumindest nicht in der Nähe. Als der Mörder Sekunden später den Kopf anhob und über das dunkle Wasser schaute, da sah alles ganz anders aus. Auf dem Wasser malte sich der Kahn ab, der eigentlich hier an der Anlegestelle hätte festgemacht sein müssen.
»Nein«, flüsterte er vor sich hin. »Nein, das glaube ich nicht. Das kann nicht sein…«
Er sah drei Gestalten auf dem Boot. Zwei Männer und eine Frau.
Wenn ihn nicht alles täuschte, kam ihm die Frau sogar bekannt vor.
Drei Personen, die sich das Boot geholt hatten und an einer bestimmten Stelle gestoppt hatten, denn ungefähr dort, wo sie jetzt lauerten, hatte er die Leichen versenkt. Das war bestimmt kein Zufall, dass sie ihm auf die Spur gekommen waren.
Wer hätte das schaffen können? Wer war so schlau und raffiniert, etwas herauszufinden, ohne dass er etwas davon bemerkt hatte?
Der Killer stand auf seinem Platz und dachte fieberhaft nach. Er erinnerte sich an den letzten Toten, den er vor wenigen Tagen in den Sumpf geworfen hatte. Bei dieser Rückkehr auf den festen Boden hatte er das Gefühl gehabt, beobachtet worden zu sein. Beweise hatte er dafür nicht gefunden, doch dieses Gefühl hatte lange nicht weichen wollen, und jetzt war es wieder zurückgekehrt. Bei seiner letzten Aktion musste etwas passiert sein, was ihm völlig entgangen war.
Rächte es sich jetzt?
Er war zu keiner Antwort auf all seine Fragen fähig. Er wollte nur nicht, dass ihm die Dinge aus dem Ruder liefen, und deshalb musste er etwas unternehmen.
Das Gefühl des Hasses verwandelte sich in eine feurige Lohe, die durch seinen Kopf schoss und sich dort ausbreitete. Er bekam ein rotes Gesicht, sein Atem ging heftig und schnaufend, und er ballte automatisch die Hände.
Der Killer griff nach seinem Gewehr und ging in die Knie. Dabei lächelte er eisig. Er war froh, eine solche weit schießende Waffe bei sich zu haben. Mit einer Pistole hätte er Probleme bekommen.
Das Magazin war voll. Drei Schüsse, drei Treffer. So
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