1424 - Das Hexenherz
oder?«
Eine Antwort konnte ich ihr nicht geben, weil meine Kehle zugeschnürt schien.
Assunga lachte. »Und?«
Ich räusperte mich. »Nein, damit habe ich nicht gerechnet.«
»Aber du wirst es tun!«
Ich schaute auf die Klinge. »Bist du sicher?«
»Ja, denn wir werden dich dazu zwingen. Du bist sogar dazu verpflichtet. Du, der Monster- und Dämonenjäger. Der Mann, der das Böse aus der Welt verjagen will, der die Blutsauger gepfählt oder auf eine andere Art vernichtet hat, dir bietet sich jetzt endlich die Chance, eine der mächtigsten Blutsaugerinnen zu vernichten. Das sollst und darfst du dir nicht entgehen lassen. Ich hatte wirklich vor, ihr selbst das Herz aus dem Leib zu schneiden, doch es macht mir viel mehr Spaß, es dir zu überlassen.«
Sie hatte genug geredet. Plötzlich herrschte Schweigen zwischen uns. Ich sah mich in der Klemme, und ich musste einen Ausweg finden.
Aber wie?
»Warum zögerst du?«
»Das frage ich mich auch.«
»Du bist doch derjenige, der das Böse vernichten will. Du jagst unter anderem die Vampire. Sie ist eine Blutsaugerin der gefährlichsten und härtesten Sorte. Für sie gibt es nur eines: die Vernichtung, den Tod auf eine besondere Art.«
Das Schlimme oder fast schon Grausame daran war, dass sie ja nicht gelogen hatte. Es stimmte alles. Ich jagte die dämonischen Wesen und schickte sie, wenn eben möglich, zur Hölle.
Und ich musste meiner Aufgabe auch hier nachkommen, denn die Cavallo ernährte sich tatsächlich vom Blut der Menschen und tötete sie selbst, wenn sie zu Vampiren geworden waren.
»Oder willst du, dass dir das gleiche Schicksal bevorsteht?«
»Bestimmt nicht.«
»Dann nimm endlich das Messer!«
Ja, ich nahm es. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, die Klinge zu drehen und sie Assunga in die Kehle zu stoßen. Doch der Vorsatz war so schnell verflogen, wie er gekommen war.
Ich nahm das Messer in die Hand. Der Griff war an den Seiten leicht eingefräst, sodass er nicht so leicht aus der Hand rutschen konnte.
Ich drehte mich um.
Dann ging ich auf Justine Cavallo zu…
***
Den rechten Arm hatte ich nach unten gestreckt. Er blieb praktisch im Schatten meines Körpers, und so war das Messer für Justine nicht so schnell zu sehen. Ob sie es überhaupt schon bemerkt hatte, war mir auch nicht klar, aber es gab für mich nur den Weg zu ihr und keinen anderen.
Zehn Schritte, mehr waren es nicht.
Aber jeder Schritt würde mich der Hölle ein Stück näher bringen.
Und jeder Schritt bedeutete ein Stück Hölle, die genau dort ihr Zentrum hatte, wo Justine gefesselt hing.
Ich ging also auf sie zu. Ich sah sie an, und sie schaute ebenfalls direkt in mein Gesicht.
Noch immer wusste ich nicht, was sie mitbekommen hatte. Aber sie war nicht dumm, hatte Augen im Kopf und auch gute Ohren. So musste ihr alles klar sein.
Was in meiner Umgebung ablief, das sah ich nicht, denn ich hatte nur Blicke für die blonde Bestie. Sie wich mir ebenfalls nicht aus. Ich hatte sogar den Eindruck, dass sich ihre Lippen zu einem leichten Lächeln kräuselten.
Genau bekam ich das nicht mit. Ich war sowieso ziemlich daneben, denn in meinem Innern tobte eine weitere Hölle.
Dass es mal so weit kommen würde, das hätte ich nie gedacht.
Früher hätte ich die Chance sofort genutzt, aber jetzt geriet ich schon ins Grübeln, denn in der Vergangenheit war einfach zu viel passiert, bei dem auch Justine eine Rolle gespielt hatte.
Noch zwei Schritte…
Das Kratzen in meiner Kehle nahm zu.
Noch ein Schritt!
Den letzten ging ich nicht, denn ich blieb in dieser Entfernung stehen. Um ihr das Herz aus dem Körper schneiden zu können, musste ich näher an Justine heran, aber ich ließ mir noch Zeit.
Sie schaute mich aus ihren kalten Augen an. Obwohl sich dort kein menschliches Gefühl abzeichnete, war mir klar, dass sie Bescheid wusste, und das wurde bestätigt, als sie mich ansprach.
»Hallo, Henker«, sagte sie.
Wer so reagierte, der war informiert. Ich konnte also davon ausgehen, dass sie alles mitgehört hatte. Ich stellte ihr trotzdem eine Frage. »Du weißt also, was dir bevorsteht?«
»Sicher. Ihr habt laut genug gesprochen. Außerdem hast du das Messer nicht gut genug versteckt. Dazu kennst du dich in der Funktion des Henkers ja gut aus. Ich erinnere mich, dass du Mallmann mal den Kopf abschlagen solltest.«
»Ich erinnere mich. Nur hat es da nicht geklappt.«
Sie grinste mich an. »Und heute…?«
»Was meinst du, Justine?«
»Du hast die Chance, Partner.
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